Schloss der Liebe
alles haarklein erzählen. Hastings, hast du Bier für meine Männer? Es sind auch einige Wunden zu versorgen ... wenn du so nett wärest, dich darum zu kümmern?«
Severin wandte sich um und entdeckte Hastings hinter sich. Eine frühsommerliche Brise wehte durch ihr Haar und schmiegte es um ihr Gesicht. »Kümmert Euch um Lord Graelams Männer. Holt ihnen Bier. Und für Graelam und mich von dem aquitanischen Wein, falls Ihr und Dame Agnes noch etwas übrig gelassen habt. In der Zwischenzeit werde ich mich Graelams annehmen.«
»Ihr werdet Graelam nichts antun«, sagte sie warnend.
Severin starrte sie an, als wollte er ihr am liebsten den Hals umdrehen. Doch Graelam lachte nur. »Seht Ihr, Severin, ich habe eine Beschützerin. Ihr dürft mir nichts tun.«
»Geht, Frau«, befahl Severin barsch und drehte sich auf dem Absatz um.
Hoffentlich macht ihm seine Schulter gehörig zu schaffen, dachte sie.
Dann rief sie nach Northbert.
»Lasst Euer Schwert stecken, Severin«, sagte Graelam leichthin und wischte sich mit der Hand über den Mund. »Sonst hole ich Eure Frau, damit sie mich vor Euch beschützt. Nun grollt nicht. Dieser Wein, den ich mitgebracht habe, ist ausgezeichnet. Kassias Vater lebt in der Bretagne, wisst Ihr. Ihm gehören einige Weinberge in Aquitanien.«
»Graelam, was es auch sei, das Ihr getan habt, ich bin mir sicher, es wird mir nicht gefallen. Aber ich bin bereit. Also sagt mir - was hattet Ihr da draußen zu schaffen?«
»Nun, der Mann, den Ihr zurück zu Richard de Luci geschickt habt, war über die Maßen dankbar, dass Ihr ihn nicht gefoltert habt...«
»Ihn nicht gefoltert? Bei den Gebeinen Christi, Hastings hat ihm das Innere nach außen gekehrt. Er wäre mit Freuden gestorben. Ein Häufchen Elend, wenn ich je eines gesehen habe. Wenn er nicht gerade seine Eingeweide hinausgespien hat, lag er nur da, mit den Knien am Kinn, und hat jämmerlich gestöhnt.«
»Wohl wahr, aber er hatte sich bald erholt und alles ohne Schaden überstanden. Heile Knochen, kein eingeschlagener Schädel, keine gebrochenen Rippen. Wie ich also sagte, er stand in Eurer Schuld. Er dachte, Ihr würdet ihn erschlagen, wenn er Euch gesagt hatte, was Ihr wissen wolltet, aber Ihr habt ihn verschont. Ihr habt ihn zurück zu seinem Herrn geschickt. Allerdings hätte nicht viel gefehlt und Richard de Luci hätte ihn umgebracht, weil er seinen Auftrag, Euch zu töten, nicht erfüllt hat. Aber der Mann - er heißt Osbert - kam gerade noch mit dem Leben davon. Sobald er wieder kräftig genug war, kam er hierher und fragte nach Euch. Als er hörte, dass ihr noch bettlägrig wart, bat er, mich sprechen zu dürfen. Kurz und gut, Severin, ich habe mein Bestes für Euch gegeben. Ihr habt einen Feind weniger.«
Severin spürte das Blut in seinen Schläfen pochen. »Nein, Graelam, das würdet Ihr mir nicht antun, oder? Sagt mir, dass Ihr diesen verdammten Hurensohn nicht zur Strecke gebracht habt. Aber ihr habt es doch getan, nicht wahr? Ihr habt es gewagt, meinen Feind zu morden! Er war nicht Euer Gegner, Graelam, er gehörte mir, und doch seid Ihr einfach hingegangen und habt ihn mir nichts, dir nichts getötet. Ohne mir ein Wort zu sagen. Einfach so Graelam, Ihr seid ein gemeiner Schurke.«
Hastings hörte Graelam lachen und erkannte gleichzeitig die Wut in Severins Zügen. Sie wusste, dass er aufgebracht war, auch wenn seine Stimme leise und ruhig klang und er äußerlich vollkommen reglos blieb. Wenn ihr Vater wütend gewesen war, hatte er immer ohrenbetäubend gebrüllt, immer. Das war für alle das Zeichen gewesen, sich schnellstmöglich zu entfernen, denn nachdem er gebrüllt hatte, schlug er zu. Aber nicht Severin. Oder würde er auch zuschlagen?
Northbert hatte ihr berichtet, was geschehen war. Männer, dachte sie - wurden sie schon mit diesem Drang geboren, diesem Trieb zu hacken, zu verstümmeln und zu vernichten? Aber im Fall von Richard de Luci war Vernichtung vermutlich das Klügste. Unauffällig näherte sie sich den beiden. Severins Gesicht war stark gerötet und seine Halsschlagader pulsierte so heftig, dass es von weitem zu erkennen war, aber das war alles.
»Er ist tot, sein Besitz herrenlos, und soweit ich weiß ist die einzige Erbin eine Tochter. Er hinterlässt keine Söhne.«
Severin umklammerte seinen Weinkelch mit solchem
Ingrimm, dass seine Finger ganz weiß wurden. »Ihr seid verwundet. Euer Arm ist verbunden.«
»Ach, das ist nichts. Ich nehme an, Hastings hat meine Männer bereits versorgt. Ich
Weitere Kostenlose Bücher