Schloß der verlorenen Seelen
verleiten, noch mehr Unfug zu treiben, als ihr es ohnehin schon tut”, warf sein Vater ein.
Eine halbe Stunde später wurden Camilla und Laura von der Hausdame und den Zwillingen in den zweiten Stock hinaufgebracht. Lady Mabel hatte eine Suite für sie ausgesucht, deren Fenster auf den hinteren Teil des Parks gingen. Die beiden Schlafzimmer wurden durch einen kleinen Wohnraum miteinander verbunden. Auf den Tischen standen Blumen, und Camilla entdeckte auch eine Schale mit Obst. Sie spürte, daß ihre Schwester und sie auf Danemore Castle herzlich willkommen waren.
Donald und Edmund wollten mit Laura spielen gehen, aber die junge Frau sah, wie erschöpft ihre kleine Schwester war. So vertröstete sie die Zwillinge auf den nächsten Tag. “Dann könnt ihr mit ihr herumtoben, soviel ihr wollt”, meinte sie. “Aber heute wird Laura bald schlafengehen.”
“Schade”, bemerkte Edmund. Er hob die Schultern. “Aber da kann man nichts machen.”
“Ich werde für Miß Laura einen Imbiß nach oben bringen lassen”, versprach die Hausdame, “denn etwas essen sollte sie noch, bevor sie zu Bett geht.”
“Ich bin nicht sehr hungrig”, sagte Laura.
“Aber Mistreß Eden hat recht. Etwas essen solltest du noch”, erwiderte Camilla. Sie wandte sich an die beiden Jungen. “Am besten, ihr geht laßt uns jetzt alleine. Wir sehen uns ja nach-hehr.”
“In Ordnung, Camilla.” Die Zwillinge verließen den Salon.
Wenig später ging auch Susan Eden. Camilla half ihrer Schwester beim Auskleiden. Sie machte sich Sorgen, weil Laura so müde wirkte, viel müder, als sie es hätte sein dürfen.
“Ist mir dir auch alles in Ordnung?” fragte sie.
Laura nickte. “Ja.” Sie trat ans Fenster, blickte hinaus und wandte sich wieder ihrer Schwester zu. “Cathy ist froh, daß ich jetzt hier bin.”
Die junge Frau nahm sich vor, mit Laura noch einmal sehr ernst über Cathy zu sprechen. Es ging nicht an, daß sich ihre Schwester an einem Mädchen orientierte, das überhaupt nicht existierte. Doch das hatte noch Zeit. Zärtlich zog sie die Kleine an sich.
“Ich habe dich so lieb, Camilla”, bekannte Laura und schmiegte ihr Gesicht an die Schulter der Schwester. “So lieb.”
7. Kapitel
Nach dem Dinner wurde der Kaffee stets im Salon eingenommen. Die Zwillinge, die zusammen mit ihnen gegessen hatten, wünschten ihren Eltern und Camilla eine gute Nacht und zogen sich in ihre Zimmer zurück.
Die junge Frau betrachtete die Bilder, die im Salon hingen. Die meisten von ihnen zeigten die Umgebung und stammten aus den verschiedensten Jahrhunderten. Auf dreien von ihnen entdeckte sie auch ein kleines Mädchen. Irgend etwas an diesen Bildern berührte sie seltsam, aber sie konnte es nicht in Worte fassen. Jedenfalls sahen die Kinder sehr traurig aus, unendlich traurig.
Willis stellte die silberne Kaffeekanne auf den Tisch beim Kamin. Lady Mabel schenkte ein. Sie bemerkte bedauernd, daß Camillas Mutter niemals die Einladung nach Danemore Castle angenommen hatte. “Wir hätten deine Mutter so gerne einmal kennengelernt”, sagte sie, “aber natürlich kann ich verstehen, daß sie die weite Fahrt scheute.”
“Camilla, wir können dir gar nicht sagen, wie uns der Tod deiner Mutter und deines Stiefvaters getroffen hat”, fügte der Earl of Danemore hinzu. “Wir können nur von ganzem Herzen hoffen, daß dir und vor allen Dingen auch Laura der Aufenthalt auf Danemore helfen wird.”
“Ich wünschte, ich wäre mir da so sicher”, erwiderte Camilla aufrichtig. “Um ehrlich zu sein, ich mache mir große Sorgen um Laura.”
“Das kann ich verstehen”, bemerkte der Earl. “Ein reizendes kleines Mädchen, aber… Camilla, hat Laura vor diesem Unfall schon Dinge gesehen, die anderen verborgen bleiben?”
Die junge Frau hob die Augenbrauen und preßte nervös ihre Hände zusammen. “Ihr fragt wegen Cathy, nicht wahr?”
Lady Mabel nickte. “Ja.”
Camilla sprach von Lauras Traum und auch von dem Lawinenunglück, das sie vorausgesehen hatte. “Meine Mutter und mein Stiefvater meinten damals, es sei nichts als Zufall gewesen, aber ich bin mir nicht sicher.”
“Auf jeden Fall war es verblüffend, wie Laura sofort gewußt hat, wer Donald und wer Edmund ist.” Ihre Gastgeberin lachte. “Selbst ich habe oft Schwierigkeiten, meine Söhne auseinanderzuhalten. Nur um uns zu verwirren, tauschen sie oft ihre Kleider oder ziehen dasselbe an.”
“Es sind richtige Lausbuben.” Die Lippen des Earl umhuschte ein stolzes
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