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Schloß der verlorenen Seelen

Schloß der verlorenen Seelen

Titel: Schloß der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Alexander
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schämte sich, weil sie ihm mißtraute. Aber irgend etwas stimmte nicht mit ihm, da war sie sich ganz sicher. Und auf ihre Menschenkenntnis hatte sie sich bisher verlassen können.
    Sie setzten sich an den Tisch. Der Butler brachte frischen Tee und schenkte ein. Laura bekam heiße Schokolade. Zum erstenmal seit dem Tod ihrer Eltern schien sie wieder mit Appetit zu essen. Sie bat sogar um eine zweite Portion Rührei.
    “Ich möchte dich gerne nachher etwas durch das Schloß führen”, wandte sich Lady Mabel an Camilla, “das heißt, wenn dich so alte Gemäuer überhaupt interessieren.”
    “Und ob mich das Schloß interessiert”, erwiderte die junge Frau. “Ich finde es hier wundervoll. Nie zuvor habe ich in einem so alten Gebäude geschlafen.” Sie lachte leise. “Ich frage mich, wer in den vergangenen Jahrhunderten in den Zimmern gewohnt hat, die ihr uns zur Verfügung gestellt habt.”
    “Einige berühmte Persönlichkeiten”, sagte der Earl of Danemore und nannte mehrere Namen, die Camilla aus der Geschichte kannte. “Meine Vorfahren führten ein ziemlich offenes Haus und liebten es, Gäste zu bewirten.” Er bat seine Frau, ihm den Honig zu reichen. “Danke, meine Liebe.” Er nickte ihr zu. “Wenn dich alte Gebäude interessieren, das Haus, das unser Stallmeister bewohnt, stammt ebenfalls aus dem fünfzehnten Jahrhundert. Wenn Mister Powell einverstanden ist, werden wir es dir auch irgendwann zeigen.”
    “Unser Park ist auch ziemlich sehenswert”, sagte Lady Mabel. “Wir haben sogar einen Versuchsgarten, in dem sich unser Gärtner bemüht, seltene Pflanzen zu ziehen.”
    “Kannst du reiten, Camilla?” fragte ihr Mann.
    “Als Kind bin ich hin und wieder geritten”, antwortete die junge Frau, “das heißt, falls man es reiten nennen konnte. Meinen Eltern hat stets das Pferd leid getan.”
    “Ich reite gerne”, warf Laura ein. “Genauso gerne wie Cathy. Cathy hat mir erzählt, sie hätte ein kleines Pony namens Penny gehabt.”
    Der Earl of Danemore und seine Frau warfen sich einen kurzen Blick zu. Camilla ahnte, daß es dieses Pony tatsächlich gegeben hatte. Woher hatte Laura ihr Wissen? Es konnte doch nicht sein, daß sie tatsächlich mit einem Mädchen sprach, das vor über hundert Jahren gestorben war.
    “Ich würde vorschlagen, daß wir am späten Nachmittag zu den Stallungen gehen”, sagte der Earl. “Wenn du einverstanden bist, Camilla, kann Laura auf einem der Ponys reiten. Mister Powell wird es bestimmt Freude machen, ihr das Reiten beizubringen.”
    “Mister Powell ist nett”, warf Edmund ein.
    “Ja, das stimmt”, bestätigte sein Vater. “Mister Powell ist jetzt seit zwei Jahren bei uns.” Sein Gesicht verdüsterte sich für einen Augenblick. “Unser früherer Stallmeister, Ed Murrey, starb durch einen tragischen Unfall.” Er atmete tief durch. “Falls du möchtest, wird Mister Powell sicher auch dir Reitstunden geben.”
    Camilla zögerte einen kurzen Augenblick, dann nickte sie. “Ich würde gerne reiten lernen”, sagte sie und gestand: “Ich beneide immer die stolzen Reiterinnen, die mir auf meinen Spaziergängen im Hyde Park begegnen. Als Teenager hatte ich mir gewünscht, es ihnen gleichtun zu können.”
    Nach dem Frühstück zog sich der Earl in sein Arbeitszimmer zurück. Mister Gordon ging mit den Jungen und Laura zum Unter-licht. Es überraschte Camilla, daß Laura sich nicht noch einmal nach ihr umdrehte, bevor sich die Tür hinter ihr schloß. Am liebsten hätte sie ihre kleine Schwester zurückgehalten.
    “Mister Gordon kann fabelhaft mit Kindern umgehen”, bemerkte Lady Mabel. “Es freut mich, daß er auch Laura beschäftigen will.”
    “Habt ihr ihn nicht darum gebeten?”
    “Nein, denn schließlich wird er ja nur dafür bezahlt, den Zwillingen Nachhilfeunterricht zu geben. Da konnten wir nicht verlangen, daß er sich auch noch mit einem dritten Kind beschäftigt.”
    “Wer hat euch Mister Gordon empfohlen?” fragte Camilla.
    Lady Mabel lachte leise auf. “Klingt, als wärst du eifersüchtig, weil er Lauras Herz im Sturm erobert hat.”
    Die junge Frau dachte darüber nach. “Kann sein, daß ich ein wenig eifersüchtig bin”, gab sie zu.
    “Wir hatten die Stelle in der ‘Times’ ausgeschrieben”, sagte Lady Mabel. “Mister Gordon war der erste Lehrer, der sich meldete. Seine Bewerbung sagte uns zu, also luden wir ihn nach Danemore Castle ein. Er gefiel uns.” Sie griff nach der Teekanne und schenkte für Camilla und sich ein.

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