Schloß Gripsholm
Kind kümmere ich mich“, sagte Frau Adriani.
„Sind Sie mit Frau Collin … bekannt?“ — „Nun wäre es
vielleicht vorteilhaft, wenn wir die Kleine sprechen könn-
ten; da sind auch Grüße von der Mama zu bestellen und ein
Auftrag auszurichten.“ — „Was für ein Auftrag?“ — „Ich
werde ihn der Kleinen selber ausrichten — selbstverständ-
lich in Ihrer Gegenwart. Dürfen wir sie sprechen?“ — Frau
Adriani stand auf, rief etwas auf schwedisch zur Tür hin-
aus und kam zurück.
„Ich finde Ihr Verhalten mehr als merkwürdig, das muß
ich schon sagen. Neulich konspirieren Sie mit dem Kind,
mischen sich in meine Erziehungsmethoden … Was ist
das? Wer sind Sie eigentlich?“ — „Unsre Namen haben
wir Ihnen gesagt. Übrigens …“ — „Frau Adriani,“ sagte die
Prinzessin, „niemand will Sie hier kontrollieren oder sich
in Ihre Arbeit einmischen. Sie haben sicherlich viel Mühe
mit den Kindern — das ist ja klar. Aber wir möchten doch
die Mama in jeder Weise informieren …“ — „Das besorge
ich schon“, sagte Frau Adriani. „Gewiß. Wir möchten ihr
bestellen, daß wir die Kleine wohl und munter angetrof-
fen haben … und wie es ihr geht, und … da kommt sie
ja.“
Das Kind näherte sich schüchtern dem Tisch, an dem
wir saßen; es ging unsicher und trippelnd und kam nicht
ganz nah heran. Wir sahen es an; das Kind sah uns an …
„Na, Ada,“ sagte die Prinzessin, „wie geht es dir
denn?“ — Die Stimme der Adriani: „Sag mal Guten Tag!“,
und das Kind zuckte zusammen und stotterte etwas wie
guten Tag. „Wie gehts dir denn?“ — Die Frau Adriani ließ
kein Auge von dem Kind. Das kleine Mädchen sprach wie
hinter einer Mauer. „Danke … gut …“
„Ich soll dir auch einen schönen Gruß von deiner Mama
bestellen“, sagte die Prinzessin. „Sie läßt dich grüßen —
und dann fragt sie hier in diesem Brief “ —, die Prinzessin
kramte in ihrem Täschchen — „ob das Grab von Will auch
gut in Ordnung ist. Das war wohl dein kleiner Bruder?“ —
Das Kind wollte Ja sagen — aber es kam nicht dazu. „Das
Grab ist in Ordnung,“ sagte Frau Adriani, „dafür sorge ich
schon. Wir gehen alle paar Wochen auf den Friedhof, das
ist Pflicht, natürlich. Und das Grab wird dort gut gepflegt,
ich überwache das, ich trage die Verantwortung.“ — „So,
so …“ sagte die Prinzessin. „Und hier habe ich dir auch
etwas mitgebracht, eine Puppe! Da! Spielst du denn auch
schön mit den andern Mädchen?“ Das Kind sah angstvoll
hoch und nahm die Puppe; seine Augen verdunkelten sich,
es schluckte, schluckte noch einmal, ließ dann plötzlich
den Kopf sinken und fing an zu weinen. Es war so jämmer-
lich. Das Weinen warf alles um. Frau Adriani sprang auf
und nahm das Kind bei der Hand.
„Du kommst jetzt heraus und gehst nach oben … das ist
nichts für dich! Den Gruß hast du ja nun gehört, und …“ —
„Einen Augenblick“, sagte ich. „Ada, wenn du einmal etwas
Wichtiges an deine Mutti zu bestellen hast: wir wohnen
im Schloß Gripsholm!“ — „Hier wird gar nichts Wichti-
ges bestellt“, sagte die Frau Adriani recht laut und ging
mit der Kleinen schnell zur Tür. „Was hier — da geh doch
schon! — was hier zu bestellen ist, das wird durch mich
bestellt — und du merk dir das …“ Sie sprach draußen wei-
ter, wir hörten sie schelten, konnten aber nichts mehr ver-
stehn. „Soll ich …“ — „Keinen Krach“, sagte die Prinzessin.
„Das hat nur das Kind auszubaden. Wir werden mit Zürich
telefonieren und dann weiter sehn!“ Wir standen auf.
Frau Adriani kam zurück, sehr rot im Gesicht.
„Nun will ich Ihnen mal was sagen“, rief sie. „Wenn
Sie sich unterstehn, sich hier noch einmal blicken zu las-
sen, dann werde ich die Polizei benachrichtigen! Sie ha-
ben hier gar nichts zu suchen — verstehn Sie mich! Das
ist unerhört! Auf der Stelle verlassen Sie mein Haus! Sie
betreten mir nicht mehr meine Schwelle! Und probieren
Sie es ja nicht noch einmal, hier herumzuspionieren — ich
werde … Ich muß mir doch einen Hund anschaffen“, sagte
sie wie zu sich selber. „Ich werde der Frau Collin schreiben,
wen sie sich da ausgesucht hat — wo ist überhaupt der
Brief?“
Ich winkte der Prinzessin mit den Augen ab, niemand
antwortete, wir gingen langsam auf die Haustür zu. Ich
fühlte, wie die Frau eine Winzigkeit unsicher wurde.
„Wo … wo der Brief ist?“ — Wir
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