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Schloß Gripsholm

Schloß Gripsholm

Titel: Schloß Gripsholm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Kind kümmere ich mich“, sagte Frau Adriani.
    „Sind Sie mit Frau Collin … bekannt?“ — „Nun wäre es
    vielleicht vorteilhaft, wenn wir die Kleine sprechen könn-
    ten; da sind auch Grüße von der Mama zu bestellen und ein
    Auftrag auszurichten.“ — „Was für ein Auftrag?“ — „Ich
    werde ihn der Kleinen selber ausrichten — selbstverständ-
    lich in Ihrer Gegenwart. Dürfen wir sie sprechen?“ — Frau
    Adriani stand auf, rief etwas auf schwedisch zur Tür hin-
    aus und kam zurück.
    „Ich finde Ihr Verhalten mehr als merkwürdig, das muß
    ich schon sagen. Neulich konspirieren Sie mit dem Kind,
    mischen sich in meine Erziehungsmethoden … Was ist
    das? Wer sind Sie eigentlich?“ — „Unsre Namen haben
    wir Ihnen gesagt. Übrigens …“ — „Frau Adriani,“ sagte die
    Prinzessin, „niemand will Sie hier kontrollieren oder sich
    in Ihre Arbeit einmischen. Sie haben sicherlich viel Mühe
    mit den Kindern — das ist ja klar. Aber wir möchten doch
    die Mama in jeder Weise informieren …“ — „Das besorge
    ich schon“, sagte Frau Adriani. „Gewiß. Wir möchten ihr
    bestellen, daß wir die Kleine wohl und munter angetrof-
    fen haben … und wie es ihr geht, und … da kommt sie
    ja.“
    Das Kind näherte sich schüchtern dem Tisch, an dem
    wir saßen; es ging unsicher und trippelnd und kam nicht
    ganz nah heran. Wir sahen es an; das Kind sah uns an …
    „Na, Ada,“ sagte die Prinzessin, „wie geht es dir
    denn?“ — Die Stimme der Adriani: „Sag mal Guten Tag!“,
    und das Kind zuckte zusammen und stotterte etwas wie
    guten Tag. „Wie gehts dir denn?“ — Die Frau Adriani ließ
    kein Auge von dem Kind. Das kleine Mädchen sprach wie
    hinter einer Mauer. „Danke … gut …“
    „Ich soll dir auch einen schönen Gruß von deiner Mama
    bestellen“, sagte die Prinzessin. „Sie läßt dich grüßen —
    und dann fragt sie hier in diesem Brief “ —, die Prinzessin
    kramte in ihrem Täschchen — „ob das Grab von Will auch
    gut in Ordnung ist. Das war wohl dein kleiner Bruder?“ —
    Das Kind wollte Ja sagen — aber es kam nicht dazu. „Das
    Grab ist in Ordnung,“ sagte Frau Adriani, „dafür sorge ich
    schon. Wir gehen alle paar Wochen auf den Friedhof, das
    ist Pflicht, natürlich. Und das Grab wird dort gut gepflegt,
    ich überwache das, ich trage die Verantwortung.“ — „So,
    so …“ sagte die Prinzessin. „Und hier habe ich dir auch
    etwas mitgebracht, eine Puppe! Da! Spielst du denn auch
    schön mit den andern Mädchen?“ Das Kind sah angstvoll
    hoch und nahm die Puppe; seine Augen verdunkelten sich,
    es schluckte, schluckte noch einmal, ließ dann plötzlich
    den Kopf sinken und fing an zu weinen. Es war so jämmer-
    lich. Das Weinen warf alles um. Frau Adriani sprang auf
    und nahm das Kind bei der Hand.
    „Du kommst jetzt heraus und gehst nach oben … das ist
    nichts für dich! Den Gruß hast du ja nun gehört, und …“ —
    „Einen Augenblick“, sagte ich. „Ada, wenn du einmal etwas
    Wichtiges an deine Mutti zu bestellen hast: wir wohnen
    im Schloß Gripsholm!“ — „Hier wird gar nichts Wichti-
    ges bestellt“, sagte die Frau Adriani recht laut und ging
    mit der Kleinen schnell zur Tür. „Was hier — da geh doch
    schon! — was hier zu bestellen ist, das wird durch mich
    bestellt — und du merk dir das …“ Sie sprach draußen wei-
    ter, wir hörten sie schelten, konnten aber nichts mehr ver-
    stehn. „Soll ich …“ — „Keinen Krach“, sagte die Prinzessin.
    „Das hat nur das Kind auszubaden. Wir werden mit Zürich
    telefonieren und dann weiter sehn!“ Wir standen auf.
    Frau Adriani kam zurück, sehr rot im Gesicht.
    „Nun will ich Ihnen mal was sagen“, rief sie. „Wenn
    Sie sich unterstehn, sich hier noch einmal blicken zu las-
    sen, dann werde ich die Polizei benachrichtigen! Sie ha-
    ben hier gar nichts zu suchen — verstehn Sie mich! Das
    ist unerhört! Auf der Stelle verlassen Sie mein Haus! Sie
    betreten mir nicht mehr meine Schwelle! Und probieren
    Sie es ja nicht noch einmal, hier herumzuspionieren — ich
    werde … Ich muß mir doch einen Hund anschaffen“, sagte
    sie wie zu sich selber. „Ich werde der Frau Collin schreiben,
    wen sie sich da ausgesucht hat — wo ist überhaupt der
    Brief?“
    Ich winkte der Prinzessin mit den Augen ab, niemand
    antwortete, wir gingen langsam auf die Haustür zu. Ich
    fühlte, wie die Frau eine Winzigkeit unsicher wurde.
    „Wo … wo der Brief ist?“ — Wir

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