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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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sozusagen
Experte in solchen Dingen.
    Und nun komme mir keiner mit dem Argument, dass der Mensch sich ändern
könnte! Klar, wir waren alle mal jung, aber was hieß das schon? Der Typ, der da
eben auf seiner Vespa angelärmt kam, war jung. Und stand trotzdem vor den Scherben
seiner Beziehung.
    »Kennst du den?«, fragte ich Gizem.
    »Ich glaube nicht.«
    Daniel trug seinen Helm mit heruntergeklapptem gelbem Visier, von daher
war ihre vorsichtige Antwort verständlich. Er brachte die Vespa ein paar Schritte
von uns entfernt zum Stehen und ließ seinen Beifahrer absteigen. Ich erkannte einen
seiner Klassenkameraden wieder: den Kräftigen, der in karierten Shorts Basketball
gespielt hatte. Er grinste genau wie damals. Wenn er in der Zwischenzeit überhaupt
je aufgehört hatte zu grinsen. Am Imbiss drängelte er sich durch die Kunden, um
mit Fred zu sprechen.
    »Kleiner Sonntagsausflug?«, rief ich Daniel zu.
    Keine Antwort. Der Blonde verschanzte sich hinter seinem Plastikvisier
und rührte sich nicht. Nur die Finger seiner rechten Hand spielten unruhig auf dem
Lenkergriff.
    »Die beiden gehören zum Kurpfalz College«, erläuterte ich. »Mit denen
habt ihr wohl nicht viel zu tun?«
    Gizem schüttelte den Kopf. »Woher kennst du sie?«
    »Ich hatte im Laufe meiner Ermittlungen mit ihnen zu tun. Sag mal,
Daniel …« Während ich die Stimme hob, beobachtete ich Gizem aus den Augenwinkeln.
»Weißt du, ob Inez zu Hause ist? Meinst du, ich könnte sie mal anrufen?«
    Der Blonde strafte mich noch immer mit Missachtung. Schon recht, ich
hatte keine Antwort erwartet. Mir ging es einzig und allein um Gizems Reaktion:
Sagte ihr der Name Inez etwas?
    Nein, offensichtlich nicht. Gleichmütig kaute sie an ihrem Würstchen
und beobachtete Daniel.
    »Danke für die Auskunft«, grinste ich. »Dann werde ich es mal versuchen.«
    Sein Beifahrer kam zurück. In der Hand eine Orangensaftflasche, und
zwar eine der inkriminierten. Hoppla, was war denn das? Freds persönlicher Denkzettel
für hochnäsige Eliteschüler? Oder bestanden die Jungs auf dieser einen Marke?
    »Schönen Tag noch«, grinste der Kräftige.
    »Ich würde das Zeug nicht trinken«, sagte ich. »Gestern musste ein
Kumpel von mir danach speien. Aber wie!«
    Der Junge schnallte seinen Helm fest. »Wie meinen?«, flötete er.
    »Kotzen musste er. Krankenhaus, capito? Es war genauso eine Flasche
wie die da. Schau mal aufs Haltbarkeitsdatum.«
    »Ich kann leider nicht lesen. Aber im Bedarfsfall werden wir Ihnen
von unseren Erfahrungen berichten. Ade allerseits!«
    »Ich hab euch gewarnt«, brummte ich den beiden hinterher.
    »Dass Fred verdorbene Ware verkauft, kann ich mir nicht vorstellen«,
sagte Gizem. »In solchen Dingen ist er total pingelig. Das Gesundheitsamt hat ihn
schon so oft kontrolliert, und nie gab es einen Grund zur Beanstandung. Frag Frau
Kaiser.«
    »Meinem Kumpel ging es gestern gar nicht gut.«
    »Das lag bestimmt an etwas anderem.«
    Ja, vielleicht. Bei Tischfußball-Kurt schien das sogar denkbar. Trotzdem
war die Zeit der Nettigkeiten nun vorbei. Zum x-ten Mal zog ich den Zettel ans Tageslicht,
auf dem ich mir Schallmos letzten Kalendereintrag notiert hatte, und zeigte ihn
Gizem. »Gestern«, sagte ich, »konntest du damit nichts anfangen. Heute vielleicht?«
    Sie runzelte die Stirn. »Nein, tut mir leid.«
    »Könnte das Kürzel nicht auf ein Zimmer in der Chirurgie hinweisen?«
    »Ja, möglich.«
    Ich sah sie scharf an. »In der Chirurgie arbeitet deine Mutter, Gizem.«
    Sie erwiderte meinen Blick mit einer Unschuld und Offenheit, dass mir
ganz mulmig wurde. »Möglich«, wiederholte sie.
    »Wie? Was heißt das: möglich? Du musst doch wissen, wo deine Mutter
arbeitet, verdammt!«
    Erst zuckte sie zusammen, dann begann sie zu lachen. »Nein, so genau
weiß ich das nicht. Meine Mutter arbeitet in einer Putzkolonne, und die wird jede
Woche woanders hingeschickt. Manchmal wechselt es sogar tageweise. In der Regel
arbeitet sie im Neuenheimer Feld, aber längst nicht immer. Und in welcher Klinik
sie eingesetzt wird, erfährt sie oft erst morgens bei der Besprechung.«
    »Ach so.« Wahrscheinlich lachte sie, weil ich so belämmert dreinschaute.
»Das heißt, du wusstest nicht, dass sie gestern Abend in der Chirurgie putzte?«
    »Nein. Über solche Sachen spricht sie schon lange nicht mehr. Warum
auch? Ist ja nichts Spannendes dabei.«
    »Und dass sie so spät noch arbeiten muss? Samstags, um Mitternacht?«
    »Kommt nicht oft vor, kommt aber vor. Zur Schonung

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