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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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sich prügelten. So hat sie es mir gesagt.«
    »Eine Schlägerei in Ihrem Laden?«
    Sie nickte.
    Auf den ersten Blick konnte ich nichts Verdächtiges entdecken. Keine
Prügelei, keine Eindringlinge, bloß sonntägliche Stille und Einsamkeit. Sämtliche
Geschäfte ringsum waren geschlossen, nur auf der Straßenseite gegenüber trieben
sich ein paar Menschen vor einem Dönerladen herum. Passanten: wenige.
    Dann öffnete sich eine Tür neben der Reinigung,
und eine ältere Frau huschte heraus. Mein Gott, sie zitterte ja!
    »Jetzt ist alles ruhig«, wisperte sie.
    Danke, das hatten wir schon selbst festgestellt. Viel interessanter
fand ich, dass auch diese Dame nicht die 110 gerufen, sondern ganz auf das hiesige
Netzwerk gesetzt hatte. Auf das Hasenleiser-Intranet, um es in den Worten der Uniklinik
zu sagen. Ich trat zur Ladentür und drückte die Klinke. Abgeschlossen.
    »Also, ich weiß ja nicht …«, brummte ich.
    »Ich glaube, sie sind unten rum«, flüsterte die Nachbarin und zeigte
Richtung Durchgang.
    »Dort gibt es einen Kellerraum, in dem das Fenster immer gekippt ist«,
erläuterte Frau Kaiser. »Wegen der Lüftung. Wenn man es drauf anlegt, kommt man
da rein.«
    Ich überlegte kurz, ob ich nachschauen sollte.
Aber nun stand ich schon mal vor der Eingangstür, kein Laut war zu hören, also ließ
ich mir von der Frisörin den Schlüssel geben und schloss auf. Ein süßlicher Geruch
schlug mir entgegen. Immer noch herrschte Totenstille. Ich wies die beiden betagteren
Damen an, draußen zu warten, und trat ein. Gizem und ihre Chefin folgten mir auf
Zehenspitzen.
    Ehrlich gesagt, rechnete ich nicht damit, jemandem
zu begegnen. Sollte es tatsächlich Einbrecher im Kaiserschnitt gegeben haben, waren
sie längst über alle Berge. Vielleicht flüchteten sie in diesem Moment durch das
Kellerfenster. Mir sollte es recht sein. Immerhin war ich unbewaffnet.
    Hinter mir hörte ich den schweren Atem von Frau Kaiser. Ich bewegte
mich leise, aber zügig durch ihren Salon. Von der Wand grinsten mir die Werbebeauties
zu. Dann sah ich die Verwüstung. Im hinteren Teil des Ladens befand sich kaum noch
ein Gegenstand am vorgesehenen Platz. Handtücher, Tuben, Dosen, Kämme, Spiegel,
alles lag durch- und übereinander auf dem Boden herum. Ein Regal und mehrere der
Rollwägelchen waren umgefallen, ihr Inhalt weit verstreut. In einer Ecke glänzte
es feucht. Sogar die schweren Frisörstühle waren umgekippt und mit Scherben übersät.
Ein einziger Stuhl stand noch aufrecht. Und in ihm saß jemand.
    Frau Kaiser schrie auf. Gizem schlug die Hand vor den Mund.
    Ich begriff erst mit Verzögerung. Ist doch schön, wenn einer in aller
Seelenruhe über dem Chaos thront! Aber erstens tat es derjenige nicht freiwillig,
denn seine Unterarme waren an die Stuhllehnen gefesselt. So viel sah man, auch wenn
er mit dem Rücken zu uns saß. Und zweitens steckte sein Kopf tief in einer Trockenhaube.
Die Haube lief, wie die Digitalanzeige verriet, und sie würde noch eine knappe Stunde
laufen, wenn wir sie nicht ausschalteten.
    »Um Gottes willen!«, rief Frau Kaiser. Bevor ich die Situation erfasst
hatte, eilte sie zu dem Gerät und drückte auf den Tasten herum. Aber ihre Finger
zitterten viel zu sehr. Ich kam hinzu, packte die Haube, die eine enorme Hitze ausstrahlte,
und riss sie nach oben.
    Dann schrie auch ich auf.
    Der Kopf, der unter der Haube zum Vorschein kam, bot einen grässlichen
Anblick. Er schlug Blasen. Es brodelte regelrecht auf diesem Schädel. Haare und
Haut waren zu einem schmierigen Brei verschmolzen, der auch noch ekelhaft stechend
roch. Mir wurde übel.
    »Ein Handtuch!«, rief ich. »Schnell! Und dann rüber zum Waschbecken!«
Nicht schwach werden, Max. Handeln! Ich kippte den Stuhl nach hinten und zog ihn
quer durch den Frisörsalon zu den Waschbecken. Frau Kaiser half mir.
    »Das ist unser Bleichmittel«, jammerte sie. »Jemand muss ihm Wasserstoffperoxid
übergegossen haben.«
    »Auswaschen«, keuchte ich. Wir traten über all die Gegenstände, die
im Weg herumlagen, ständig knackte und knirschte es unter unseren Füßen. Ohne Rücksicht
zerrte ich den Stuhl weiter durch den Laden. Gizem kam mit einem Handtuch und rubbelte
die Schmiere von dem lädierten Kopf. Das Haar blieb gleich büschelweise in dem Tuch
hängen.
    »Dreh den Hahn auf«, kommandierte ich, als wir das nächstgelegene Becken
erreicht hatten.
    »Das daneben«, schluchzte die Frisörin, der die Tränen über das Gesicht
liefen. »Das hier ist ein

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