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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Geheimnis.«
    »Ein schöner Name.« Ich meinte es sogar ernst.
    »Das deutsche Wort klingt viel schöner. Es klingt nach dem, was es
meint. Deshalb habe ich Botschaften an Thorsten immer so unterschrieben.« Erneut
begannen ihre Lippen zu zittern.
     

26
     
    Bald würde ich sie im Schlaf radeln können, die Strecke von Bergheim
in den Hasenleiser und zurück. Um nicht in Routine zu verfallen, wählte ich diesmal
einen anderen Weg: Hinter dem Quartier am Turm, einer Ansammlung bunter Lego-Kästchen
für junge Familien, nahm ich den Fahrradweg, der längs des Bahndamms nach Norden
führte. Rechter Hand ein hoher Metallzaun und dahinter Ami-Kasernen. Vor einer Tür
stapelten sich Kartons. Packten sie schon, unsere Gäste aus Übersee?
    Es war ein gemütliches Radeln, abseits der großen Ausfallstraßen. Ich
nahm die Hände vom Lenker und streckte mich. Wie ging es nun weiter in Sachen Schallmo?
Als Erstes musste ich mir Gizems Bruder vorknöpfen. Einen 14-Jährigen, der in seiner
Familie für Recht und Ordnung sorgte. Die Vorstellung, dass Fikret für den Mord
an seinem Lehrer verantwortlich sein sollte, fiel mir zwar schwer, aber da waren
ja noch Tarek und Ömer, da waren die anderen Kumpel aus der Türkenszene – und da
war sein Vater. Auch aus einem Rollstuhl heraus ließen sich prächtig Strippen ziehen.
    Fikret also. Das würde eine tolle Unterredung werden. Kenne ich nicht,
war ich nicht, weiß ich nicht. Bloß Achselzucken und Verachtung. Hast wohl was gegen
Türken, Alter? Ohne Beweise für seine Mittäterschaft würde ich mir nur den Mund
fusslig reden. Fikrets Hass auf Schallmo war kein Beweis. Der bestand schon viel
zu lange. Vor ein paar Wochen war er wieder aufgeflackert, als sich der Lehrer mit
Gizem getroffen hatte. Prompt setzte es eine Abreibung. Tja, die Zeiten hatten sich
geändert. Früher verprügelten Lehrer ihre Schüler, heute war es genau andersherum.
    »Ach, du Schande!«, platzte es aus mir heraus. Ich legte eine Vollbremsung
hin. Aber nicht wegen Fikret.
    Der Fahrradweg beschrieb eine Kurve. Und in dieser Kurve war ich soeben
auf James Bond gestoßen. Oder sagen wir: auf James Bond für Arme, Ausgabe Heidelberg-Süd.
Ein Typ im Anzug, schwarz spiegelnder Helm über dem Kopf, kerzengerade auf einem
Brett mit zwei Rädern stehend. Gleich würde er sich zischend in die Luft erheben!
Hinter dem Bond-Imitat kam ein zweites zum Vorschein, dann ein drittes und viertes.
Alle mit Helm auf dem Kopf. Alle mit beiden Händen an einem Lenker, der über eine
Stange mit dem Brett verbunden war.
    »Segways«, flüsterte ich. Ja, sie waren es. Wegen
dieser Halunken lag Maria im Krankenhaus, trieb der Englische Jäger führerlos durchs
Weltall. Mir fiel ums Verrecken keine Beleidigung ein, die wüst genug war, um sie
diesen Kaspern an den Kopf oder an den Helm zu werfen. Acht von ihnen schnurrten
an mir vorbei, dann kam mit etwas Abstand noch einer, der wohl der Chef oder Leitwolf
der Truppe war.
    »Na, auch Interesse?«, rief er mit einem Grinsen und reichte mir, ohne
zu verlangsamen, eine Karte. Ich zuckte zurück, als hätte ich einen Wespenstich
erhalten.
    »Ihr Geisterfahrer!«, brüllte ich der Armada hinterher, aber da waren
sie schon fast außer Hörweite. »Ihr Plastikkrieger, ihr verdammten! Möge ein Gully
euch verschlingen!«
    Dann stieg ich wieder auf. Sollte ich ihnen nachsetzen? Sie einzeln
von ihrem Trittbrett holen und in die Brombeeren werfen? Vielleicht reichte es,
wenn ich den US-Soldaten hinter der Absperrung erklärte, dass da ein Trupp von Darth
Vaders im Anmarsch war.
    Natürlich tat ich nichts von alledem, sondern berauschte mich bloß
an meinen eigenen Blutfantasien. Konnten sich diese Leute nicht normal durch die
Stadt bewegen? Wozu hatte der Mensch denn Beine? Unsere Gesichtsmuskulatur war doch
nicht bloß dazu da, um einem dieses angespannte Segway-Grinsen auf die Backen zu
zaubern! In der Chirurgie lümmelte sich ein nordafrikanischer Diktator, und diese
Herrschaften übten sich im Stehrollen! Da hörte doch alles auf!
    Hm. Dieser letzte Gedanke, der mit dem Diktator, kam mir erst kurz
vor meiner Wohnung. Und als ich ihn beim Aufsperren des Hoftors noch einmal dachte,
fand ich ihn nicht mehr ganz so intelligent wie zu Beginn. Mein Puls hatte sich
wieder beruhigt, die Adrenalinsäule sackte langsam in sich zusammen. Nein, mit Nordafrika
hatten diese Schaufensterpuppen auf zwei Rädern nichts zu tun. War wohl eher ein
dezenter Hinweis meines Unterbewusstseins darauf, dass es

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