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Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)

Titel: Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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heruntergelassen. Mehr als ein paar spärliche
Lichtschlitze drang nicht hinaus in die Dunkelheit.
    Nach einer Weile wagte ich mich näher an den Anbau heran. Das weiche
Gras dämpfte meine Tritte. Leichter Wind kam auf, der in den alten Bäumen rauschte.
Unablässig sah ich mich nach allen Seiten um. Es wollte mir nicht in den Kopf, dass
eine Krankenstation nicht besser geschützt war. Aber niemand trat mir in den Weg,
kein Scheinwerfer flammte auf. Rechts bei der Hecke stand eine verlassene Bank,
das Gelände zum Neckar hin war von Kieswegen durchzogen und endete an einer Säulenpergola.
Komischer Aufenthaltsort für einen Präsidenten vom Nil.
    Dann stand ich vor der Terrasse von Nummer 015.
An der Außenfront des Zimmers zeichneten sich dünne Lichtfäden ab. Trotz der späten
Stunde schien der Patient noch wach zu sein. Vorsichtig stieg ich über die Miniaturhecke.
Mein Herz klopfte, als ich endlich mein Ohr gegen die Glastür pressen konnte. Nichts
zu hören. Zu sehen noch weniger, da waren die Rollos vor. Ich bewegte mich von einer
Seite zur anderen, kniff die Augen zusammen, hielt den Atem an – keine Chance. Ob
das Zimmer leer war oder ob sie dort drinnen stumm Skat droschen, war nicht zu entscheiden.
    Frustriert trat ich den Rückweg an. Dabei entfuhr mir ein kräftiger
Rülpser. Blödes Hochzeitstagsmenü! Mit Freds Feuerwürstchen wäre mir das nicht passiert.
Hastig zog ich mich in den Schutz der Dunkelheit zurück.
    Und jetzt? Ich schlich weiter um das Gebäude herum, bis ich durch eine
der Glaswände in den Flur der Privatstation blickte. Vor Zimmer 015 saß ein strammer
Kerl im Anzug und las. Hatte ich mir doch gedacht, dass sie ihr Goldstück auch nachts
nicht unbewacht ließen. Gut für ihn, schlecht für mich. Vielleicht ging das Kraftpaket
mal pinkeln? Nein, solche Typen pinkelten nicht. Die schwitzten lieber. Warten,
bis er ein Nickerchen machte? Vorher würde ich einschlafen. Oder erfrieren. Wenn
man hier draußen untätig herumstand, wurde einem sofort kalt.
    Also?
    Herrje, es war zum Haareraufen. So nahe dran an dem Unbekannten, aber
keine Möglichkeit, auch nur einen Blick auf ihn zu werfen! Vielleicht konnte ich
den Gorilla von der Tür weglocken. Nur wie? Er hatte bestimmt seine Anweisungen:
Du rührst dich nicht von der Stelle, und wenn eine Bombe fällt, capito? Capito,
Boss!
    Bombe. Bombenalarm … Na ja, eine Bombe musste es ja nicht gleich sein.
Aber wie würde sich der Typ bei Feueralarm verhalten?
    Ich setzte meine Erkundungen noch ein Weilchen fort. Im ebenfalls gläsernen
Verbindungsgang zwischen Haupttrakt und Privatstation gab es eine Tür, die von außen
über eine Rampe erreichbar war. Um zu Zimmer 015 zu gelangen, musste man also nicht
um die gesamte Chirurgie herumlaufen und den Haupteingang nehmen. So weit, so gut.
Aber das änderte nichts an meinem Problem. Mein Problem trug Anzug und blätterte
in einer Zeitschrift. Und wenn ich ihm dumm kam, würde es mich zerquetschen wie
eine Motte. Einhändig.
    Langsam schlich ich zurück. Der Typ hatte seine Haltung nicht verändert,
nur seine Fußspitze wippte leicht. Sonst war kein Mensch zu sehen. Ein kalter Windstoß
von Osten. Fröstelnd ging ich weiter, bis zu den Terrassen. Auch hier alles beim
Alten. Ich setzte mich auf die Bank und zog meine Jacke eng um mich.
    Max Koller ratlos – ein Anblick mit Seltenheitswert. Was blieb mir
übrig, als umzukehren, nach Hause zu radeln und Christine Abbitte zu leisten? Na,
vielleicht wartete ich doch noch ein bisschen. Unser Hochzeitstag war ohnehin gleich
vorüber. Aber diese Kälte! Ich sprang auf, tänzelte auf der Stelle herum, dann machte
ich mich wieder auf den Weg. Die Terrassen, der Flur vor den Zimmern, der Bodyguard.
Sein Fuß wippte. Alles wie gehabt.
    Fast alles. Denn plötzlich sah ich einen Arzt den Flur entlang kommen.
Wobei dieser Satz natürlich Humbug ist. Nur weil ein Mensch in einem Krankenhausflur
einen weißen Kittel trägt, muss er noch lange kein Arzt sein. Aber Kleider machen
Leute, darüber hatte ich ja schon im Salon der Frau Kaiser philosophiert. Wo hat
der Kerl bloß seinen Doktortitel her? – Das fragte ich mich noch, als ich meinen
Freund Covet längst erkannt hatte.
    »Marc?«, stotterte ich.
    Er war es wirklich. Sein kurz geschnittener Bart, das kastanienbraune
Haar, die ganze gepflegte Erscheinung – und der Arztkittel. Beide Hände auf dem
Rücken verschränkt, die Lippen gespitzt, so näherte er sich Zimmer 015. Für ihn
wohl die typische

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