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Schlucht der Daemonen

Schlucht der Daemonen

Titel: Schlucht der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Sonnleitner
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gemeinsam drehen, weil man zusammen mehr sehe, meinte Justus. Weil dann der andere laut schreien kann, während der eine abgemurkst wird, dachte Peter.
    Die Nacht war erstaunlich ruhig hier draußen. Kein Motorenlärm, keine Polizeisirenen, kein Telefon, niemand, der laut singend betrunken nach Hause torkelte. Nur ein sanftes Zischeln mal hier, ein Knacken mal dort, in weiter Entfernung ein einsamer Kojote, der den vollen Mond anheulte, und ein sanftes, beständiges Rauschen des nächtlichen Windes.
    Aber nach einer halben Stunde begann dann doch, was Justus befürchtet hatte.
    »Ist das ein Indianer?«, flüsterte Peter aufgeregt und riss seinen Freund am Ärmel.
    »Wo?«
    »Das da! Der Schatten!«
    »Du meinst den Kaktus, der da seit ungefähr zehn Jahren unbeweglich steht? Jenes wunderschöne, wenn auch noch recht kleine Exemplar der Gattung Saguaro, deren Vertreter immerhin über zwölf Meter hoch werden können?«
    Peter stieß ein unverständliches Grunzen aus, das sich ein bisschen wie »Blödmann« anhörte, und ließ Justus’ Ärmel wieder los.
    »Aber das ist einer!«, keuchte er zwei Minuten später.
    Justus ging fünf Schritte nach vorne und trat mit dem Fuß gegen den Baum, auf den Peters zitternder Finger zeigte. »Peter, Indianer sind lebende Wesen, die sich meist auf zwei Beinen oder sonst wie fortbewegen. Aber sie bewegen sich und wachsen nicht seit Urzeiten aus dem Steppenboden.«
    Doch Justus konnte sagen, was er wollte. Alle paar Minuten sah, hörte oder spürte Peter einen neuen Indianer oder gleich mehrere von ihnen. Nach der zweistündigen Wache war Justus so sauer auf seinen Freund, dass er ihm nicht einmal »Gute Nacht!« sagte, als er in seinen Schlafsack kroch. Bevor er sich hinlegte, weckte er noch Bob mit einem unsanften Rütteln, und als der ihn fragte, ob sich irgendein Indianer habe blicken lassen, schnauzte Justus nur »Millionen!« und drehte sich grummelnd um.
    Bob rieb sich etwas irritiert die Augen und stand gähnend auf. Jones war schon wach und kam nun leise auf den dritten Detektiv zu. In seiner Hand glänzte im fahlen Mondlicht der Lauf eines Revolvers.
    »Is wohl am besten, ich bleib bei den Pferden und du machst dich da auf den großen Felsen rauf. Von da hast du den besten Überblick, und ich kenne unsere Tiere so gut, dass ich an ihrem Verhalten sofort merke, wenn sich hier was Komisches tut.«
    Bob nickte müde und schlurfte in Richtung des größten Felsblocks davon. Dank des hellen Mondlichts bereitete es ihm auch keine große Mühe hinaufzusteigen, und oben fand sich sogar eine kleine, sandgefüllte Mulde, in der er es sich bequem machen konnte. Zu bequem, wie sich bald herausstellen sollte!
    Bob erfuhr später, dass es etwa halb zwei gewesen sein musste, als ihn ein durchdringender Schrei aus dem Schlaf hochfahren ließ. Die Gedanken, dass er in der kuscheligen Mulde eingeschlafen sein musste und dass gerade die Kitanemuk ihr Lager überfielen, schossen ihm fast gleichzeitig durch den Kopf. Aber Bob stürzte, noch bevor in seinem Hirn wieder einigermaßen Klarheit herrschte, bereits hektisch den Felsen hinab.
    Unten angekommen sah er aus den Augenwinkeln, dass sich Peter, Donovan und Sealer gerade aus ihren Schlafsäcken zwängten, während Justus sich nur schimpfend umdrehte. Der Schlaf des Ersten Detektivs war schon immer sehr fest gewesen.
    Plötzlich zerriss ein zweiter Schrei die graue Nachtluft. Er hatte sehr viel erstickter als der erste geklungen, schmerzvoller, und er war ganz eindeutig aus der Senke an Bobs Ohren gedrungen – von dort, wo die Pferde standen, von dort, wo Jones Wache hielt!
    »Es ist Jones!«, brüllte Bob und raste an Donovan vorbei. »Jones ist was passiert! Die Kerle haben Jones!«
    »Warte auf mich!«, rief ihm Donovan noch hinterher, aber Bob war bereits um die Ecke des Felsenhalbrunds gelaufen.
    Das Letzte, was Bob sah, war der Umriss eines Pferdes, das sich im Licht des niedrig stehenden Mondes auf die Hinterbeine stellte. Dann traf ihn ein harter Schlag voll auf den Hinterkopf und ließ ihn augenblicklich in den Staub sinken.

Beulen
    Von irgendwoher drangen dumpfe Laute an sein Ohr. Es war wie ein Raunen, ein dunkles, gedämpftes Murmeln, so als spräche jemand durch meterdicke Watte. Aber obwohl die Töne von ganz weit weg zu kommen schienen und unsagbar leise waren, löste jeder akustische Reiz in seinem Hirn unzählige kleiner, beißender Stiche aus, die sich irgendwo am Hinterkopf bündelten und dort in einem einzigen,

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