Schluessel zur Hoelle
der Priester. »Mein Vorgänger, Pater Kupescu, hat sie dem jungen Mann, der später in den Sümpfen erschossen wurde, anvertraut. Pater Kupescu hat übrigens für seine Handlungen mit dem Leben bezahlt.«
»Das Mädchen, das uns begleitete, ist die Schwester des jungen Mannes«, sagte Chavasse. »Sie hat uns gezeigt, wo Minettis Boot liegt.«
Pater Schedu nickte. »Sie und ein Italiener namens Orsini wurden heute am frühen Nachmittag nach Tama gebracht. Sie sind im Kloster.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich besuchte gerade kranke Häftlinge – eins der wenigen Privilegien, die man mir noch gelassen hat.«
»Erstaunlich, daß Sie überhaupt noch Ihr Amt ausüben dürfen.«
Pater Schedu lächelte leise. »Wie Sie vielleicht bemerkt haben, habe ich den gleichen Namen wie unser geliebter Präsident, und das erfüllt die kleinen Parteifunktionäre mit einer abergläubischen Ehrfurcht. Sie sind sich nicht ganz sicher, ob ich nicht entfernt mit ihm verwandt bin. Aber viel hilft das auch nicht. Wir hatten hier eine herrliche Kirche. Sie haben ein Restaurant daraus gemacht. Der Altar dient als Theke, und im Mittelschiff stehen Tische, an denen die glücklichen Arbeiter sich zum Ruhme Enver Hodschas mit Kebab und Schaschlik vollstopfen können.«
»Die Bäume werden nicht in den Himmel wachsen, Pater.«
Der Priester lächelte. »Um auf Ihr Anliegen zurückzukommen, Mr. Chavasse – ich glaube, ich kann Ihnen tatsächlich helfen. Ihre Freunde befinden sich im Moment in einer Wachstube, die innerhalb der inneren Klostermauer liegt. Der Oberst vom Nachrichtendienst und Kapo, der übrigens ein hoher Sigurmi-Offizier ist, sind sofort, nachdem sie sie abgeliefert hatten, mit sämtlichen Soldaten, die sie auftreiben konnten, wieder aufgebrochen.«
»Um mich zu suchen.«
»Wahrscheinlich. Sie haben bestimmt nicht mehr als einen oder höchstens zwei Soldaten zu ihrer Bewachung zurückgelassen.«
»Aber wie kommen wir denn hinein, Pater?« fragte Liri. »Wir müssen durch zwei Mauern, die Tore sind bewacht.«
»Wir kriechen drunter durch, meine Liebe. Es geht ganz einfach. Die guten Patres, die das Kloster erbaut haben, haben an alles gedacht. Kommen Sie mit.«
Er ging durch die Kapelle und trat in den Gang, der zum Landungssteg hinunterführte. Er nahm eine Taschenlampe von einem Sims, auf dem eine Ikone stand, und stieg zum Wasser hinunter. Als er die Lampe anknipste, fiel ihr Strahl auf die modrige Wand des Tunnels, der sich, immer enger werdend, ins Dunkel erstreckte.
»Das unterirdische Kloakensystem des Klosters mündet hier in den Fluß«, sagte er. »Kein angenehmer Weg, aber leider der einzige, auf dem man ungesehen ins Kloster kommt.«
»Ich möchte Sie nur darum bitten, mich zu führen, Pater«, sagte Chavasse. »Alles übrige überlassen Sie mir.«
»Es wäre absurd, von Ihnen zu verlangen, gegen diese Leute keine Gewalt anzuwenden«, sagte Pater Schedu, »doch Sie haben sicherlich Verständnis dafür, daß ich mich an keiner Gewaltaktion beteiligen kann.«
»Selbstverständlich.«
Der Priester wandte sich zu Liri um. »Sie warten wohl am besten hier?«
Sie schüttelte den Kopf. »Vielleicht kann ich irgendwie helfen. Bitte, lassen Sie mich mitkommen, Pater.«
Er gab keine Antwort, stopfte seine lange Kutte unter den ledernen Gürtel, den er um die Hüfte trug, und stieg auf der linken Seite des Tunnels ins Wasser. Es war kaum knöcheltief, und Chavasse folgte ihm mit eingezogenem Kopf einem breiten Sims entlang.
Es roch muffig, ein leichter Dunst stieg vom Wasser auf und hing schwebend unter der Decke. Vorsichtig tasteten sie sich durchs Dunkel. Allmählich wurde das Wasser tiefer, und Chavasse spürte, wie es seine Knie umspülte. Der Gestank war so widerlich, daß sich ihm der Magen umdrehte.
Endlich bog der Priester in einen Seitengang ein, der zu einer Höhle von etwa fünfzehn Metern Durchmesser führte. Mindestens ein Dutzend Tunnels mündeten in die Höhle, und das Wasser darin war etwa einen Meter hoch. Der Franziskaner watete hindurch und zählte die Tunnels.
»Ich glaube, der achte von links ist es.«
Der Tunnel war höchstens einen Meter zwanzig hoch. Chavasse blieb davor stehen und drehte sich zu Liri um. »Wie fühlen Sie sich?«
Sie lachte leise. »Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Der Gestank hier ist längst nicht so schlimm wie im Sommer in den Sümpfen.«
Sie bückten sich und krochen Pater
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