Schlüsselfertig: Roman (German Edition)
spannend. Zumindest sieht sie es so. Ständig erlebt sie etwas, hat etwas zu erzählen. Mir passiert nie etwas Interessantes. Mir wird bloß gekündigt. Und jetzt muss ich Hausfrau werden. Dabei gibt es das Haus noch gar nicht. Was für eine Zukunftsperspektive!
Im Laubhaufen raschelt es. Ich schleiche dichter ran und erkenne einen prallen Damenhintern, bekleidet mit einem String-Tanga, dessen Waschanleitungsschildchen etwas unvorteilhaft auf einer Pobacke ausgeklappt ist. Ich sinniere noch etwas über die Vor- und Nachteile dieser zierlichen Kleidungsstücke – letztere überwiegen meines Erachtens –, während ich versuche, zu erkennen, wer dort die fortgeschrittene Balz betreibt. Was ich sehe, überrascht mich dann doch.
Es ist Heiner, der an zwei Brüsten zu demonstrieren scheint, wie man fachmännisch Hefeteig zubereitet, und der dabei den Mund der String-Trägerin ausschleckt wie eine Rührschüssel. Dabei mag Heiner gar nicht so gerne Süßes, denke ich noch. Und diese Frau ist reinste Zuckerwatte. Es ist Monique.
Monique, Königin des Ideenkreises junger Landfrauen. Unumstrittene Trendsetterin des Dorfes.
Sie kann alles besser als ich. Wurde mir seit meiner Kindheit von meiner Mutter als perfektes Vorbild hingehalten. Sie hat die schlankere Figur, die flottere Frisur (wenn man die Blätter, die da jetzt drin hängen, wieder entfernt), ist schicker gekleidet (auch wenn ihre Unterwäsche etwas zu wünschen übrig lässt, wie ich noch mit einem winzigen Rest Häme feststellen kann), die besseren Manieren (ja, sie scheint wirklich sehr freundlich zu Heiner zu sein), den Bürgermeister als heimlichen Geliebten (und jetzt offensichtlich auch meinen Verlobten) – Monique ist also überhaupt und insgesamt erfolgreicher.
Wahrscheinlich ist sie auch besser im Bett. Bezüglich dieses Talentes von Monique frage ich lieber mal Heiner und nicht meine Mutter.
Am besten frage ich ihn sofort.
Das ohnehin schon marode Kartenhaus meiner kläglichen Zukunftsperspektive kracht vollends in sich zusammen. Ich werde wohl doch keine Hausfrau. Okay, ich habe Heiner in meiner Vorstellung betrogen. Aber das war doch nicht echt! Ich hätte es doch nie wirklich getan! Schön blöd von mir.
Ausgerechnet Monique! Was soll das? Ich will am liebsten auf die beiden losstürmen und sie anschreien. Will Heiner zur Rede stellen. Doch ich halte mich zurück. Das scheint mir gerade kein sonderlich geeigneter Moment zu sein, ihn mit Vorwürfen zu konfrontieren. Ich versuche, mich an alle Ratgeberbücher zu erinnern, die ich je gelesen habe. Was empfiehlt Die Kunst, den Mann fürs Leben dauerhaft an sich zu binden in einem solchen Moment? Und wie war das mit dem Uschi-Prinzip, das man einfach nur befolgen muss und schon bekommt man von allem nur das Beste? Dass solches Wissen aber auch nie im richtigen Moment abrufbar ist! Ganz tief im Dunkel meiner Gehirnwindungen schwirren Weisheiten herum wie: Frauen sollten sich königlich verhalten, um wie eine Königin behandelt zu werden. Aber wie, zum Teufel soll ich das jetzt umsetzen? Erhobenen Hauptes winken? Die strammstehenden Truppen abschreiten, huldvoll gucken und wohlwollend nicken? Ohne dass mir ein Zacken aus der Krone bricht? Nein. I am not amused!
Und falls ich vorstürme, was soll ich dann sagen? So etwas wie: »Hallo ihr beiden, habt ihr auch ein Telefon im Laub verloren?« Ich wäre ja schön blöd, ihnen gleich eine Entschuldigung mitzuliefern. Oder vielleicht: »Ich bin gerade meinen Job losgeworden, kann ich bei euch mitmachen?«
Ehrlich gesagt: Ich weiß nicht, wie man sich in einer solchen Situation verhält. Ich habe vorher noch nie darüber nachgedacht. Warum auch? Heiner hat gar keinen Grund, mich zu betrügen.
Ein unauffälliger Rückzug scheint mir das Beste zu sein. Im Moment. Ich brauche Zeit. Brauche Rat. Brauche einen Plan.
Vorsichtig pirsche ich durch die Bickbeerbüsche gen Straße, sorgfältig auf Deckung bedacht. Als ich außer Hör-und Sichtweite bin, greife ich nach meinem Telefon. Ich fasse ins Leere – es ist weg. Wahrscheinlich ist es mir aus der Tasche gerutscht, als ich versuchte, die Waschanleitung von Moniques String zu entziffern. Verdammt! So leise ich kann schleiche ich mich wieder an die Lauborgie heran.
Zum Glück stehe ich gerade hinter einem Baum, als einen halben Meter von mir entfernt das Telefon losorgelt. Es klingelt die bekannte Melodie aus Schwanensee, und eine Sekunde lang denke ich, das ist nicht meins – bis mir einfällt, das
Weitere Kostenlose Bücher