Schluesselmomente - Erfahrungen eines engagierten Lebens
nicht nur für ein Unternehmen, sie betrifft genauso das Leben mit einem Partner, die Beziehung zu Kindern und Freunden. Wenn man sein eigenes Leben kraftvoll gestalten will, muss man sich diesen Erfahrungen stellen.
Menschen zu führen ist eine groÃe Herausforderung. Jeder von uns hat seinen eigenen Stil, seine eigenen Bedürfnisse und seine eigene Motivationsstruktur. Ein Mitarbeiter entscheidet letztlich selbst, was er tut und was er lässt, er entscheidet über das Wie, das Wann und das Womit. Dies gilt es zu erkennen, denn wer führen will, trägt die Verantwortung für die Leistung seiner Mitarbeiter.
Erfolgreiche Führung stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Die direkte Kommunikation mit unseren Führungskräften, der Austausch mit unseren Mitarbeitern, die Diskussion mit Unternehmern, Experten und Wissenschaftlern nimmt in meinem Arbeitsalltag viel Raum ein. Dem partnerschaftlichen Austausch kommt dabei eine hohe Bedeutung zu. Die besten Ideen entstehen oft im Dialog. Je schwieriger anstehende Entscheidungen sind, umso mehr Zeit nehme ich mir für intensive beratende Gespräche und Ãberlegungen.
So gern ich in anderen Zusammenhängen auch einmal
spontan reagiere â in grundsätzlichen Fragen hat Spontaneität keinen Platz. Mir ist sehr wichtig, dass in den Debatten die unterschiedlichsten Auffassungen zu Wort kommen und die Festlegung auf die eine oder andere Seite nicht zu früh erfolgt. An der Seite meines Mannes habe ich gelernt, dass das Abwägen des Für und Wider, das ungestörte Nachdenken über mitunter schwierigste Sachverhalte zur Kernkompetenz unternehmerischer Verantwortung gehört. Hinter groÃen Erfolgen stehen lange Strecken harter Arbeit, mitunter schmerzhafte Entscheidungen, die viel Kraft kosten. Auch schlaflose Nächte gehören dazu. Wenn die Nerven vibrieren, wenn die Anspannung zu stark wird, muss man sich eine innere Atempause gönnen. Denn das Bewusstsein, wie viel Verantwortung auf mir lastet, verlässt mich nie. In einem Unternehmen unserer GröÃe gibt es kein Wochenende, keinen Urlaub und keinen Feiertag, an dem nicht zu jeder Stunde unvorhergesehene Ereignisse eintreten oder Entscheidungen anstehen können.
»Tu alles mit Rat, dann brauchst du nach der Tat nichts zu bereuen.« 67 Dieser Satz des heiligen Benedikt ist mir zu einem Lebensmotto geworden. Bisher bin ich gut damit gefahren. In mehr als vierzig arbeitsreichen Jahren habe ich oft erlebt, dass dem Prozess der Entscheidungsfindung höchste Priorität eingeräumt werden musste. Bei komplexen Entscheidungsprozessen, in die viele Komponenten hineinwirken, gibt es die eine richtige Entscheidung gar nicht. Oft bieten sich unterschiedliche Lösungswege an, zu denen jeweils Vor- wie auch Nachteile gehören.
Eine Reihe von Studien bestätigt inzwischen meine persönliche Erfahrung, dass unser Verstand allein nicht ausreicht, um Fehler zu vermeiden. 68 Das Gehirn des Menschen ist keine Rechenmaschine. Schon der Psychoanalytiker
Sigmund Freud hat herausgefunden, dass das Unterbewusstsein groÃen Einfluss auf unsere Entscheidungen nimmt.
Mich interessieren diese Prozesse sehr, und ich suche oft das Gespräch mit führenden Hirnforschern. Die Wissenschaftler schätzen, dass das menschliche Bewusstsein, das vor allem in der linken Hirnhälfte arbeitet, in jeder Sekunde ungefähr vierzig Informationseinheiten verarbeiten kann. Das Unbewusste hingegen operiert im hinteren Bereich der rechten Hirnhälfte und bringt es pro Sekunde auf fünfzehn bis zwanzig Millionen Informationseinheiten. Bei dieser unvorstellbaren Fülle wundert es nicht, dass die Einschätzung des Unterbewusstseins diffus und detailarm bleibt. Doch wenn wir tatsächlich abwarten wollten, bis wir alle nur denkbaren Fakten zusammengetragen haben, würden wir wohl nie zu einem Ergebnis kommen.
Die moderne Hirnforschung hat herausgefunden, dass das Gehirn Erfahrungen, die der Mensch im Lauf seines Lebens gewonnen hat, sammelt und wie einen emotionalen Erfahrungsspeicher nutzt. Denn aus diesen Erfahrungen wächst unsere Fähigkeit, Fehler zu erkennen, daraus zu lernen und sie in Zukunft nach Möglichkeit zu vermeiden. Gerade wenn uns Führungsaufgaben vor kaum zu überblickende Wahlmöglichkeiten stellen, sendet der emotionale Erfahrungsspeicher Signale aus, die Entscheidungen vereinfachen können: die sogenannten somatischen Marker. 69 Die
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