Schluesselmomente - Erfahrungen eines engagierten Lebens

früherer Erfahrungen. So ist die Frau dem Mann nachweislich überlegen,
was das schnelle Erfassen einer Situation, die Sensibilität für emotionale Befindlichkeiten und die Wahrnehmung differenzierter Sachverhalte angeht.
    Beide Geschlechter nutzen Hirnregionen unterschiedlich. Die Frau nutzt jüngere Hirnregionen, wo sie Mimik, Gestik und andere Kommunikationssignale entschlüsseln kann, stärker als der Mann. Das Gehirn eines Mannes dagegen bleibt auch im Ruhezustand ständig mit seinen ältesten Hirnregionen vernetzt, die auf das Überleben ausgerichtet waren – so, als müsste er jederzeit kampfbereit sein.
    Diese Unterschiede in der strategischen Ausrichtung der Intelligenz lassen Männer häufig nach glatten Lösungen suchen, während Frauen Schritt für Schritt die Details bewusst machen wollen und dadurch manchmal eine schnelle Lösung verhindern. Die Forschung bezeichnet diesen Unterschied mit den Begriffen »high-risk gambler« und »save investor«.
    Ich habe mich mit vielen Frauen aus Politik und Wirtschaft zu diesem Thema ausgetauscht. Besonders beeindruckt hat mich die ehemalige Berliner Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit. 99 In ihrer langen Laufbahn als Politikerin und Juristin wirkte die Mutter von drei Kindern an der rechtlichen Gleichstellung der Frauen in Deutschland mit. Heute fordert Frau Peschel-Gutzeit eine stärkere Einbindung von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten. Sie begründet ihre Auffassung damit, dass Männer seltener Fragen stellen, während Frauen detaillierter Auskunft verlangen und von ihrer Kontrollfunktion in einem solchen Gremium auch Gebrauch machen. Da gerade die Wirtschaftskrise das Versagen von Kontrollinstanzen zutage gefördert hat, plädiert sie umso nachdrücklicher für Frauen in Führungsetagen.

    Auch ich bin davon überzeugt, dass Frauen in Führungspositionen die Kreativität und Zukunftsfähigkeit unserer Unternehmen deutlich befördern können, gerade weil die Strategien der Geschlechter unterschiedlich sind. Wir benötigen hier konzertierte Aktionen von Wirtschaft, Politik, Unternehmen und Verbänden, um diesen gesellschaftlichen Missstand zu beheben. Erst im Zusammenspiel der Geschlechter können die Verantwortungsträger unserer Gesellschaft ihr ganzes Potenzial entfalten. Wir sollten uns klarmachen, dass die komplexe Wahrnehmung der Frauen den mitunter auftretenden Tunnelblick der Männer ergänzen kann. Umgekehrt bleiben Männer auch in vielschichtigen Problemlagen zielorientiert – eine gute Ergänzung für die Frauen.
    In einer Welt, in der die Herausforderungen kaum komplexer sein könnten als heutzutage, liegt gerade in dieser Unterschiedlichkeit ein ungeheures Potenzial. Wir müssen uns alle bewusst machen, dass Unternehmen, die auf Frauen in Führungspositionen setzen, im Wettbewerb Vorteile haben. Managerinnen sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für kommunikative Strategien, Kreativität und Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.
    In den USA sind frauenspezifische Führungstrainings längst Normalität. In Deutschland hat die Bertelsmann Stiftung damit Maßstäbe gesetzt und bietet in unserer Business Women School in Berlin jährlich eine Führungskräfteentwicklung für vierundzwanzig Teilnehmerinnen aus verschiedenen deutschen Unternehmen an. 100 Hochkarätige Referentinnen aus der Wirtschaft, den Medien, den Kirchen und der Politik geben einen Einblick in ihre beruflichen Erfahrungen. Ich nutze diese Gelegenheit gerne, um mich mit den jungen Teilnehmerinnen zu unterhalten.
Es ist wirklich beeindruckend, wie hoch motiviert alle nach der richtigen Strategie für ihren weiteren Weg suchen.
    Gemeinsam sind wir der Frage nachgegangen, wie es gelingen kann, die Kompetenzen, das Wissen und die Fähigkeiten von Frauen in der Kultur von Unternehmen zu verankern. Fragen der Führungskompetenz und der Karriere werden offen diskutiert. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf liegt vielen am Herzen. Die Mischung von erfolgreichen Referentinnen mit Vorbildfunktion und der offenen Arbeitsatmosphäre machen die Business Women School für die Teilnehmerinnen zu einer großen Chance. Die angehenden Managerinnen haben so die Möglichkeit, Netzwerke zu knüpfen und gemeinsame Erfahrungen zu sammeln. Diese Chance wird lebhaft genutzt.
    Auf dem Weg hin zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft ist das