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Schlüsselspiele für drei Paare

Schlüsselspiele für drei Paare

Titel: Schlüsselspiele für drei Paare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Mädchen ein Kind. Von einem Studenten. Ein Skandal ist das!«
    »Aber wieso denn, Paps?« sagte Julia mit zuckenden Lippen.
    »Warum? Das fragst du noch?«
    »Als Oberprimanerin ist sie immerhin schon neunzehn Jahre. Andere sind in diesem Alter bereits verheiratet und haben zwei Kinder.«
    »Andere machen auch kein Abitur. Überhaupt, deine Ansichten. Wo hörst du so etwas? Etwa von deinem Fallers? Ich sagte ja immer schon, dieser Umgang ist verwerflich.« Studienrat Bentrob war so aufgeregt, daß er kaum etwas essen konnte. »Ein uneheliches Kind«, sagte er am Tisch. »Das wäre das letzte, was in meiner Familie möglich wäre. So sehr du deine eigenen Wege gehst, Julia: In dieser Beziehung kann ich mich auf dich verlassen, das weiß ich.«
    Julia aß ihren Teller nicht leer. Ihr Hals war wie zugeschnürt.
    »Ja, Paps«, sagte sie gepreßt. »Du kannst dich darauf verlassen. Und was geschieht mit … mit dem Mädchen?«
    »Sie fliegt in hohem Bogen von der Schule.«
    Studienrat Bentrob zog die Lippen kraus. »Soll ich ihr etwa eine Extrapause geben, in der sie das Kind stillen kann?«
    Bentrob lächelte über diesen Aphorismus. Am Akademikerstammtisch würde man darüber schallend gelacht haben. Julia aber lachte nicht. Sie rannte aus dem Zimmer und schloß sich auf der Toilette ein. Ihr war wieder übel. Sie würgte und weinte und wußte nicht, wie es weitergehen sollte.
    Am nächsten Morgen ging sie nicht zum Dienst in die Papiergroßhandlung, sondern fuhr nach Gauting. Hier, in einer stillen Villenstraße, hatte sich eine kirchliche Organisation niedergelassen. Sie nannte sich ›Seelen in Not‹ und ›Aktion der Nächstenhilfe‹. Leiter war ein Pater Josef Hall, ein noch junger Jesuitenpriester. Er war der Sohn eines Bruders von Julias Mutter und wunderte sich sehr, als Cousine Julia bleich und verstört zu ihm ins Zimmer geführt wurde.
    »Wie siehst du denn aus?« fragte er. »Mädchen, du bist ja völlig aufgelöst! Was ist denn geschehen?«
    Zunächst weinte Julia haltlos. Pater Hall ließ sie weinen. Tränen befreien, sie nehmen den Druck von der Seele. Dann, als Julia ruhiger wurde, beugte sich Pater Hall vor und nahm ihre kalten, blassen Hände zwischen seine Hände. Er brauchte nicht mehr zu fragen. Jeden Tag saßen verzweifelte Mädchen vor ihm auf diesem Stuhl, auf dem jetzt Julia hockte, ein kleines, hilfloses Bündel Mensch.
    »Du bekommst ein Kind?« fragte er gütig.
    Julia nickte stumm. In ihren Augen stand die ganze Ausweglosigkeit.
    »Ihr wollt doch heiraten. Oder will Ernst jetzt nicht mehr?«
    Das war die Frage, die Julia gefürchtet hatte. Die Frage, auf die die schreckliche Antwort kam.
    »Er weiß es nicht … noch nicht … keiner weiß es, außer Onkel Franz … und ich kann es auch keinem sagen … Du kennst doch Paps …«
    »Es geht in erster Linie deinen Bräutigam etwas an, Julia. Ihr seid alt genug, eine Familie zu gründen. Heiratet schnell!«
    Julias Kopf sank tief herab. »Ernst ist nicht der Vater des Kindes …«, sagte sie kaum hörbar. Aber Pater Hall verstand es trotzdem. Sein ebenmäßiges, in der Ruhe des Glaubens schönes Gesicht wurde sehr ernst.
    »Julia, wie war das möglich?« fragte er tief atmend. »Was ist zwischen Ernst und dir geschehen? Komm, sprich dich aus. Wer ist der andere Mann? Sag mir alles, Julia; wir sind ja dazu da, allen hilflosen Seelen zu helfen. Bei uns gibt es keine menschliche Not, die wir nicht verstehen könnten.«
    »Es ist so schrecklich.« Julia legte den Kopf auf den Tisch. »Es ist alles so gemein …«
    »Erzähl!« Pater Hall legte seine Hände auf Julias blondes Haar. »Es gibt immer einen Ausweg … und einen Umweg um die Hölle.«
    Und Julia erzählte alles. Schonungslos und mit fliegendem Atem. Es sprudelte aus ihr heraus wie eine Quelle, und als sie alles gesagt hatte, fühlte sie sich leicht und wie erlöst.
    Starr saß Pater Hall hinter seinem Tisch und sah über den Kopf Julias hinweg gegen die Wand. Dort hing ein hölzernes Kruzifix. Das Leidensgesicht Jesu blickte ihn an.
    »Das ist die Welt, die Gott uns durchwandern läßt, damit wir seinen Himmel lieben«, sagte er langsam. »Man soll nicht flüchten vor den Prüfungen, man soll sie durchkämpfen.«
    »Ich kann es nicht«, sagte Julia leise. »Ich habe nicht die Kraft dazu. Ich kann Ernst nicht die Wahrheit sagen.«
    »Dann werde ich es ihm sagen.« Pater Hall sah auf seinen Terminkalender. »Wir treffen uns übermorgen abend, ja? In der Stadt. Im Weinlokal unter dem

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