Schlüsselspiele für drei Paare
sicher fühlt, macht Fehler.«
»Das ist, als grabe man in einer Wüste, um einen verlorenen Ring zu finden.«
»Fast genauso. Suchen Sie unter Millionen einen Mann, den niemand kennt!«
»Und wenn wir diese Camargo wieder festnehmen?«
»Dann läßt Ostra sie fallen und verschwindet endgültig.«
»Und die schöne Rita beginnt zu singen.«
»Nie!« Bruckmayer schüttelte den Kopf. »Sie kennen dieses Mädchen nicht, Herr Ministerialdirigent. Was kann man ihr nachweisen? Schwere Kuppelei. Ein geschickter Anwalt holt ein paar Monate Gefängnis heraus. Rita sitzt sie lächelnd ab und fährt dann als freier Mensch wieder zurück nach Buenos Aires. Bei diesen Leuten spielen die verlorenen Monate keine Rolle. Rita Camargo ist sechsundzwanzig Jahre alt, hat noch viel vor im Leben und kann die Zeit im deutschen Gefängnis verschmerzen. Nein. Durch Druck auf Rita erfahren Sie nie, wer Ostra ist.«
Der Ministerialdirigent sah eine Weile stumm an die Decke. Dann klappte er die Akte zu und sah aus dem Fenster.
Über Bonn lag ein nebliger Tag. Vom Rhein her heulten die Nebelhörner der Schlepper und Lastkähne. Die Menschen auf der Straße hatten die Kragen hochgeschlagen und huschten wie graue Riesenmäuse dahin. Ein mieses Dezemberwetter. Schon längst sollte Schnee liegen, aber wer kennt sich heute noch aus beim Wetter?
»Ich kann Sie in München nicht entbehren, Bruckmayer«, sagte der Ministerialdirigent und wandte sich vom Fenster ab. »Gut, die Kriminalpolizei kümmert sich auch darum, dieser Kommissar Singert scheint ein forscher Bursche zu sein, der selbst vor großen Namen nicht haltmacht …«
»Wieso große Namen?« fragte Bruckmayer erschrocken.
»Er hat eine Haussuchung bei einem Direktor Volbert beantragt. Aber der Richter und auch der Oberstaatsanwalt haben gebremst. Beide kennen diesen Direktor Volbert als integre Persönlichkeit. Mitglied großer Vereine. Freund bekannter Parteigrößen. Nein, nein, Sie müssen wieder nach München, Bruckmayer. Da gehört ein Mann mit Fingerspitzengefühl hin und mit dem Spürsinn eines Fuchses.« Der Ministerialdirigent war vor Bruckmayer stehengeblieben. »Aber Sie sehen wirklich aus, als fühlten Sie sich nicht wohl.«
»Ich fühle mich miserabel«, sagte Bruckmayer.
Haussuchung bei Volbert, dachte er. Wie nahe ist Singert am Ziel. Ich muß nach München zurück, so schrecklich es ist. Nun geht es um mich selbst. Ist die Lawine noch aufzuhalten?
»Das Wetter«, sagte der Ministerialdirigent. »Es macht einen trübsinnig. Ist in München auch solch ein Sauwetter?«
»Genauso.«
»Gut, Bruckmayer. Spannen Sie diese Woche aus. Ich gebe Ihnen Urlaub bis Sonntag. Ruhen Sie sich aus. Wenn aus München etwas Besonderes eintrifft, lasse ich Sie rufen.«
Bruckmayer erhob sich schwer. Wie Blei lag es in seinem Körper. Das Schicksal ist gemein, dachte er. Zwanzig Jahre lang habe ich anständig gelebt und mich bemüht, ein guter Bürger zu sein. Drei Jahre nur habe ich die SS-Uniform getragen, ehrenhalber zum Obersturmführer befördert, und ich habe nichts getan als Bilder und Skulpturen aus den Museen geholt. Sicherstellung vor Zerstörung und Plünderei nannte man das damals. Heute weiß man, daß es der größte Kunstraub der Geschichte war. Und dafür gibt es keine Entschuldigung … auch keine zwanzig Jahre als guter Bürger. Ein Leben, verbeult wie ein Autowrack – aber noch sieht man es nicht, weil zuviel Farbe darüber gestrichen worden ist.
»Sie sind mein bester Mann in der z.b.V.-Abteilung«, sagte der Ministerialdirigent und klopfte Bruckmayer auf die Schulter. »Vielleicht hebt es Ihre Stimmung, wenn ich Ihnen verrate, daß Sie zum Geburtstag des Herrn Bundespräsidenten zum Oberrat vorgeschlagen sind.«
»Ich danke Ihnen, Herr Ministerialdirigent.« Bruckmayer straffte sich. Diese Mitteilung entschied plötzlich alles. Es war das Urteil der Vernichtung für Peter Ostra. »Ich fahre nach München zurück.«
»Am nächsten Sonntag.«
»Morgen schon.«
Der Ministerialdirigent nickte freundlich. »Ich wußte es, Bruckmayer. Ich habe mich noch nie in einem Menschen getäuscht.«
Wie betäubt, leicht taumelnd, verließ Bruckmayer das Ministerium.
Studienrat Bentrob war überrascht, als Ernst Fallers am Abend erschien und einen dunklen Anzug trug. Julia war bei ihm, ging aber sofort in ihr Zimmer, und Bentrob meinte gesehen zu haben, daß sie gerötete, verweinte Augen hatte.
»Sie wünschen?« fragte er abweisend. Er setzte seine Brille auf, was ihn
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