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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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Island, dem Blau der guten Zeiten, und er mußte an seine erste Frau Sarah denken, an Cap d’Antibes, die Isla Mujeres, Molokai. Damals waren sie viel gereist, durchaus auch abseits der ausgetretenen Touristenpfade. Seine Sehnsucht, alles zu sehen, war endlos: den Tadsch Mahal, die verschneiten Gipfel von Hokkaido, versonnen sich drehende Gebetsmühlen auf den kahlen Hängen oberhalb von Lhasa. Sie fuhren überallhin. Sahen alles. Doch auch das verlor seinen Reiz, so wie alles andere. Er verschwand einen Moment lang hinter den Bougainvilleenbüschen, um seine Blase zu entleeren – am Strand konnte man nirgendwo pissen, außer man tat es heimlich im flachen Wasser jenseits der Brecher, aber seit er vierzig war, hielt er es offenbar kaum eine Stunde lang aus, dann spürte er wieder diesen quälenden Druck im Unterleib. Und war das vielleicht cool? Nein, nichts davon war auch nur ansatzweise cool – das nannte man alt werden.
    Da war die verfärbte Stelle auf dem Garagenboden, wo Kims Wagen immer gestanden hatte, eine Art beständiger Schatten, aber er dachte nicht weiter darüber nach. Er beschloß, den Sportwagen zu nehmen – ein prima restaurierter Austin Healey 3000, den er einem Typ vom Film abgekauft hatte, der eine ganze Garage voll davon besaß –, weil er sich gut darin fühlte, und es war letztens eher die Ausnahme gewesen, sich gut zu fühlen. Das Verdeck war unten, deshalb nahm er sich die Zeit, eine Handvoll Sonnencreme auf der weichen Haut unter den Augen zu verschmieren – gab ja keinen Grund, am Ende so auszusehen wie eine dieser ausgewickelten Mumien, die in jedem Café und jeder Trattoria der Stadt vor ihren Weißweinen und Vorspeisen dösten. Dann rückte er die Sonnenbrille zurecht, drehte die Baseballkappe nach hinten und schoß mit einem wohlmodulierten Röhren die Straße hinunter.
    Er war fast am Strand angelangt – war bereits auf den palmengesäumten breiten Boulevard eingebogen, der parallel zum Wasser verlief –, da fielen ihm die drei Halbstarken vom Vortag ein. Und wenn sie heute wiederkamen? Und wenn sie längst da waren? Der Gedanke ließ ihn unverhältnismäßig heftig bremsen, und sofort sah sich irgendein Arschloch in seinem Geländewagen, Bodenplatte knapp drei Meter über Bodenhöhe, dazu veranlaßt, ihn anzuhupen – und ihm den Finger zu zeigen. Normalerweise hätte er daraufhin einen Anfall gekriegt – das kam noch aus New York, da ging’s um Territorialverteidigung und um Haltung –, aber er war dermaßen verstört, daß er einfach nur demütig rechts heranfuhr und das Arschloch vorbeiließ.
    Dann aber beschloß er, sich von niemandem von seinem eigenen Strand vertreiben zu lassen, schon gar nicht von irgendwelchen kleinen Punk-Hosenscheißern, die das eine Ende von Hip nicht vom anderen unterscheiden konnten. Er fand einen Parkplatz gleich gegenüber von den Stufen, die auf den Strand führten, und zerrte seine Sachen mit einer ungestümen, wütenden Armbewegung aus dem Kofferraum – wenn er rennen könnte, wenn er nur rennen könnte, er würde sie jagen, bis ihre stinkenden, zugekifften Lungen den Geist aufgaben, und wenn es Kilometer dauerte. Diese Wichser. Diese kleinen Wichser. Er atmete schwer und schwitzte unter dem Band an der Mütze.
    Dann war er auf den Betonstufen, der Pazifik breitete sich in einer endlosen Folge von Wellen vor ihm aus, in der Luft lag ein kühler, unergründlicher Duft, der Strand lag als weißer Bogen da, der Sand war in beiden Richtungen übersät mit Decken und Sonnenschirmen, so weit das Auge reichte. Etwas an diesem Anblick verbesserte jedesmal seine Laune, egal, wieviel Selbstmitleid er gerade empfand. Das war eine Sache, die er an Kim nie verstanden hatte: Kim mochte den Strand nicht. Zuviel Sonne. Schlecht für die Haut. Und dann der Sand – der Sand war auch nichts anderes als Dreck, und sie hatte immer gemeckert, wenn sie ein paar weiße Körnchen auf dem Teppich in der Eingangshalle fand. Aber es gefiel ihr, wenn er heiß und feurig zu ihr nach Hause zurückkehrte, weil er stundenlang Hunderten von Frauen dabei zugesehen hatte, wie sie sich bis auf die notdürftigsten Reste nackt auszogen und am ganzen Leib mit den süßesten Lotionen und Feuchtigkeitsspendern einrieben. Das gefiel ihr durchaus.
    Er war gerade auf der Treppe und betrachtete zwei Mädchen, die vor ihm gingen, als er das schrille, hektische Bellen des Hundes hörte. Da waren sie wieder, alle drei, mit ihren übergroßen Shorts und den Stoppelfrisuren, und sie

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