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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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– jederzeit, kein Problem.« Und dann blickte er auf und sah die Kellnerin – Elise – vorübergleiten wie eine Ballerina, genauso kam es ihm vor, wie eine Ballerina, die nackten Arme in die Höhe gehoben und das Tablett über ihrem Kopf schwebend. Er mußte jetzt nach Hause. Mußte etwas essen. Die Katze füttern. Vor dem Fernseher einkrachen. »Bloß nicht zwischen eins und vier – da bin ich unten am Strand.«
    Am nächsten Morgen sagte ihm seine trockene Kehle, daß er am Abend davor zuviel getrunken hatte – das und ein eigenartig schwummriges Gefühl in den Ohren, so als wäre sein Kopf ein Radio, das genau zwischen zwei Sendern eingestellt war –, deshalb nahm er zwei von den Tylenol-Codein-Tabletten, um sich den Übergang in den Tag zu erleichtern. Theoretisch arbeitete er an einem Drehbuch über die Abenteuer einer Rockband auf Tournee, erzählt aus der Perspektive des Hundes, der dem Schlagzeuger gehörte, aber dabei hatte er sich festgefahren, noch bevor Kim gegangen war, und jetzt hatte er nichts als einen Haufen Wörter auf dem Bildschirm. Er nahm sich die Zeitung und ein Glas Orangensaft hinaus auf die Terrasse, dann schwamm er ein paar Runden und fühlte sich gleich besser. Um elf kam das Hausmädchen und briet ihm Rührei und Chorizo, bevor sie sich mit Eimer, Scheuerlappen und Staubsauger an die Arbeit machte. Zwei Stunden später, er saß starr an seinem Schreibtisch und spielte seine achtzehnte Runde Computer-Solitaire, klopfte es an der Tür.
    Es war Orbalina, das Hausmädchen. »Mr.Banks«, sagte sie und steckte den Kopf ins Zimmer, »ich will Sie ja nicht stören, aber ich kann nicht, ich kann einfach nicht...« Er sah, daß sie weinte, ihr Gesicht war zerfurcht von der Geographie ihres Kummers, und Tränen näßten ihre Wangen. Das war nichts Neues – sie heulte ständig über dies und das –, da waren all die Tragödien, die ihre weitläufige Familie andauernd heimsuchten, oder mal war es die Art, wie ein Mann im Fernsehen so ausgesehen hatte, als wäre er mitten in ihrem Wohnzimmer zum Leben erwacht, mal war es die Hohlheit des Himmels über dem Friedhof von Culiacán, wo ihre Mutter unter einem Holzkreuz begraben lag. Kim hatte ihre Stimmungsschwankungen immer mit einer Mischung aus Mitgefühl und Entschiedenheit, die an Brutalität grenzte, behandelt; jetzt war das ihm überlassen. »Was ist denn?« fragte er. »Worum geht es?«
    Sie war jetzt im Zimmer, eine gedrungene Frau von Mitte Dreißig, der Großteil des Körpergewichts war ihr in die Hinterbacken gewandert. »Die Elefanten«, schluchzte sie.
    »Elefanten? Was für Elefanten?«
    »Wissen Sie, was die mit denen anstellen, mit den Elefanten?« Sie begrub das Gesicht in den Händen, dann sah sie ihn aus Augen an, die wie tiefe Seen aus Blut waren. »Wissen Sie’s?« fragte sie nach, und ihre Gestalt wurde von den Windstößen eines anhaltenden emotionalen Sturms geschüttelt.
    Er wußte es nicht. Sein Knie tat weh. Er hatte Kopfschmerzen. Und sein Drehbuch war Scheiße.
    »Sie prügeln sie. Mit großen, mit großen Stöcken !« Ihre Hände fuchtelten umher. »So groß! Oder so! Und wenn sie zu alt zum Arbeiten sind, wenn sie im Dschungel stürzen, mit diesen schweren Baumstämmen in ihren eingerollten Nasen, wissen Sie, was die dann mit ihnen machen? Sie schlagen sie noch mehr! Ja! Das tun die! Und ich weiß, was ich sage, weil ich es nämlich im, im...« Hier versagte ihre Stimme, bis die letzten Worte so leise und gedämpft herauskamen, als gehörten sie zu einem Gebet: »...im Fernsehen gesehen habe.«
    Er war jetzt auf den Beinen, der Bildschirm hinter ihm zeigte sieben ordentliche Reihen elektronischer Spielkarten, ein leise schmurgelnder Schmerz bemächtigte sich seines Knies, als wäre ein Nagetier unter der Kniescheibe gefangen und knabberte sich den Weg nach draußen frei. »Hör zu«, sagte er, »ist schon in Ordnung, mach dir keine Sorgen deswegen.« Er wollte sie in die Arme nehmen und an sich drücken, aber das konnte er nicht tun, weil sie das Hausmädchen und er der Arbeitgeber war, also humpelte er nur an ihr vorbei zur Tür und sagte: »Tja, ich geh dann mal an den Strand, okay? Und du putzt hier noch fertig, und dann nimmst du dir den Rest des Tages frei – und morgen, morgen auch.«
    Als er auf die Einfahrt hinaustrat, war der Morgendunst verflogen. Der Himmel war von einem klaren, unermeßlichen Blau, dem Blau der Abenteuer der Kindheit, von Picknicks, Ausflügen zum Bear Mountain und nach Catalina

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