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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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weiße Schokolade für Denise und einen Liter Black-Cat-Starkbier für mich. Dann wählte ich in der Telefonzelle vor dem Laden Sallys Nummer.
    Ein Mann nahm ab, ungeduldig, gehetzt. »Ja?«
    »Sally da?« fragte ich.
    »Wer ist da?«
    Ich probierte es aufs Geratewohl. »Chris Ryan. Aus ihrer Schule.«
    Statisches Rauschen. Dialog aus einem Fernseher. Sallys Name wurde gebrüllt, Schritte näherten sich, dann Sallys Stimme, nicht mehr weit: »Wer ist dran?« Und dann, in den Hörer: »Hallo?«
    »Sally?« sagte ich.
    »Ja?« Es lag Hoffnung in dieser Stimme, Bereitschaft. Sie wollte von mir hören – oder von irgendwem. Das war nicht die Stimme eines Mädchens, das etwas verbarg. Sie klang offen, aufgeschlossen, freundlich. Ich fühlte mich auf einmal überschwenglich und auch verwandt mit ihr, ich spürte, daß alles gut werden würde, nicht nur für mich, auch für Sally.
    »Du kennst mich nicht«, sagte ich rasch, »aber ich bewundere dich. Ich meine deinen Mut. Ich bewundere wirklich, was du tust.«
    »Wer ist da?«
    »Chris«, sagte ich. »Chris Ryan. Ich hab dich gestern gesehen, bei der Klinik, und ich bewundere dich wirklich, aber ich wollte nur fragen, ob du, äh, ob du irgendwas brauchst.«
    Ihre Stimme spannte sich, dünn wie Draht. »Wovon redest du?«
    »Sally«, sagte ich, und weder wußte ich, was ich da tat, noch was ich fühlte, aber ich konnte nicht anders. »Sally, darf ich dich was fragen? Bist du schwanger oder wolltest du...?«
    Klick. Sie hatte einfach aufgelegt. Einfach so.
    Ich war völlig durchgefroren, als ich endlich mit den Erdnüssen und der weißen Schokolade zurückkam. Das Bier hatte ich schon auf dem Weg ausgetrunken und die leere Flasche unter eine künstlich wirkende niedrige Fichte auf Nachbars Rasen gepfeffert. Ich hatte es noch zweimal bei Sally versucht, nach einer Pause von fünfzehn, zwanzig Minuten, aber beim erstenmal ging ihr Vater dran, und als ich später nochmals anrief, läutete das Telefon nur und läutete immer weiter.
    Eine Woche verging. Ich schrubbte Reagenzgläser und Petrischalen, die stark nach dem Urin fremder Frauen rochen, und erfuhr, daß Fred für Afroamerikaner, Mexikaner, Haitianer, Kubaner, Polen sowie für Angehörige des Hmong-Stammes nicht viel übrig hatte. Ich versuchte es noch dreimal mit Sallys Nummer, wurde aber jedesmal zurückgewiesen – tatsächlich sogar bedroht –, und langsam kapierte ich, daß ich eventuell ein bißchen neben der Spur gewesen war. Sally brauchte mich nicht – sie hatte Vater und Mutter und vielleicht noch einen schlaksigen, großfüßigen schwadronierenden Bruder obendrein –, und jedesmal, wenn ich durch die Jalousien des hinteren Zimmers spähte, sah ich ein anderes Mädchen, das genauso war wie sie. Trotzdem fühlte ich mich wie auf Kohlen und irgendwie genervt, trotz allem, was Denise und Philip und meine Neffen für mich taten, und ich brauchte dringend Konzentration, einen Plan, irgend etwas, um wieder ein gutes Gefühl zu mir zu bekommen. Vor dieser Phase hatten sie uns in der Reha gewarnt, und ich wußte, daß es die schwierigste war – die Zeit, in der die Rückfalltäter dann ihre alten Kumpels aufsuchen und an den Straßenecken herumhängen. Aber ich hatte keine alten Kumpels, nicht in Detroit jedenfalls, und die Straßenecke war etwa so reizvoll wie die Eiskappe des Nordpols. Am Samstag abend ging ich in eine Bar, die so aussah, als hätte man sie für irgendein Museum unter Plexiglas konserviert, kam mit zwei Mädchen ins Gespräch, trank zuviel und wachte am nächsten Morgen mit einem Kater auf.
    Dann war wieder Montag, ich saß mit meinem Bruder und meinen beiden Neffen am Frühstückstisch, und es regnete schon wieder. Eisregen, um genau zu sein. Ich wollte zurück in mein Bett. Eine Zeitlang spielte ich mit dem Gedanken, Philip zu sagen, daß ich krank sei, aber vermutlich hätte er darauf bestanden, mir persönlich des Rektalthermometer einzuführen. Er saß mir gegenüber, mampfte ausdruckslos seine Kleieflocken mit Sonnenblumenkernen, die Zeitung vor sich ausgebreitet. Denise hantierte geschäftig in der Küche, kochte Kaffee und schob Sachen in die Mikrowelle, während die Jungs und ich uns Waffeln mit Butter und Marmelade bestrichen. »Hört mal«, sagte ich und sprach über den Krug mit reinem Qualitäts-Ahornsirup zu meinen Neffen, »wißt ihr, wieso die Kalifornier den Typen aus dem Mittelwesten beim Baseball einfach immer überlegen sind?«
    Josh sah von seiner Waffel auf. Jeff steckte noch

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