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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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Strand aufgewischt hätte, das hätte er. Erschrockene Mienen starrten aus den Liegestühlen rings um den Pool zu ihm auf, Dienstmädchen in blaßgrünen Uniformen preßten sich gegen die Wand. Dann war er draußen in der grellen Mittagssonne, durchkämmte die Palmstrohdächer am Strand, Hunderte dieser palapas standen dort, und praktisch unter jeder einzelnen rekelte sich ein sonnenverbrannter Tourist. Bald hatte er auch einen Sonnenbrand, der Schweiß rann ihm in Strömen, und er atmete schwer, deshalb riß er sich das Hemd herunter, warf sich in die Wellen und watete triefnaß zur nächsten freien palapa , wo er ein mageres kleines Mädchen losschickte, um ihm ein pissewarmes Bier zu besorgen.
    Mehrere pissewarme Biere später fühlte er sich allmählich wieder wie er selbst – was tat es schon, daß er sein Hemd irgendwo in der Brandung verloren hatte? Er war in Mexiko, er war angetütert, und er würde Gina finden und es bei ihr wiedergutmachen, sie zum Abendessen ausführen, ein Taxi nehmen – ach was, eine ganze Taxiflotte – und ihr so viel Steak und Hummer bestellen, wie sie verspeisen konnte. Er trank einen Tequila mit Limonenspalten und ein paar richtige, kalte Biere an einer Touristenbar, und als die Schatten langsam länger wurden, beschloß er, weiter oben am Strand nachzusehen, ob sie vielleicht eines der Wassertaxis nach Puerto Angelito oder Carizalillo genommen hatte und jetzt erst zurückkam.
    Die Sonne baumelte knapp über dem Horizont von einer Schnur, rosa und gespenstisch, und die Touristen packten geschäftig Sonnenöl, Handtücher und Taschenbücher ein, während das dunkle Volk – die Leute, die das ganze Jahr hindurch hier lebten und nicht wußten, was Urlaub war – allmählich samt Kindern und Hunden aus den Bäumen hervorhuschte, um sein Territorium zurückzuerobern. Er ging immer weiter, konzentrierte sich darauf, wie seine Zehen den Sand packten und wieder freiließen, und er war schon fast bei den Fischerbooten, als er merkte, daß er seine Sonnenbrille irgendwo liegengelassen hatte. Egal. Er blieb nicht einmal stehen. Sie bedeutete ihm nichts, nur ein weiteres Objekt, ein Ding mehr, das er abwerfen konnte wie eine nutzlose Haut, wie Aprils Schreibtisch und ihre Kleider und die Strohkörbe und Töpferwaren, mit denen sie die Wohnung geschmückt hatte. Außerdem blendeten die Reflexe auf dem Wasser jetzt kaum noch, und diese Leute, diese kupferbraunen grimassierenden kleinen Indios, die überall am Strand wie die Pilze hervorschossen, sobald die Sonne Feierabend machte, die sollten ihn ruhig sehen, mit seinem flammendroten Bauch, dem verschorften Unterkiefer und dem zugeschwollenen Auge, denn das hatten ihm ihre kriminellen Elemente angetan, und den Beweis dafür trug er wie ein Abzeichen. »Scheiß auf euch«, murmelte er halblaut vor sich hin. »Scheiß auf euch alle!«
    Irgendwann blickte Lester auf, um sich zu orientieren, und stellte fest, daß er genau gegenüber von dem Restaurant vom vorigen Abend stand. Da lag es, geduckt unter den Bäumen, seine Lichter spiegelten sich im Wasser der Lagune. Ein warmer Schein erhellte den Raum, den er verschwommen hinter den Fenstern wahrnahm, ein paar Gestalten, Bewegung: Cocktailstunde. Er hatte die plötzliche Ahnung, daß Gina da drin war, den dunklen Schopf über einen Tisch weiter hinten gesenkt, es war eine alkoholgeschwängerte Ahnung, die keinerlei Wert besaß, aber er ging ihr dennoch nach, schlurfte in Sandalen und Shorts quer durch die stinkende Lagune, stieg die drei Stufen vom Strand hinauf und ging über die quietschenden Dielen auf die Bar zu.
    Es war nicht Gina, die an dem Tisch saß, sondern eine einheimische Frau, zweifellos die Besitzerin, da sie Ziffern in ein Kassenbuch eintrug; als er das Restaurant betrat, hob sie den Kopf, sah aber mitten durch ihn hindurch. An der Bar standen drei Männer, irgendwelche Polizisten in schwarzen Hemden und Hosen, einer davon trug eine dunkle Sonnenbrille, obwohl es um diese Zeit keinen vernünftigen Grund dafür gab. Sie beachteten ihn nicht und palaverten zigarettenrauchend leise weiter. Ein Zwei-Liter-Plastikgefäß voll Tequila stand vor ihnen auf dem Tresen, zwischen mehreren benutzten Tellern und drei halbvollen Wassergläsern mit der silbrigen Flüssigkeit. Lester wandte sich an den Barkeeper. »Margarita on the rocks«, sagte er. » Con Eis.«
    Er nahm einen Schluck und war nun gründlich betrunken, aber betrunken aus gutem Grund. Aus zwei Gründen. Oder drei. Einmal galt es

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