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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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über ihm, verdunkelte die Sterne. Er konnte ihr Gesicht nicht erkennen. »Bist du sicher, daß du in Ordnung bist?«
    Aus weiter, flimmernder Ferne hörte er sich sagen: »Ja, alles klar mit mir.«
    Ihre Stimme war drängend, die Stimme einer Vertrauten, einer Partnerin, einer Geliebten. »Komm jetzt, Les, steh auf. Du kannst nicht hierbleiben. Es ist nicht sicher.«
    »Okay«, sagte er. »Klar doch. Laß mir nur eine Minute.«
    Dann war es auf einmal hell, ein brennendheißes, grelles Licht loderte in den Schlitzen der Jalousie, er erwachte und fand sich in seinem Bett wieder – seinem mexikanischen Bett, in seinem mexikanischen Hotel, in Mexiko. Allein. Das heißt, ohne Gina. Als erstes blickte er auf die Uhr. Das Ding umklammerte sein Gelenk wie eine Handschelle, trennte den nackten Unterarm von der wulstigen bleichen Hand ab und zeigte teilnahmslos die Zeit an: 14.32. Na schön. Er wuchtete sich in sitzende Position, leerte die Plastikflasche mit Wasser, die er auf dem Nachttisch hinter dem Tequila entdeckte, und nahm sich einen Moment, um die Lage zu überdenken.
    Er spürte einen undeutlich rumorenden Schmerz in den Rippen, wo sich, wie ihm langsam bewußt wurde, in den frühen Morgenstunden der vergangenen Nacht zwei Paar spitze Stiefel mehrmals hineingebohrt hatten, aber das war noch gar nichts gegen sein Gesicht. Dort tat es ihm überall weh, von der Stirn bis zum Kinn. Er griff sich an die Backe, spürte dort eine höchst empfindliche Stelle, und bewegte dann den Unterkiefer, bis der Schmerz unerträglich wurde. Sein rechtes Auge war zugeschwollen, ihm brummte der Schädel, und eine vage Übelkeit kroch ihm die Kehle hinauf. Zu alledem fehlte ihm die Brieftasche.
    Also mußte er wohl anrufen und seine Kreditkarten sperren lassen, wirklich, ein Blödmann war er und ein Idiot, und er verfluchte sich mehrmals dafür, aber es war ja nicht das Ende der Welt – er hatte immer noch zehn knisternd frische Hunderter in seiner Reisetasche versteckt, genauer gesagt im Waschbeutel, wo niemand danach suchen würde. Es könnte schlimmer sein, dachte er, aber viel weiter kam er nicht. Wie hatte er sich nach dieser Nacht hierhergeschleppt? Oder hatte etwa Gina ihn geschleppt? Allein der Gedanke trieb ihm die Schamröte ins Gesicht.
    Er duschte, setzte eine blitzende Spiegelsonnenbrille auf, um die Entwürdigung seines Auges zu maskieren, und humpelte ins Restaurant hinunter. Sie war nicht da, und das war einstweilen auch ganz in Ordnung so – er brauchte etwas Zeit, um sich zusammenzureißen, bevor er ihr gegenübertreten konnte. Immerhin war die Kellnerin da, aufmerksam für seine Wünsche, wie gewohnt. Sie trug wieder ein knöchellanges Bauernkleid, diesmal in einem kaum wahrnehmbaren Hellblau. Sie lächelte und trällerte, und er bestellte sich zwei große Smirnoff-mit- naranja und ein Soda Cluub , dazu drei Spiegeleier mit Tortillas und einer feurigen Chilisauce, die ihm die Atemwege freiblies, keine Frage. Er aß und trank begierig, und als er den Blick auf das Meer hob, das sich hinter der Veranda erstreckte, sah er nichts als eine Wüste aus Wasser. Er bestellte sich einen dritten Cocktail fürs Gleichgewicht, dann ging er zur Rezeption hinüber und fragte das Mädchen dort, ob sie ihm sagen könnte, in welchem Zimmer Gina wohnte.
    »Gina?« echote sie und sah ihn ausdruckslos an. »Wie lautet der Familienname, bitte?«
    Er hatte keine Ahnung. Sie hatte ihn genannt, aber er war verschollen, ausgelöscht von Wodka, Tequila und einem halben Dutzend Tritte gegen den Kopf. Das einzige, was ihm einfiel, war ihr Künstlername: »Die Gepardin«, sagte er. »Gina die Gepardin.«
    Die Frau hatte das Haar zu einem Knoten geschlungen, die Bluse bis zum Hals zugeknöpft. Sie musterte ihn lange. »Tut mir leid«, sagte sie dann. »Ich kann Ihnen nicht helfen.«
    »Gina«, wiederholte er, und seine Stimme überschlug sich ein wenig. »Wie viele Ginas können Sie denn hier im Hotel haben, verdammt noch mal!«
    Als sie diesmal antwortete, sagte sie etwas auf spanisch, dann wandte sie sich ab.
    Er begann das Hotel methodisch zu durchsuchen, vom Pool zur Bar und wieder zurück, und verspürte dabei jähe Verzweiflung. Er mußte Gina den vergangenen Abend erklären, sich darüber hinwegwitzeln, rationalisieren, eine Entschuldigung finden, Scheiße in Gold verwandeln; sie mußte begreifen, daß er betrunken und sein Urteilsvermögen eingeschränkt gewesen war und daß er unter andersgearteten Umständen mit diesen Drecksäcken den

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