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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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er sich wieder unschlagbar. Es war Viertel nach elf, und der eilfertige Kellner wollte allmählich nach Hause. Lester auch – er wollte Gina auf sein Zimmer abschleppen und alles entdecken, was es an ihr zu entdecken gab. Unvermittelt wuchtete er sich in den Stand und warf eine Handvoll Geldscheine auf den Tisch. »Wollen wir gehen?« stieß er hervor, und die Worte klebten ihm am Gaumen.
    Sie erhob sich schwankend von ihrem Stuhl und hielt sich an ihm fest, während sie den Riemen ihres rechten Stöckelschuhs justierte. »Meinst du nicht, wir sollten lieber ein Taxi nehmen?« fragte sie.
    »Ein Taxi? Aber wir wohnen doch gleich dahinten über den Strand.«
    Sie starrte zu ihm auf, klein wie ein Kind, den Kopf in den Nacken geworfen, um seine Massigkeit in voller Größe aufnehmen zu können. »Hast du denn nicht dieses Schild in deinem Zimmer gelesen – auf der Badezimmertür? Ich meine, es klingt beinahe wie ein Scherz, so wie sie es formulieren, aber trotzdem...«
    »Schild? Was für ein Schild?«
    Sie wühlte in ihrer Handtasche, bis sie einen gefalteten Zettel hervorzauberte. »Hier«, sagte sie. »Ich hab’s mir sogar aufgeschrieben, weil es so skurril klingt: ›Die Hotelverwaltung bedauert, Ihnen mitteilen zu müssen, daß der Strandbereich nach Einbruch der Dunkelheit wegen gewisser krimineller Elemente nicht sicher ist, welche die lokalen Behörden bedauerlicherweise nicht zu beherrschen imstande sind, und legt daher allen Gästen nahe, ein Taxi zu benutzen, um abends aus dem Ort ins Hotel heimzukehren.‹«
    »Machst du Witze? Kriminelle Elemente? Das hier ist ein verschlafenes kleines Kaff mitten im Nirgendwo – wenn die kriminelle Elemente sehen wollen, sollten sie’s mal im Tenderloin District von San Francisco probieren. Und außerdem, außerdem« – hier verlor er den Faden –, »außerdem...«
    »Ja?«
    »Außerdem gibt’s im ganzen Land keinen Menschen, der größer als eins sechzig ist, soweit ich gesehen hab.« Er lachte. Er konnte nichts dagegen tun. »Kriminelle Elemente!« Er schüttelte immer noch den Kopf, während sie in die Nacht hinaustraten.
    Man könnte es Hybris nennen.
    Sie waren keine zweihundert Meter weit gekommen, die Nacht wurde immer finsterer, in den Hügeln heulten die Hunde, und jeder Stern folgte brav seiner Bahn, als sie überfallen wurden. Es war überhaupt nicht so, wie sich Lester das öfter vorstellte, wenn er nach Hause wankte, nachdem die Kneipen auf der 24th Street zugemacht hatten, und halb darauf hoffte, irgendein armes Schwein ginge auf ihn los, so daß er es kaputtschlagen konnte. Es lief ohne Worte, ohne Vorwarnung ab, kein: »Her mit der Brieftasche!« oder: »Ich hab ’ne Knarre«, oder: »Das ist ein Überfall!« Eben noch stapfte er besoffen durch den Sand, den Arm hoffnungsfroh um Ginas Schultern geschlungen, kurz darauf lag er auf dem Boden, und zwei Stiefelpaare traten methodisch auf sein Gesicht und seine Rippen ein, während rings um ihn wilde flatternde Aktivität losbrach, als flöge ein ganzer Vogelschwarm in Panik auf. Er hörte Stöhnen und Fluchen, das unverkennbare Knacken von Knochen oder Knorpel, und es war Gina, Gina die Gepardin, die da mit beiden Fäusten auf die Schatten eindrosch, während er mühsam aus dem Sand hochkam und die Stiefel unvermittelt mit dem Treten aufhörten und davonhasteten.
    »Alles in Ordnung?« fragte sie, und er spürte ihren harten, ruhigen Atem durch die hämmernden Wellen.
    Er fluchte in die Nacht hinein – »Ihr Dreckschweine! Arschlöcher! Ich bring euch um!« –, doch es war alles nur Protzerei, und das wußte er. Schlimmer noch: sie wußte es auch.
    »Ja«, sagte er schließlich, und seine Brust hob sich heftig, Schnaps und Adrenalin pulsierten in seinen Schläfen, bis sich die Blutgefäße dort anfühlten wie dicke grüne Gartenschläuche, die seinen Kopf zu beiden Seiten einspannten. »Ja, alles in Ordnung... Vielleicht hab ich ein paar Tritte ins Gesicht abgekriegt... Und ich glaube – ich glaube, sie haben meine Brieftasche...«
    »Aha«, sagte sie, und ihre Stimme klang seltsam gefaßt, »bist du sicher?« Und dann kniete sie auf der Erde, tastete mit gespreizten Fingern im Sand herum.
    Er gesellte sich dazu, war froh, auf Händen und Knien zu sein und sich nicht mehr aufrecht halten zu müssen. Seine Brieftasche? Die war ihm im Augenblick scheißegal. Der Sand war kühl, und das stete Donnern der Wellen übermittelte sich ihm auf höchst unmittelbare, spürbare Weise.
    »Les?« Sie stand jetzt

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