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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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mitten im Gespräch gewesen und der Mann mit dem Insektengesicht existierte gar nicht, »wegen gestern abend, also, du wirst das gar nicht glauben, aber es war...«
    Und dann stockte er. Ginas Mund stand weit offen – und es war ein Mund, der jeden Schlag einstecken konnte, ein Mund, der den Geschmack von Leder und die Wucht eines Schwingers aus dem Nirgendwo kannte. »Um Himmels willen, Les«, sagte sie. »Was ist denn mit dir passiert? Du bist ja gräßlich zugerichtet. Hast du mal in den Spiegel geschaut?«
    Er sah, wie sie einen Blick mit ihrem Gegenüber wechselte, und dann redete er einfach weiter; versuchte es loszuwerden, letzte Nacht, wie sie ihn überwältigt hatten, aber es waren keine gewöhnlichen Strandräuber, das hatten Polizisten getan, zum Donnerwetter, und wie sollte irgendwer erwarten, daß er sie vor denen schützen konnte?
    »Les«, unterbrach sie ihn. »Les, ich glaube, du hast zuviel getrunken.«
    »Ich versuche dir hier etwas mitzuteilen«, sagte er, und seine eigene Stimme klang für ihn jetzt seltsam, fern und weinerlich, die Stimme eines Verlierers, eines Fettsacks, eines Typen, der falsche Annahmen und noch falschere Entscheidungen trifft.
    Da schaltete sich der rothaarige Mann ein, dessen Augen kurz aufzuckten. »Wer ist dieser Penner eigentlich?«
    Gina – Gina die Gepardin – warf ihm einen Blick zu wie ein linker Haken. »Halt den Mund, Drew«, sagte sie. Und dann, indem sie sich wieder an Lester wandte: »Les, das ist Drew.« Sie bemühte sich, ein wenig Frohsinn in ihre Stimme zu injizieren, aber er spürte schon, daß es ihr nicht allzugut gelang. »Drew wollte wissen, wo man hier in der Gegend ein gutes Steak kriegt.«
    Drew lümmelte sich in seinem Stuhl. Er hatte nichts zu sagen. Lester sah von Gina zu Drew und wieder zu Gina. Er war ziemlich hinüber, das war ihm klar, aber dennoch, sogar durch seinen Tran, bemerkte er in diesen beiden Mienen allmählich etwas, das ihn aussperrte, das ihm die Tür ins Gesicht knallte und den Schlüssel herumdrehte.
    Er hatte kein Recht auf Gina, auf diesen Tisch und auch nicht auf das Hotel. Er würde es nicht mal bis ans Ende der ersten Runde schaffen.
    Ginas Stimme erreichte ihn wie aus weiter Ferne – »Les, wirklich, vielleicht solltest du dich mal eine Zeitlang hinlegen« –, und dann war er auf den Beinen. Er sagte weder »Ja« noch »Nein«, nicht einmal »Bis später dann« – er kehrte dem Tisch einfach den Rücken, ging im Zickzack durch den Speisesaal, trottete die Treppe hinab und zurück in die Nacht hinaus.
    Es war jetzt vollkommen dunkel, pechschwarz, und die Schatten sammelten sich unter den Skeletten der Bäume. Er dachte nicht über Gina und Drew nach, auch nicht über April und den Jungen in dem Kombiwagen. Es gab keine Gerechtigkeit, keine Rache, kein Verständnis – es gab nur das hier, nur den Strand und die Nacht und die kriminellen Elemente. Und als er an die Stelle bei der Lagune kam und der Gestank nach Verwesung ihm in die Nase stieg, ging er geradewegs auf die dunkelste Stelle der Schatten und das leise Gemurmel dort zu. »Ihr da!« brüllte er, und die Luft tobte in seinen Lungen. »He, ihr da!«

Die Liebe meines Lebens
    Sie zogen einander an wie zusammenpassende Socken. Er war bei ihr zu Hause und sie bei ihm. Wohin sie auch gingen – ins Einkaufszentrum, ins Stadion, ins Kino, in die Läden und die Vorlesungen, die ihre Tage strukturierten wie eine neue Zeitrechnung –, waren ihre Finger ineinander verschlungen, ihre Schultern berührten sich, und ihre Hüften schwangen gemeinsam im langsamen, triumphalen Tanz der Liebe. Er fuhr ihren Wagen, im Haus ihrer Eltern schlief er auf der Couch im Wohnzimmer, mit ihrem Vater spielte er Tennis, und mit ihm sah er sich auf dem großen Farbfernseher in der Küche die Footballspiele an. Sie ging mit seiner und ihrer Mutter gemeinsam einkaufen, ein Triumvirat der Geschmäcker, und sie hätte auch Tennis mit seinem Vater gespielt, wenn das möglich gewesen wäre, aber sein Vater war tot. »Ich liebe dich«, sagte er zu ihr, weil er es tat, weil es kein Gefühl wie dieses gab, keinen Triumph, keine Hochstimmung – es war wie unsterblich und unbesiegbar zu sein, wie frei zu schweben. Und hundertmal am Tag sagte auch sie es zu ihm. »Ich liebe dich. Ich liebe dich.«
    Eines Nachts waren sie zusammen in seinem Haus, als der Regen auf den Straßen gefror und alle Bäume mit Glas umhüllte. Es war ihre Idee, einen Spaziergang zu unternehmen und es in den Haaren und auf den

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