Schluß mit cool (German Edition)
Cocktails?« Wieder lachte sie – vielmehr war es ein Kichern. »Hey, ich bin heute volljährig geworden, wußtest du das? Und meine Oma hat mir das Versprechen abgenommen, darauf einen Sloe Gin Fizz zu trinken, damit sie im Geiste mit dabeisein kann – sie ist nämlich letzten Winter verstorben –, aber ich denke, zum Essen nehmen wir dann eine Flasche Weißwein oder so. Das ist übrigens meine Schwester, mit der ich da bin, sie führt mich zu meinem Geburtstag aus, zusammen mit Gina – die wohnt mit mir in diesem Haus. Aber das weißt du ja wahrscheinlich, stimmt’s?«
Ich sah blitzschnell nach links und dann nach rechts, die Theke entlang in beide Richtungen. Alle Drinks waren frisch, und niemand achtete auch nur im geringsten auf uns. »Wie meinst du das?«
Ihre Brauen hoben sich, seidige dichte Augenbrauen wie zwei Streifen Nerzpelz, die an ihrer Stirn klebten, und auch ihr Haar war wie ein exotischer Pelz, buschig und schimmernd und dunkel. »Du hast die Website noch gar nicht angesehen?«
»Nein«, log ich.
»Solltest du aber«, sagte sie. In der Luft lag ein Gemenge von Düften – ein Pärchen am Ende der Theke teilte sich den warmen Spinatsalat mit Muscheln, da war das süß-rauchige Aroma des irischen Whiskeys, den ich aus einer Tasse trank, Samanthas Parfum (oder war es Megans?), und aus der Küche wehte eine Mischung aus Koteletts vom Holzkohlengrill, geschmortem Fisch und den berühmten Saucen von Peter Oxendine herüber. »Na gut«, sagte sie, schüttelte ihr Haar mit einer Kopfbewegung zurecht und ließ rasch den Blick durch den Raum schweifen, bevor sie sich wieder mir zuwandte. »Na gut, also – ich wollte mich eigentlich nur bedanken.« Sie zuckte die Achseln. »Dann geh ich mal wieder zu den anderen zurück.«
»Tu das«, sagte ich. »War nett, dich wiederzusehen. Und ach so: gratuliere zum Geburtstag.«
Sie hatte sich schon von der Bar weggedreht, die Ohrringe schaukelten, ihr Gesicht war ruhig und gefaßt, doch sie hielt noch einmal inne und warf mir ein Lächeln über die Schulter zu, erst dann durchquerte sie den Saal und trat hinaus auf die Terrasse, wo es bereits dunkel wurde.
Und das wär’s gewesen, jedenfalls bis ich wieder zu Hause gewesen wäre und ihr hätte zusehen können, wie sie sich aus diesem Abendkleid schälte, die Zehennägel lackierte, mit Kuchen vollstopfte oder was immer sie in der Schein-Privatsphäre ihres Zimmers tun würde, aber ich konnte es nicht lassen und schickte ihnen auch noch ein Dessert an den Tisch, eine wahrhaft exzellente Himbeer-Kiwi-Torte, die Stefania am Nachmittag gezaubert hatte. Damit waren sie nun tief in meiner Schuld, und nach der Torte kamen die drei an die Bar, um mich anzustrahlen und es sich für Kaffee und einen Drink nach dem Essen gemütlich zu machen. »Bist du heute wirklich einundzwanzig geworden?« fragte ich Samantha und grinste sie an, bis meine Zahnwurzeln zu sehen waren. »Ich muß mir also nicht deinen Ausweis zeigen lassen?«
Ich betrachtete ihr Haar, das ihr um die Schultern wirbelte, als sie sich am Tresen abstützte und nach unten griff, um die Stöckelschuhe abzustreifen, und dann wühlte sie in ihrer Handtasche, bis sie ihren Führerschein gefunden hatte, den sie mir stolz präsentierte. Ich nahm ihn entgegen und hielt ihn ins Licht – da war sie, breit grinsend in der rechten unteren Ecke, das Geburtsdatum deutlich ausgewiesen, und auch ihr Name, Jennifer B. Knickish, prangte dort in fetten Blockbuchstaben. »Jennifer?« fragte ich.
Stirnrunzelnd nahm sie den Führerschein zurück, ihre Augenbrauen schlossen die Ränge. »Alle nennen mich Samantha«, sagte sie. »Wirklich.« Und zu ihren Begleiterinnen: »Stimmt’s, Leute?« Ich sah sie mit den schimmernden Köpfen nicken. Die ältere, ihre Schwester, kicherte. »Und außerdem will ich natürlich nicht, daß einer dieser Wichser meinen richtigen Namen kennt – nicht mal meinen Vornamen –, verstehst du, was ich meine?«
O ja, das tat ich. Und ich grinste und scherzte und rief ein Reservoir an Charme auf, das ich seit Jahren nicht mehr genutzt hatte, und die Drinks gingen den ganzen Abend auf mich. Schließlich war es Samanthas Geburtstag, oder? Noch dazu ihr einundzwanzigster – wohl der wichtigste Initiationsritus von allen. Ich schenkte ihnen Grand Marnier und Rémy Martin nach, bis die letzten Gäste gingen, die Kellner und Küchenjungen zur Hintertür verschwanden und das Licht langsam ausgeknipst wurde.
Ich erwachte mit Kopfschmerzen. Runde für
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