Schluß mit cool (German Edition)
die Gaben, die sich da vor ihnen ausbreiteten. Fetzen gedämpfter Unterhaltung drangen von der Terrasse herein. Klaviermusik aus der Konserve – irgend etwas sehr Bekanntes – klimperte aus den Lautsprechern. Alles war gut, und ich goß mir einen kleinen irischen Whiskey ein, um meine Verspannungen in Nacken und Schultergürtel ein wenig zu lockern.
In diesem Moment spazierte Samantha herein.
Sie kam mit zwei anderen Frauen – Gina erkannte ich; die andere, großgewachsen, sportlich, mit einem nervösen Augenzwinkern, das die Bar und alles übrige für sie in eine Serie von Schnappschüssen verwandeln mußte, war mir fremd. Alle drei trugen enganliegende knöchellange Kleider, die ihre Schultern freiließen, und als sie sich nach einem Tisch erkundigten, sah ich Schmuck an ihrem Hals und an ihren Ohrläppchen aufblitzen. Mein Mund wurde ganz trocken. Ich hatte das Gefühl, bei einer verzweifelten Tat, bei etwas zutiefst Heimlichem und Erniedrigendem erwischt worden zu sein, obwohl sie drüben auf der anderen Seite des Raums waren und Samantha noch nicht mal in meine Richtung gesehen hatte. Ich hantierte mit dem Korkenzieher und versuchte, nicht hinzustarren, und dann führte Frankie, die Empfangschefin, sie an einen Tisch draußen auf der Terrasse.
Mir wurde bewußt, daß ich schwer atmete und daß mein Puls wie eine Rakete hochgegangen war, und weswegen? Wahrscheinlich würde sie mich überhaupt nicht wiedererkennen. Wir hatten zwanzig Minuten zusammengesessen und ein Bier getrunken. Ich war alt genug, um ihr – ihr was? Ihr Onkel zu sein. Ich mußte mich zusammenreißen. Schließlich betrachtete nicht sie mich durch eine versteckte Kamera. »Hart? Hart, alles klar?« rief eine Stimme, und ich sah Megan, die Cocktailkellnerin, ein paar Tische weiter stehen. Sie wollte eine Bestellung für Drinks an mich loswerden.
»Klar doch«, sagte ich, nahm die Order auf und begann mit dem Mixen. »Übrigens«, sagte ich, so locker ich konnte, »weißt du, dieser Dreiertisch – die Frauen, die eben reingekommen sind. Sag mir, wenn du ihre Bestellung hast, okay? Ihre Drinks gehen auf mich.«
Wie sich herausstellte, wollten sie keine dieser süßlichen Rum-Cocktails, die mit Obst und einer kleinen orangefarbenen Kapuzinerkresseblüte dekoriert sind, auch keine unserer sechs bis acht verschiedenen Margaritas oder den offenen Haus-Chardonnay. »Ich hab mir ihre Ausweise zeigen lassen«, sagte Megan, »und sie sind alle volljährig, aber weißt du, was sie haben wollen? Dreimal Sloe Gin Fizz. Haben wir denn überhaupt Schlehengin da?«
In den acht Jahren, die ich schon im El Encanto war, hatte ich wahrscheinlich nicht mehr als drei- oder viermal einen Sloe Gin Fizz gemixt, und dann immer nur für Leute, die sich bestimmt noch lebhaft an die Präsidentschaft von Eisenhower erinnerten. Aber wir hatten noch eine übriggebliebene Flasche Schlehengin in der hinteren Kammer, eingezwängt zwischen dem Pfefferminzschnaps und dem Benediktinerlikör, also machte ich ihnen ihre Drinks. Frankie hatte sie um die Ecke der Terrasse plaziert, deshalb sah ich nicht, wie sie ihnen schmeckten, aber dann überstürzten sich die Bestellungen, und ich war nur noch am Einschenken und Mixen und vergaß die Sache. Als ich das nächstemal aufsah, kam Samantha durch den Raum auf mich zu, ihre Augenbrauen tanzten bereis über einem beginnenden Lächeln. Ich sah, daß sie ein wenig Schwierigkeiten hatte mit ihren Stöckelschuhen und dem engen Kleid – wahrscheinlich nannte man so etwas Abendkleid –, und ich dachte unwillkürlich, wie jung sie aussah, beinahe wie ein kleines Mädchen, das sich zum Spiel fein anzog. »Hart«, begrüßte sie mich und ließ die Hände auf dem Tresen ruhen, so daß ich ihre gepflegten Finger und die Sammlung von Ringen bewundern konnte – sogar an den Daumen trug sie welche. »Ich wußte gar nicht, daß du hier arbeitest. Es ist wirklich nett hier.«
»Stimmt«, sagte ich und grinste sie an, während in meinem Kopf noch ihr Bild stand: schlafend, das Haar auf dem Kissen ausgebreitet. »Es ist Spitze. Erstklassig. Wirklich phantastisch. Ein großartiger Laden zum Arbeiten.«
»Weißt du, das war echt nett von dir«, sagte sie.
Ich wollte eigentlich so etwas antworten wie: »Ach was«, oder: »Gern geschehn«, aber statt dessen hörte ich mich sagen: »Die Geste oder der Drink?«
Sie sah mich einen Moment lang verständnislos an, dann stieß sie das kurze Flattern eines Lachens aus. »Ach so, du meinst unsere
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