Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Selbstwertgefühl
haben. Abgewiesen zu werden, würde Ihre Selbstachtung noch mehr dämpfen, nicht aber die Achtung vor den anderen. Sie denken
nicht, dass die anderen einen Fehler machen, wenn sie Sie nicht zu schätzen wissen, sondern erleben es so, als seien die anderen
damit im Recht, Sie zurückzuweisen. So bedeutet Ablehnung durch andere für Sie innerlich möglicherweise nachfolgende Selbstablehnung.
Auf Nummer Sicher gehen Sie dann, wenn Sie zu Hause bleiben.
Ärger und Wut
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie, Ihre Lieben oder Ihr Besitz bedroht sind, dann können Wut und Zorn entschiedene Handlungen
zur Abwehr der Gefahr auslösen. Normalerweise verrauchen diese Gefühle danach bald wieder. Ungerechtigkeiten, die Ihnen zugefügt
wurden, hinterlassen häufig einen länger anhaltenden Ärger. Auch er kann Ihnen noch helfen, die Kränkung abzuarbeiten oder
sich angemessen zu verteidigen. Anders ist es, wenn Wut und Ärger chronisch werden, sich als Lebensgefühl verfestigen. Eine
massive Enttäuschung löst Wut aus. Sie stoßen mit Ihren Vorstellungen auf Widerstand, etwas kommt Ihnen in die Quere, Sie
können Ihre Ziele nicht weiter verfolgen: Frust breitet sich aus, der Aggression nach sich zieht. Vor allem dann, wenn Sie
keine hohe Frustrationstoleranz haben, wenn Sie unter Zeitdruck stehen, wenn Sie intolerant sind und eine strafende innere
Haltung einnehmen, werden Sie häufig mit Ärger zu tun haben. Und daraus kann allmählich Feindseligkeit werden. Der Begriff
zeigt mit der ganzen Pfiffigkeit unserer Sprache, wie sehr es Sie unbewusst glücklich machen kann, wenn Sie nach Herzenslust
hassen dürfen: feind-
selig.
|107| Am Ursprung dieser Haltung stehen irrationale Forderungen danach, dass Sie selbst, andere Menschen oder die ganze Welt sich
nach den Gesetzen richten sollten, die Sie verkünden. Leider denken oft weder die anderen Menschen daran, das zu tun, geschweige
denn die Welt, und Sie stellen gelegentlich fest, dass sogar Sie selbst Ihren strengen Anforderungen nicht nachkommen. All
das finden Sie schrecklich, das sollte nicht so sein, und Sie versuchen, die Sache mit Strafen in Ordnung zu bringen. Damit
machen Sie alles noch schlimmer und steigern die Spannung.
Ärger kann bei vielen Menschen an die Stelle der Angst treten. Manche fauchen die Polizisten, die sie in einer Straßensperre
kontrollieren, sofort verärgert an, und ziehen es vor, aufsässig statt verängstigt zu sein. Eine riskante Strategie. Es ist
ja nicht nur so, dass die Polizisten jetzt vielleicht erst richtig Lust bekommen, sich Ihre Papiere oder Ihr Fahrzeug einmal
gründlich anzuschauen. Nein, die Beamten sind auch bewaffnet, möglicherweise übermüdet, und Sie sind der 15. Autofahrer, der
ihnen dumm kommt. Rein rational haben Sie also jede Menge Gründe, sich eher zu fürchten, als über die vermeintliche Einschränkung
Ihrer Freiheit aus der Haut zu fahren.
Helmut ist ein Musterbeispiel für Ärger als Konfliktmotiv in Verbindung mit dem Aufschieben. Er verlangt von der Welt, nichts
von ihm zu verlangen. »Warum soll
ich
es machen?«, so lautet bei allen Aufträgen und Vorhaben seine innere, schon empörte Frage. Wenn seine Frau sagt, das Auto
müsste wieder einmal gewaschen werden, so hört er sie sagen, dass er sich darum kümmern sollte, was sie nicht gesagt und möglicherweise
nicht einmal gemeint hat. Er fühlt sich immer angesprochen, immer beauftragt, daher stets als Opfer und rebelliert dagegen.
Er nimmt andere Menschen grundsätzlich unter dem Aspekt wahr, was sie von ihm wollen beziehungsweise erwarten. Was er will,
braucht oder möchte, ist in seiner Selbstwahrnehmung unterrepräsentiert. Die Erwartungen der anderen bestimmen noch seine
Opposition. Er ist immer dagegen, aber es ist ihm selbst nicht klar, wofür er eigentlich ist. Er denkt, er sei unabhängig;
in Wirklichkeit leidet er an einer ihm unbewussten Form der Gegenabhängigkeit.
Um dieses Phänomen zu verstehen, können Sie sich einen Angler vorstellen, der vom Ufer aus seine Angelrute ins Wasser hält.
Im Wasser |108| schwimmt ein Fisch herum, der den Köder sieht. Ein naiver Fisch beißt zu, und schon zappelt er am Haken, ist abhängig. Ein
gegenabhängiger Fisch hat das durchschaut und schwimmt jedesmal, wenn er den Köder sieht, aus den nahrhaften Gefilden am Flussufer
weg in einen tieferen Teil des Gewässers. Er ärgert sich über den Angler und über den Köder und hat
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