Schluss mit dem ewigen Aufschieben
verachten?
Ist das wahr?
Muss ich mich wirklich selbst verachten? Nein, ich muss nicht, es gibt keinen zwingenden Grund dafür. Nur weil mein Vater
als Mann der Kirche auf alle herabsah, die er »Krämerseelen« nannte, muss ich das noch lange nicht mit mir selbst machen.
Ich würde mich aber dafür entscheiden und hätte auch den Eindruck, dass andere mich verachten würden. Das wäre furchtbar.
Jetzt denken die wenigstens noch, ich wäre ein Kämpfer – obwohl es auch sein kann, dass mich manche für eine Art Don Quichotte
halten, eine traurige Gestalt.
Und was, wenn?
Wenn ich mich dafür entscheide, mich selbst zu verachten, fange ich an, mir das Leben zur Hölle zu machen. Das jedenfalls
will ich nicht, so masochistisch bin ich nicht. Ich werde mich selbst nicht verachten. Das wäre wirklich eine Grenze, die
ich nicht überschreiten will. Dann überwinde ich noch lieber meine Angst und riskiere den Wechsel in eine andere Abteilung.
|191| Tipp: Helmut hat sich ein Veränderungslogbuch in Form einer Kladde angelegt, mit der er seinen Veränderungsprozess begleitet. Dort
trägt er seine Notizen, Beobachtungen und Vorhaben ein, aber auch seine RET-Aufschiebedebatten. Das Veränderungslogbuch kann
auch für Sie ein wichtiges Mittel sein, um sich über Ihre Gefühle, Reaktionen und schrittweisen Veränderungen klar zu werden.
Seine Debatte hat Helmut auf sein wesentliches Problem gebracht, von dem er sich durch den Kleinkrieg mit seinem Chef immer
wieder ablenkt: auf die Angst vor dem längst überfälligen Wechsel. Ihn immer wieder zu vertagen, ist viel schlimmer als das
ewige Aufschieben seiner Pflichten. Und, ironisch genug: Wenn dem Chef der Geduldsfaden reißt, wird Helmut möglicherweise
in eine andere Abteilung versetzt. Dann hat er, was er will, ohne selbst dafür die Verantwortung übernommen zu haben. Wenn
sein Chef ihn versetzen ließe, könnte er auf den wütend sein, falls es ihm in der neuen Abteilung nicht gefallen würde. Eine
eigene Fehlentscheidung würde er hingegen sich selbst übel nehmen.
Helmut weiß nun, dass er seine Angst vor einer Veränderung und dem Risiko, das sie in sich birgt, verändern müsste. Das zu
tun, ist der nächste Schritt. Unter der Annahme, dass er seine Angst mit seiner Denkweise selbst erzeugt, kann er nach entsprechenden
Kognitionen fahnden. Dazu geht er zurück in sein zweites ABC von oben:
B4 Ich sollte mir schon längst einen neuen Job gesucht haben, aber ich habe zu viel Angst vor was ganz Neuem.
Das finde ich
nicht gut. Ich sollte mutiger sein!
B5 Eigentlich bin ich ein ziemlicher Papiertiger,
und das finde ich blöd.
C Gefühl: Ärger auf mich selbst
Klar ist, dass er seine Ängstlichkeit nicht akzeptiert, sondern sich vorwirft. Wieder ist er lieber böse als verängstigt.
Sein Ärger auf sich hilft Helmut allerdings nicht, seine Angst zu verändern. Deswegen fertigt er ein neues ABC an, das sich
auf seine Befürchtungen bei einem Wechsel in einen anderen Arbeitsbereich bezieht.
|192| A Ich bin jetzt seit zwei Wochen in einer neuen Abteilung.
B1 Der Chef hier ist genauso schlimm wie der alte, und
das finde ich schlecht.
B2 Ich habe mich verschlechtert: Die Arbeit ist noch öder und die Kollegen sind mir unsympathisch.
Das finde ich wirklich ätzend
.
B3 Gut, dass ich diesen Schritt nicht schon vor Jahren gemacht habe, weil ich mich hier ganz unwohl fühle.
B4 Ich verstehe die neuen Aufgaben nicht schnell genug und erfülle die Erwartungen nicht, die in mich gesetzt werden.
Das finde ich beschämend.
B5 Ich stehe unter Beobachtung als derjenige, der hierher zwangsversetzt wurde, und fühle mich jeden Tag unwohl.
Das ist entsetzlich.
B6 Ich muss mir eingestehen, dass ich einfach zu langsam und zu unorganisiert bin, wenn es hier auch nicht anders läuft als
auf der alten Arbeitsstelle.
Das ist peinlich.
C Gefühl: Ärger auf andere, Ärger auf mich selbst, Angst Verhalten: Weiß ich nicht.
Typischerweise stellen sich auch bei dieser imaginären Situation sofort wieder Gedanken ein, die den schon bekannten Ärger
auslösen. Helmuts Gedanken B 4 bis B 6 enthüllen, dass er sich vor unangenehmen Gefühlen, aber auch vor einer peinlichen Einsicht
fürchtet: Dass er wirklich nicht über die Fertigkeiten verfügt, die aus ihm einen guten Mitarbeiter machen. Es fehlt ihm an
Vorstellungsvermögen, was er in einer solchen Situation tun könnte. Helmut wird daher eine
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