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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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einmal war nur Fattys Hintern zu sehen, der aus einer Schneeverwehung
ragte. Ansonsten bunte Flecken auf zuckriger Landschaft. Evas kurze Finger
waren zu breit für die Tastatur ihres Laptops.
    »Ich weiß«, sagte sie und
schaltete das G erät aus. »Es gibt nichts Langweiligeres als Urlaubsfotos
anderer Leute. Aber Friedhelm wollte unbedingt, dass ich sie dir zeige.«
    »Hast du eine Ahnung, was er da drin zusammenmixt?«
    »Ja«, lachte sie. »Experimentelles Kochen nennt man das
wohl.«
    »Vielleicht sollten wir schon mal die Nummer eines
Pizza-Services raussuchen.«
    »Wenn du deinen besten Freund verlieren willst, nur zu.«
    »Wo hast du eigentlich Skifahren gelernt?«
    »In Chile.«
    »Aha.« In Chile, wo sonst. Und Schnorcheln in Alaska.
    »Ich war als Kind dort. Mein Vater hat zwei Jahre in Santiago
gearbeitet. Zum Studium bin ich dann noch mal ein Jahr hin. In den Anden kann
man fantastisch Ski fahren.«
    »Und was machst du beruflich?«
    Wir kamen ins Plaudern.
Sie hatte Romanistik studiert, keinen gescheiten Job bekommen, als Sekretärin
gearbeitet, war ausgebeutet worden und hatte alles hingeschmissen. Jetzt hielt
sie sich mit Kursen an der Volkshochschule über Wasser: Spanisch für Anfänger,
Spanisch für Hausfrauen, Spanisch für Manager. Ab und zu führte sie
Reisegruppen durch Andalusien und träumte von einer Exkursion nach Südamerika.
Die Leitung der Skiwoche hatte sie nur ausnahmsweise übernommen, als Vertretung
für eine erkrankte Kollegin.
    Irgendwann stand Fatty neben uns, die Hände hinter dem Rücken
verschränkt.
    »Was ist?«, fragte ich. »Brauchst du Hilfe?«
    »Beim Kochen? Nee. Alles in Ordnung. Bei euch alles klar?«
    »Superklar. Bis auf die Frage, ob du die Schneewehe fressen
wolltest, so wie du dringesteckt hast.«
    »Sehr witzig«, murmelte er, ohne das Gesicht zu verziehen.
Eva prustete schon wieder los.
    »Gut. Sollen wir den Tisch schon mal decken? Wobei ich keinen
großen Hunger habe, wenn ich ehrlich bin.«
    »Warte mal. Gut Ding will Weile …« Er räusperte sich. »Kennst
du dich mit Korkenziehern aus? Meiner ist so … ich weiß auch nicht, komisch ist
der.«
    »Das kann ich ja machen«, sagte Eva.
    »Nee, lass mal, das ist Männersache. Kommst du mal, Max?« Er
zerrte mich in die Küche und schloss die Tür sorgfältig hinter uns.
    »Seit wann kriegst du keinen Korken mehr aus der Flasche?«
    »Vergiss die Flasche«, zischte er. »Du musst mir helfen. Ich
habe total den Überblick verloren, mit all den scheiß Gewürzen und den
Mengenangaben. Und dann die Reihenfolge! Meine Oma hat nirgendwo
aufgeschrieben, welches Zeug am Anfang in den Topf soll und welches am Ende.«
    »Was wird denn das für ein Sechs-Gänge-Menü, wenn es fertig
ist?«
    »Spaghetti mit Tomatensoße.«
    »Bitte?«
    »Ja, aber ganz besondere Spaghetti! Eva hat mir das Rezept
aus Kalabrien mitgebracht. Und weil es ein bisschen scharf und extravagant ist,
mische ich es mit einem Nudelrezept meiner Oma.«
    »Ein polnisch-italienischer Mix also. Das finde ich toll,
Fatty, das ist gelebte EU. Beziehungsweise gekochte.« Ich klopfte ihm
gönnerhaft auf die Schulter. »Das kriegst du schon alleine hin.«
    »Krieg ich nicht! Sag mir wenigstens, wie viel ich von den
Gewürzen jeweils hineintun soll und in welcher Reihenfolge.«
    Ich ging die Gewürzgläschen durch, die auf der Arbeitsplatte
standen. Er hatte sie alle neu gekauft: Oregano, Thymian, Kräuter der Provence
und Salbei. Sogar Lorbeerblätter. Zu Fattys Standardausrüstung gehörte bloß
Salz, weißer Pfeffer und geklumptes Steakgewürz.
    »Wo hast du denn die Chilischoten her?«
    »Von Eva. Echt aus Kalabrien.«
    »Die würde ich vorher probieren, bevor du sie verwendest. Die
könnten scharf sein.«
    »Keine Angst, ich tu weniger rein, als im Rezept steht.«
    Mit gemischten Gefühlen verließ ich die Küche. Offenbar
inspiriert von der Korkenziehernotlüge, hatte Eva eine Flasche Rotwein
geöffnet; gerade steckte sie ihr Taschenmesser wieder ein. Aus randvollen
Gläsern prosteten wir uns zu.
    »Wirds was da drin?«, fragte sie grinsend. »Oder doch
Pizza-Express?«
    »Die Chancen stehen fifty-fifty. Vielleicht gelingt wenigstens
eins der halben Rezepte.«
    »Du kochst auch nicht gerne, was?«
    »Doch. Selbst wenn man es mir nicht ansieht.«
    »Woher kennst du Friedhelm eigentlich?«
    »Aus der Schule. Vom Bolzplatz und wo man sich sonst noch
rumtreibt. Eine gemeinsame Jugend in der Vorderpfalz, so was

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