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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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wissen das zu schätzen,
Cordula. Absolut.«
    Ich unterdrückte ein Gähnen. Gegen ein sonntägliches
Frühstück bei Marc schien ihr Zeitmanagement nicht zu sprechen.
    »Gut«, fuhr Frau Glaßbrenner fort. »Um es vorweg zu sagen,
Max: Ich war dagegen, Sie hinzuzuziehen. Auch wenn ich noch nie mit einem
privaten Ermittler zusammengearbeitet habe, verspreche ich mir von dieser
Maßnahme wenig.«
    »Und ich«, hakte Covet rasch ein, »bin nach wie vor sehr
dafür, dich dabeizuhaben. Das hat sie eingesehen.«
    »Eingesehen?«, echote sie spöttisch. »Das wiederum würde ich
als Übermittlungsfehler bezeichnen.«
    »Kein Problem«, sagte ich. »Wenn ich störe, gehe ich raus,
eine Schneeballschlacht machen.«
    »Nun seien Sie nicht gleich eingeschnappt, Max. Ich dachte,
es ist besser, mit offenen Karten zu spielen. Marc will Sie unbedingt
dabeihaben, das habe ich akzeptiert.« Dem letzten Wort gab sie eine leichte
Betonung mit auf den Weg.
    »Wie geht es Bernd?«, fragte Covet.
    »Mäßig. Um es euphemistisch auszudrücken. Er sagt zwar, es
sei alles in Ordnung, aber aussehen tut er nicht danach. Wobei er übrigens kaum
etwas sagt.« Sie stand auf, umrundete den Tisch und lehnte sich gegen ihn. Ich
konnte den Blick nicht von der Tischkante wenden, die weich in den Hintern der
Frau schnitt. »Das Schlimme ist, dass er von sich aus den Mund nicht aufmacht.
Ich habe ihn regelrecht dazu zwingen müssen. Wenn es nach ihm gegangen wäre,
hätte er niemanden von seiner Situation in Kenntnis gesetzt. Mich nicht, auch
keinen anderen Anwalt, niemanden.«
    »Warum?«, fragte Covet fast verzweifelt. »Hat ihn die eine
Nacht in Haft so mürbe gemacht?«
    »Er schämt sich«, sagte ich. »Sein Treffen mit Annette ist
ruchbar geworden, also schämt er sich jetzt.«
    »Was sagt er über das Treffen? Was genau hat er gestanden?«
    Cordula stützte sich mit einer Hand auf der Tischplatte ab.
»Mir gegenüber hat er bloß sein Geständnis wiederholt. Er sei, sagt er, Annette
zufällig auf dem Weg in den Zuschauerraum begegnet und habe mit ihr ein
heimliches Treffen während der Pause vereinbart. Dort sei es dann zu sexuellem
Kontakt gekommen. Es ist also genau das passiert, was wir alle, die wir Bernd
kennen, befürchtet haben. Darf ich den Grund für Ihr Amüsement erfahren, Herr
Koller?«
    Ich grinste sie schon eine ganze Weile frech an. Mir gefiel,
wie sie über Bernd Nagel und seine Pausenbeschäftigung sprach. Genauer gesagt,
gefiel mir, wie sie in ihrem gestelzten Juristendeutsch um den heißen Brei
herumredete.
    »Tut mir leid«, sagte ich, »aber ich bin keiner von denen,
die Bernd Nagel gut kennen, Frau Dr. Glaßbrenner.«
    Sie schmunzelte. So leicht brachte sie einer wie ich nicht
aus der Fassung. »Sie hat ihm einen geblasen«, sagte sie ruhig. »Auf dem
Schreibtisch. Eine Sache von zehn Minuten. Den meisten Männern macht das Spaß,
habe ich mir sagen lassen. Noch Fragen?«
    »Danke, nein.«
    Ich hörte Marc schwer atmen. Den Blickkontakt mit ihm vermied
ich.
    »Anschließend«, fuhr sie fort, »verließ er sein Zimmer, ging
aber nicht zur Aufführung zurück, die bereits wieder begonnen hatte, sondern
nach draußen. Er lief eine Weile ziellos herum; der Rest ist bekannt.«
    »Also wurde, Nagels Aussage zufolge, Annette Nierzwa erst
nach Ende der Pause ermordet«, sagte ich.
    Sie nickte.
    »Und der zweite Mord? Haben Sie ihn dazu auch befragt?«
    »Natürlich. Damit hat er nichts zu tun, sagt er.«
    Ich überlegte. »Hat die Polizei durchblicken lassen, wann
genau Barth-Hufelang erschlagen wurde?«
    »Zwischen 16 und 17 Uhr.«
    »Aber Nagel wurde erst am Abend in Haft genommen. Theoretisch
kann er es gewesen sein.«
    »Was heißt, er kann es gewesen sein?«, fuhr Marc auf. »Bernd
ist doch kein Hammermörder, ich dachte, darüber waren wir uns einig.«
    »Ich versuche zu denken, wie die Polizei denkt. Nagel hat im
Fall Annette Nierzwa gelogen, und er hat für beide Morde kein Alibi. So sieht es
aus, Marc.«
    »Ihr Einwand in allen Ehren, Max«, mischte sich Cordula ein,
»aber Marc hat insofern recht, als einem Bernd Nagel ein Mord wie der an
Barth-Hufelang wirklich nicht zuzutrauen ist. Da scheint ja ein Metzger am Werk
gewesen zu sein. Bernd? Niemals.«
    Ich schüttelte den Kopf. Es war schon kurios: Die beiden
argumentierten genauso, wie ich es heute Morgen Kommissar Fischer gegenüber
getan hatte. Und jetzt war ich es, der ihnen widersprach.
    »So einfach ist es nicht«,

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