Schlussblende
Vance nicht die Nummer unseres Sergeants vom Dienst gegeben? Oder ihre private Telefonnummer, mit der Bitte, abends anzurufen?«
»Ich nehme an, weil wir wegen dieses Falles bereits in Kontakt gestanden hatten.« Chris ließ sich nicht anmerken, daß die hartnäckigen Fragen sie allmählich irritierten.
»In Kontakt gestanden? In welcher Weise?«
Chris sah über Whartons Schulter in den dunklen Nachthimmel. »Sie hatte mich schon einmal um Hilfe gebeten. Es ging um Kopien aus Zeitungen, ich hab das in Colindale für sie erledigt.«
»Ach, Sie waren das mit dem Päckchen?«
»Ja, ich war das.«
»Nach allem, was man hört, müssen das dem Umfang und Gewicht nach ein paar hundert Seiten gewesen sein. Woher nehmen Sie für so was die Zeit?«
»Ich habe das in meiner Freizeit gemacht.«
»Da haben Sie sich für eine junge Kollegin eine Menge Arbeit gemacht«, sagte Wharton.
Chris’ Lippen wurden zu einem schmalen Strich. Auf ihre Nase war Verlaß, und die signalisierte, daß Wharton die Absicht hatte, ihr an den Karren zu fahren. »Shaz und ich haben lange Zeit gemeinsam Nachtschicht geschoben. Wir waren nicht nur Kollegen, wir waren befreundet. Sie war eine der begabtesten jungen Polizistinnen, die ich kenne. Im übrigen glaube ich nicht, daß Sie einen Mörder überführen, indem Sie sich den Kopf darüber zerbrechen, warum ich ihr einen Gefallen getan habe. Es wäre nützlicher, mir Fragen über Jacko Vance zu stellen.«
Wharton grinste ironisch. »Sagen Sie bloß«, fragte er verächtlich, »Sie glauben am Ende diesen Unsinn, den die Bowman verzapft hat?«
»Wenn Sie damit ihre Theorie meinen, daß Vance junge Mädchen umgebracht hat, lautet die Antwort: Ich weiß es nicht. Ich hatte keine Gelegenheit, ihre Beweisführung zu überprüfen. Aber es ist nun mal eine Tatsache, daß Vance über mich Shaz’ Besuch am Samstag vormittag vereinbart hat und daß sie noch vor dem nächsten Morgen tot war. Wir hier bei der Met interessieren uns immer sehr für den, der ein Mordopfer als letzter lebend gesehen hat. Und wie ich von Shaz’ Mutter weiß, scheint das Vance gewesen zu sein. Was sagt denn die Profilergruppe dazu?«
»Nun, es dürfte Sie nicht überraschen, daß wir die, die enge Beziehungen zum Mordopfer unterhalten haben, nie an den Ermittlungen beteiligen.«
Chris starrte Wharton verblüfft an. »Sie nutzen die speziellen Fähigkeiten eines Psychologen wie Dr. Hill nicht aus?«
»Wir vermuten, daß sie ihren Mörder gekannt hat. Und sie hat in Leeds nur die gekannt, mit denen sie dienstlich zu tun hatte. Sie haben Erfahrung in kriminalpolizeilichen Ermittlungen, Ihnen müßte also klar sein, daß wir Verdächtige nicht an der Untersuchung des Falls beteiligen können.«
»Sie haben den erfahrensten Profiler des Landes an der Hand, einen Mann, der das Opfer kannte und weiß, woran sie gearbeitet hat, und den lassen Sie einfach links liegen? Wollen Sie vielleicht Shaz’ Mörder gar nicht fangen? Tony Hill ist sicherlich wie ich der Meinung, daß Sie Vance sehr genau unter die Lupe nehmen sollten.«
Wharton lächelte nachsichtig. »Ich kann Ihre Gefühle verstehen. Aber ich versichere Ihnen, ich habe Mr. Vance über die Unterredung mit DC Bowman eingehend befragt. Sie wollte lediglich von ihm wissen, ob er bemerkt habe, daß jemand aus seinem Umfeld sich auffallend für ein Mädchen aus Shaz’ sogenannter Siebenergruppe interessiert hatte. Das war nicht der Fall, und damit hatte sich’s.«
»Und das glauben Sie ihm aufs Wort? Einfach so?«
»Weshalb nicht? Welches Verdachtsmoment spricht gegen Vance? Daß er der letzte war, der Shaz Bowman gesehen hat? Das wissen wir nicht mit Bestimmtheit. In ihrem Tagebuch steht unter der Vance-Eintragung der Buchstabe ›T.‹, als ob sie vorgehabt hätte, sich anschließend mit jemand anderem zu treffen. Ahnen Sie, wer dieser ›T‹ sein könnte, Sergeant? Würde dieses ›T‹ nicht zu Tony Hill passen?«
»Eine von vielen Möglichkeiten«, sagte Chris achselzuckend. »Sie könnte auch ins Trocadero gegangen sein. Mir hat sie nicht gesagt, was sie anschließend vorhatte.«
»Hierher ist sie nicht gekommen?«
Chris runzelte die Stirn. »Warum sollte sie?«
»Sie waren befreundet. Und sie war in London. Da wäre es naheliegend gewesen, bei Ihnen vorbeizuschauen, zumal Sie sie so tatkräftig unterstützt hatten.« Sein Ton war schärfer geworden, er schob den Unterkiefer vor.
»Sie war nicht hier«, sagte Chris knapp.
Wharton ahnte die Stelle, an der
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