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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Nottinghamshire will.«
    »Jimmy Linden meinte, Sie könnten mir vielleicht helfen.«
    »Jimmy Linden? Da werden alte Erinnerungen wach.« Er klappte das Mäppchen zu und gab es Leon zurück. »Und warum interessieren Sie sich für Jacko Vance?«
    Leon grinste anerkennend. »Ich habe zwar kein Wort davon gesagt, daß ich mich für Vance interessiere, aber wenn Sie mir was über ihn erzählen können, soll’s mir recht sein.«
    McGowan riß ein Streichholz an, um sich die nächste Pfeife anzuzünden. Die dicken Rauchwolken, die er auspaffte, schluckten die dünnen Rauchkringel von Leons Zigarette. »Was soll er denn angestellt haben, der Jacko? Na ja, was es auch war, ich wette, Sie werden’s nicht schaffen, ihn darauf festzunageln.«
    Leon würgte an seiner Wut, sagte aber nichts. Diesem cleveren alten Bastard bin ich allemal gewachsen, dachte er mit einer Inbrunst, als müsse er sich selbst überzeugen.
    »Ich hab ihn schon seit Jahren nicht gesehen«, sagte McGowan schließlich. »Er ist nicht scharf drauf, Gesichter aus der Zeit zu sehen, als er noch alle Glieder hatte. Will nicht gern daran erinnert werden, was er verloren hat.«
    »Na ja, er hat aber auch einiges dazugewonnen«, meinte Leon. »Einen tollen Fernsehjob, mehr Geld, als er ausgeben kann, eine fantastische Frau und ein Haus wie ein Staatsoberhaupt. Wie viele Goldmedaillen hätte er gewinnen müssen, um das aufzuwiegen? Wie gesagt, Jimmy meint, Sie wüßten mehr über Jacko als irgendwer sonst.«
    »Nur scheinbar. Hab seine Karriere verfolgt, ihn einige Male interviewt und wahrscheinlich auch den einen oder anderen Blick hinter seine Maske geworfen. Daß ich ihn wirklich kenne, würde ich trotzdem nicht sagen. Das kann wohl keiner von sich behaupten. Und im übrigen hab ich alles, was ich über ihn sagen will, bereits in der Zeitung geschrieben.«
    McGowan atmete wieder eine Rauchwolke aus. Leon schnupperte Kirschen und Schokolade. Er konnte sich nicht vorstellen, seiner Lunge etwas zuzumuten, was an die Zutaten für eine Schwarzwälder Kirschtorte erinnerte. »Jimmy sagt, Sie hätten sich so was wie Dossiers mit Zeitungsausschnitten über Sportler angelegt.«
    »Donnerwetter, Sie haben ’ne Menge aus dem guten alten Jimmy rausgekitzelt. Muß ’nen Narren an Ihnen gefressen haben. Na ja, er hatte immer großen Respekt vor schwarzen Sportlern. Weil die sich doppelt anstrengen müßten, um’s zu was zu bringen. Vermutlich hat er gedacht, daß das bei der Polizei genauso ist.«
    »Vielleicht versteh ich mich auch nur gut darauf, Leute auszufragen«, sagte Leon trocken. »Hab ich ’ne Chance, mal kurz in Ihre Dossiers reinzugucken?«
    »Geht’s um was Spezielles, Detective?« fragte McGowan.
    »Wär mir recht, wenn Sie mich mit der Nase auf was Spezielles stoßen könnten, Sir«, erwiderte Leon knapp.
    McGowan starrte weiter auf das Basketballspiel. »Die sind in zehn Minuten fertig. Kommen Sie einfach mit und sehen sich meine – wie haben Sie gesagt? – Dossiers an.«
    Knapp eine halbe Stunde später saß Leon in McGowans spartanisch eingerichtetem Wohnzimmer. Die einzigen Möbelstücke waren ein zerkratzter, blaugrauer Schreibtisch und ein lederner Schaukelstuhl, der aussah wie ein Beutestück aus dem Spanischen Bürgerkrieg. Daß der Raum trotzdem so vollgestopft wirkte, lag an den deckenhohen, an allen vier Wänden aufgereihten, billigen Metallregalen, auf denen sich Schuhkartons türmten, jeder mit einem Aufkleber gekennzeichnet.
    »Das ist ja unglaublich«, staunte Leon.
    »Ich hab mir immer geschworen, daß ich, wenn ich pensioniert bin, ein Buch schreibe. Komisch, was man sich für falsche Hoffnungen macht. Früher bin ich um die halbe Welt gereist, um über Sportereignisse zu berichten. Heute ist meine Welt auf das Satellitenfernsehen im Dog and Gun reduziert. Da sollte man denken, ich sei deprimiert, aber es ist komisch – ich bin’s nicht. Ich hab hier endlich gefunden, was ich mir immer gewünscht hatte – Freiheit ohne Verantwortung.«
    »Eine gefährliche Mischung«, gab Leon zu bedenken.
    »Eine befreiende Mischung. Vor drei Jahren hätte ich, sobald Sie bei mir aufgetaucht wären, sofort eine Story gewittert und keine Ruhe gegeben, ehe ich nicht herausgefunden hätte, was los ist. Jetzt ist mir das alles egal. Der Boxkampf in Vegas am Samstag interessiert mich mehr als alles, was Jacko gesagt oder getan haben kann.« Er zeigte auf eines der Regale. »Jacko Vance. Fünfzehn Schuhkartons – amüsieren Sie sich damit,

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