Schlussblende
»Zum Beispiel, ob es Jacko nicht stört, daß Betsy Ihre Geliebte ist.«
Ihr Gesicht erstarrte, und er las Panik in ihren Augen. Es dauerte eine Weile, bis sie ein hysterisches Lachen zustande brachte. »Wenn Sie darauf aus waren, mich auf dem falschen Fuß zu erwischen, war das bestimmt kein schlechter Schachzug.« Erstaunlich, wie schnell sie sich im Griff hatte. Aber Tony hatte bereits in ihren Augen ein Geständnis gelesen.
»Von mir haben Sie nichts zu befürchten«, sagte er mit sanfter Stimme, »ich kann so etwas für mich behalten, aber ich falle nicht darauf rein. Sie und Jacko – das war ein so eindeutiger Schwindel wie eine Neun-Pfund-Note. Betsy war zuerst da. Oh, es gab Gerüchte, aber die waren schnell vergessen, weil die Medien seit Charles und Diana niemanden so geschont haben wie Sie.«
»Warum sprechen Sie diese Sache überhaupt an?« fragte Micky.
»Wir sind beide hier, weil wir neugierig sind. Ich habe Fragen beantwortet, nun können Sie sich mit demselben Vertrauensbeweis revanchieren oder nicht?« Er hoffte, daß sein Lächeln so warmherzig aussah, wie er es meinte.
»Mein Gott«, sagte sie, »Sie haben vielleicht Nerven!«
»Wie, glauben Sie, habe ich’s geschafft, der Beste zu sein?«
Micky sah ihn nachdenklich an und bat den Ober, der mit den Dessertkarten kam: »Bringen Sie uns lieber erst noch eine Flasche Zinfandel.« Sie beugte sich vor und fragte leise: »Worauf wollten Sie mit Ihrer Frage eigentlich hinaus?«
»Was hat Jacko davon? Schwul ist er doch sicher nicht?«
Micky schüttelte entschieden den Kopf. »Jillie hat ihm nach seinem Unfall den Laufpaß gegeben, weil sie keinen behinderten Mann haben wollte. Er hat mir geschworen, sich nie auf eine andere sexuelle Beziehung mit gefühlsmäßigen Bindungen einzulassen. Er brauchte mich, um Ruhe vor anderen Frauen zu haben, und ich brauchte ihn, um die Sache mit Betsy zu vertuschen.«
»Also ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.«
»Ja, so könnte man’s ausdrücken. Und um Jacko gegenüber fair zu sein: Er hat sein Versprechen nie gebrochen. Ich weiß nicht, wie er sein Sexualleben gestaltet, nehme aber an, daß er sich von Zeit zu Zeit gutbezahlte Callgirls kommen läßt. Was mir, um ehrlich zu sein, egal ist, solange er mich damit nicht in Verlegenheit bringt.«
»Ich wundere mich, daß jemand, der von Berufs wegen neugierig sein muß, beim eigenen Ehemann so wenig Neugier zeigt.«
Micky lächelte ironisch. »Elf Ehejahre mit Jacko haben mich gelehrt, daß man jemanden wie ihn nicht kennen kann. Ich glaube nicht, daß er lügt, aber ich glaube auch nicht, daß er es sehr genau mit der Wahrheit nimmt. Es gibt Leute, die ein Quentchen von seiner Wahrheit abbekommen, aber ganz bekommt sie niemand.«
»Wie meinen Sie das?« Tony griff nach der diskret servierten Flasche, füllte Micky nach und schenkte sein Glas voll.
»Ich erlebe mit, wie Jacko in der Öffentlichkeit den perfekten, besorgten Ehemann spielt, weiß aber, daß das nur eine Farce ist. Wenn nur wir drei zusammen sind, ist er in Gedanken so weit weg, daß man meinen könnte, wir seien Fremde für ihn. Während der Sendung verhält er sich so, wie das alle von einem Fernsehstar erwarten: charmant und aufgekratzt, aber wenn bei einer Probe etwas nicht klappt, brüllt er die Techniker an. Und beim Geld ist er unerbittlich. Hätten Sie gedacht, daß er bei jedem Pfund Spendengeld, das er eintreibt, selber zwei verdient?«
Tony schüttelte verwundert den Kopf.
»Na ja, warum sollte er umsonst arbeiten?« fuhr Micky fort. »Nur, ich verlange bei Wohltätigkeitsveranstaltungen nicht mal Spesengelder. Andererseits, bei der Betreuung unheilbar Kranker und Schwerverletzter opfert er selbstlos viel Zeit, sitzt stundenlang an ihren Betten, hört ihnen zu, erzählt ihnen etwas und spricht ihnen Mut zu. Aber da gab’s eben auch die Sache mit dem Journalisten, der ein Aufnahmegerät in eines der Krankenzimmer geschmuggelt hatte, um ›Jackos wahres Herz‹ zu ergründen. Nur, Jacko hat das Gerät entdeckt und in einem Wutanfall völlig zertrümmert. Dem Journalisten wäre es vermutlich ähnlich ergangen, wenn er nicht rechtzeitig Reißaus genommen hätte.«
»Er legt eben Wert auf seine Privatsphäre«, meinte Tony.
»Oh, daran fehlt’s ihm nicht. Er hat ein Haus in Northumberland, mitten in der Einöde. Ich bin einmal in zwölf Jahren dort gewesen, und das nur, weil Betsy und ich nach Schottland unterwegs waren und mal kurz reinschauen wollten. Ich mußte ihn fast
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