Schlussblende
mit John Brandon. »Was meinen Sie? Sollten wir ihn überreden, sich freiwillig mit West Yorkshire in Verbindung zu setzen? Ich meine, noch wird er ja nicht per Steckbrief gesucht, aber schon nächste Woche könnte das anders aussehen.«
»Sie gehen offenbar nicht davon aus, daß er sich brav im Polizeirevier in Leeds meldet?«
Carol schnaubte spöttisch. »Nein. Sie etwa?«
»Ich fürchte, dazu hat er schon zuviel in unsere Arbeit investiert. Und da wir gerade davon sprechen: Was haben die anderen aus dem Team rausgefunden?«
Carol erzählte ihm von Kays Befragung der Eltern und Freunde und daß Kenny und Denise Burton Kay nach langem Zureden ein Foto überlassen hatten, auf dem Stacey mit Vance zu sehen war.
Tony sog scharf die Luft ein. »Die Zeloten!«
»Wie bitte?«
»Zeloten. Fanatiker. Vance’ Jünger. Ich bin bei drei seiner öffentlichen Auftritte gewesen, und jedesmal sind da dieselben drei, vier Figuren aufgetaucht, die Getreuesten seiner Getreuen. Das merkwürdige ist nur, zwei von ihnen machen Fotos.«
»Gotcha?« fragte Carol hoffnungsvoll.
»Könnte möglich sein. Aber das mit dem Foto ist gut. Vielleicht der Punkt, an dem wir den Hebel ansetzen können. Vance ist clever, Carol. Der raffinierteste Kerl, den ich je erlebt habe. Wir müssen ganz einfach noch besser sein.«
»Sind wir. Und wir sind fünf. Er sieht alles nur aus seinem eigenen Blickwinkel.«
»Ja, Sie haben recht. Reden wir morgen weiter, ja?«
Sie spürte, wie ungeduldig er darauf brannte, sich wieder in seine Recherchen zu stürzen. Micky Morgan war eine Herausforderung für ihn, und er liebte Herausforderungen. Entweder schaffte er es, ihr ein paar neue Informationen zu entlocken, oder er hatte es am Ende des Abendessens zumindest fertiggebracht, eine Katze in Jacko Vance’ Taubenschlag zu schmuggeln. Tony konnte so etwas besser als alle anderen. Aber da war noch etwas, worüber sie mit ihm reden mußte. »Eines haben wir noch nicht besprochen, die Sache mit dem Brandstifter.«
»Ja, richtig. Entschuldigung. Gibt’s Fortschritte?«
Sie beschrieb ihm in groben Zügen, was ihr Trio herausgefunden hatte, und die beiden Männer, die sich als Hauptverdächtige abzeichneten. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich sie beim gegenwärtigen Stand der Ermittlungen schon offiziell zur Vernehmung vorladen und mir einen Durchsuchungsbefehl besorgen soll oder ob es besser ist, sie vorläufig weiter zu observieren. Ich hab mir gedacht, ich rede erst mal mit Ihnen darüber.«
»Geben sie ungewöhnlich viel Geld aus?«
»Brinkley und seine Frau leben auf großem Fuß: neue Autos, die neuesten Haushaltsgeräte, einen Haufen Kreditkarten. Watson scheint eher eine Spielernatur zu sein. Bringt alles, was er an Bargeld zusammenkratzen kann, zum Buchmacher.«
Tony sagte eine Weile nichts. Carol sah ihn vor sich, wie er stirnrunzelnd dasaß und sich mit der Hand durchs dichte schwarze Haar fuhr. Schließlich sagte er: »Wenn ich Watson wäre, würde ich meine nächste Wette auf Brinkley abschließen.«
»Und warum?«
»Wenn Watson tatsächlich fanatischer Spieler ist, lebt er in der Überzeugung, daß er seine Probleme mit dem nächsten Lotterielos löst. Er glaubt verbissen an sein Glück. Bei Brinkley ist das anders. Er hofft, irgendwie aus dem Schlamassel rauszukommen, Hauptsache, er schafft es, sich noch eine Zeitlang über Wasser zu halten, ein bißchen was nebenher zu verdienen und die Ausgaben etwas zu reduzieren. So seh ich die beiden. Aber egal, ob ich recht habe oder nicht, mit einer offiziellen Vernehmung erreichen Sie nichts. Vielleicht hört das Zündeln auf, aber Sie werden nie erfahren, wer für die Brände verantwortlich war. Ein Durchsuchungsbefehl wird, so wie die Brände gelegt werden, vermutlich auch nichts bringen. Ich weiß, es ist nicht das, was Sie hören wollten, aber ich denke, durch Observation werden Sie den Täter am ehesten überführen. Und da ich mich mit meinem Tip irren kann, müssen Sie wohl oder übel beide überwachen.«
Carol stöhnte gequält auf. »Ich habe geahnt, daß Sie das sagen werden. Oberservation – der beliebteste Zeitvertreib aller Cops. Und ein verdammt teurer Spaß.«
»Wenigstens bleibt Ihnen der Trost, daß Sie sie nur nachts observieren müssen. Und da der Täter in relativ kurzen Abständen zuschlägt, wird die Aktion nicht sehr lange dauern.«
»Ein schöner Trost. Aber okay, das ist ja nicht Ihre Schuld. Danke für Ihre Hilfe, Tony. Und nun zischen Sie ab zu Ihrem Essen mit Micky.
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