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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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einer zuvor sorgfältig ausgekundschafteten Stelle. Er stellte es nie in einer Wohnstraße ab. Ältere Anwohner litten nicht selten unter Schlaflosigkeit, jüngere kamen oft erst nach Mitternacht von einem Kneipenbummel nach Hause. Er bevorzugte die zu nächtlicher Stunde leeren Parkplätze von Einkaufscentern, unbebautes Gelände neben Farbrikgebäuden oder die Zufahrtsbereiche nachts geschlossener Tiefgaragen. Am besten waren die Abstellflächen von Gebrauchtwagenhändlern, da fiel es nach Mitternacht keinem auf, wenn für ein, zwei Stunden ein Auto mehr dort stand.
    Er schleppte nie eine Reisetasche mit sich herum. Das hätte nachts Verdacht wecken können, und er wollte nicht, daß irgendein übereifriger Bobby ihn für einen Einbrecher hielt. Gefunden hätte der allerdings nichts bei ihm. Ein Stück Bindfaden, ein Sturmfeuerzeug, eine angebrochene Zigarettenschachtel, ein zerknittertes Streichholzbriefchen, eine Zeitung von gestern, ein Schweizer Armeemesser, ein mit Öl bekleckertes Taschentuch und eine kleine, lichtstarke Taschenlampe, sonst trug er nichts bei sich. Kein Grund für eine Festnahme, zumal die Arrestzellen sowieso schon aus allen Nähten platzten.
    Er hatte sich den Weg, den er nehmen mußte, gut eingeprägt, hielt sich dicht an den Mauern und bewegte sich auf den glatten Weichledersohlen seiner Bowlingschuhe lautlos durch die Nacht. Nach ein paar Minuten bog er in eine schmale Gasse ein, an der die Hintereingänge kleiner Handwerksbetriebe lagen. Das aus der Jahrhundertwende stammende Backsteingebäude, auf das er ein Auge geworfen hatte, war ursprünglich eine Seilerei gewesen. Nun war es umgebaut und auf vier kleinere Betriebe aufgeteilt worden – eine Werkstatt für Autoelektrik, eine Möbelpolsterei, ein Geschäft für Klempnerbedarf und eine Bäckerei, deren Spezialität Biskuits waren. Pappige Dinger, die zu so horrenden Preisen verkauft wurden, daß der Laden allein deshalb verdient hätte, in Schutt und Asche gelegt zu werden. Leider fehlte es dort an leicht entflammbarem Material.
    Deshalb hatte er beschlossen, sich heute nacht die Polsterwerkstatt vorzunehmen. Dort gab es alles, was er für ein erstklassiges Feuerwerk brauchte. Er freute sich schon auf den Anblick der gelben und glutroten Flammen und der schmutziggrauen Rauchwolken, die von den brennenden Stoffballen, dem Holzfußboden und dem alten Balkenwerk genährt wurden. Aber erst mußte er mal hineinkommen.
    Dafür hatte er natürlich die nötigen Vorkehrungen getroffen. Er nahm aus der Mülltonne neben dem Hintereingang der Werkstatt die dort deponierte Tragetasche, die eine Tube Sekundenkleber und eine Saugglocke für verstopfte Abflüsse enthielt, arbeitete sich zwischen den Brandmauern bis zum Toilettenfenster vor und klebte die Saugglocke an der Scheibe fest. Als er sicher sein konnte, daß sie fest genug saß, packte er mit beiden Händen zu, holte tief Luft und zog die Saugglocke mit einem kräftigen Ruck zu sich her. Die Scheibe brach mit leisem Knacken, die Splitter fielen zu Boden. Genauso hätte es ausgesehen, wenn das Glas von der Hitze eines Brandes geborsten wäre. Eine Alarmanlage gab es nicht, das wußte er, und so war es ein Kinderspiel, durch das zersplitterte Fenster in die Werkstatt zu gelangen.
    Im Lichtstrahl der Taschenlampe schlich er durch den Korridor bis zum hinteren Ende des Arbeitsbereiches, wo etliche Kartons mit Stoffresten lagerten, die Bastler für ein paar Pennys erstehen konnten. Jeder Brandsachverständige sah auf den ersten Blick, daß es sich hier um eines jener stillen Eckchen handelte, in dem Arbeiter sich schnell mal verstohlen einen Glimmstengel reinziehen.
    Die Installation des Brandzünders war eine Sache von Minuten. Er öffnete das Sturmfeuerzeug, tränkte das Stück Bindfaden mit Benzin und schob das Ende in die Mitte des von einem Gummiband zusammengehaltenen Bündels aus einem halben Dutzend Zigaretten. Der benzingetränkte Bindfaden reichte genau bis zu dem vordersten Karton. Zur Sicherheit warf er das ölgetränkte Taschentuch und zerknülltes Zeitungspapier dazu, dann zündete er die Zigaretten an. Jetzt dauerte es ein paar Minuten, bis die Zigaretten halb heruntergebrannt waren und die Glut den Bindfaden erreichte, dann noch mal ein, zwei Minuten, bis die glimmende Flamme sich an den Karton herangefressen hatte, und abermals ein paar Minuten, bis die Stoffreste in dem Karton Feuer fingen. Dann aber gab es kein Halten mehr. Nicht lange, und die Flammen schlugen wie ein

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