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Schmeckt's noch?

Schmeckt's noch?

Titel: Schmeckt's noch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Lampert
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würde sie für Chlorpyrifos , Pirimiphosmethyl oder Deltamethrin die entsprechenden ADI-Werte der US-EPA verwenden? Ein Gedankenspiel:

    Kopfkohl in Europa , mit einer legalen Rückstandsbelastung durch Chlorpyrifos von 1 mg/kg. Ein 13,5 kg schweres Kind dürfte täglich rund 120 Gramm davon konsumieren, sagt die WHO [ADI = 0,01 mg/kg/d (WHO, 1999)]. Ist nicht berauschend viel, macht aber eine regelmäßige ADI-Überschreitung unwahrscheinlich.

    Kopfkohl in den USA , mit der gleichen Rückstandsbelastung durch Chlorpyrifos von 1 mg/kg. Der täglich erlaubte Konsum für unser Kind beträgt 1,2 Gramm.

    Die Menge Chlorpyrifos auf einem Kohlkopf würde ausreichen, unserem Kind verteilt auf einen Zeitraum von 2 Jahren jeden einzelnen Tag zu einer ADI-Überschreitung zu verhelfen.

Was sagt die EU?

    Die EU bringt jedes Jahr einen Bericht heraus, der die Pestizidbelastung von Obst und Gemüse in Europa widerspiegelt. Der letztjährige Bericht — er beinhaltete die Untersuchungsdaten aus 2002 — löste in manchen Mitgliedsstaaten rege Debatten über Sicherheit und Qualität landwirtschaftlicher Produkte aus.

    Der Hintergrund: Seit 1996 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten an so genannten „EU-koordinierten Monitoringprogrammen “ teilnehmen. Konkret heißt das, sie müssen eine genau vorgegebene Mindestanzahl von Obst- und Gemüseproben auf ganz bestimmte Pestizide hin untersuchen. Die Pestizide werden so ausgewählt, dass alle Untersuchungslabors imstande sind, diese nachzuweisen.

    Der letztjährige Bericht führte für die gefundenen Pestizide in Obst und Gemüse auch eine Risikobewertung durch. Berücksichtigt wurde die chronische Giftwirkung bei regelmäßigem Verzehr und die akute Giftwirkung nach einmaligem Verzehr.

    Eine regelmäßige Überschreitung des ADI würde durch keines der 41 untersuchten Pestizide verursacht, eine chronische Giftwirkung ist daher auszuschließen, ergaben die Berechnungsmodelle der EU-Kommission. Anders die Situation bei der akuten Pestizidwirkung, die wie folgt ermittelt wurde:

    Für 15 der 41 untersuchten Pestizide existiert (bereits) eine Akute Referenz-Dosis ( ARfD ), welche von der EU oder der WHO festgesetzt wurde. Zur Risikobewertung für die akute Wirkung wurde für jedes Pestizid das jeweils am höchsten belastete Produkt herangezogen. Das Ergebnis:

    • In 11 der 15 Proben, die einer Risikobewertung unterzogen wurden, war die ARfD überschritten.

    • In 3 dieser Proben war sogar trotz Einhaltung der geltenden gesetzlichen Höchstwerte die ARfD überschritten.

    Die Schlussfolgerung der EU-Behörde:

    „Auf Basis dieser Ergebnisse aus der Abschätzung der akuten Aufnahme kann ein Risiko für die Gesundheit nicht ausgeschlossen werden, insbesondere für empfindliche F er sonengruppen . “

Was sagt die Österreichische Behörde?

    Wie ist das zu interpretieren, wenn die EU-Kommission sagt, ein „Risiko für die Gesundheit könne nicht ausgeschlossen“ werden? Das heißt doch nicht gleich, dass Gefahr besteht? Lässt sich ein Risiko denn jemals ganz ausschließen?
    Kritisch hinterfragt sollten auch unsere derzeitigen Modelle der Risikobewertung werden, insbesondere hinsichtlich ihrer Fähigkeit, das chronische Risiko richtig einzuschätzen. Stichwort: Kombinationswirkungen, Vergleichbarkeit Tier-Mensch etc. Der EU- Monitoringbericht birgt indes auch Positives. Denn die EU-Kommission versucht mit ihrem Bericht nicht, die Problematik von Pestizidrückständen zu bagatellisieren, sondern spricht sie klar und direkt an. Es scheint, als wäre sie entschlossen, einen offenen und transparenten Umgang mit diesem Thema zu wagen.

    Verbesserungen lassen sich in der Regel erst dann erreichen, wenn die prinzipielle Notwendigkeit einer Veränderung einmal anerkannt wurde. Solange man versucht, zu beschönigen, wird kein Finger gerührt werden; womit wir schon beim österreichischen Umgang mit der Pestizidproblematik angelangt wären. Es macht den Anschein, als wäre das Klein- und Schönreden von Problemen hierzulande eine eigene Disziplin geworden, in der es sich gegenseitig zu übertreffen gilt.

    Ein Beispiel: Die IGP (Industriegruppe Pflanzenschutz) hat 2003 erstmals die „IGP-News“ herausgegeben, welche seither vierteljährlich erscheinen mit dem Ziel, „über Themen aus dem Bereich des chemischen Pflanzenschutzes fundiert und sachlich zu informieren. “ In der Praxis liest sich die Information so: „Und tatsächlich finden sich Rückstände in Obst und Gemüse selten,

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