Schmeckt's noch?
Überschreitungen der Höchstwerte gar nur sporadisch. “ Wie können die so etwas schreiben, fragt sich der informierte Leser. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: „Im Zuge des Lebensmittelmonitorings 2000 überprüften die Wissenschafter insgesamt 499 Proben der oben genannten Lebensmittel auf das Vorhandensein diverser Pestizide. Sie erhielten insgesamt 36.828 Einzeluntersuchungsergebnisse, 99,4 Prozent davon brachten das Ergebnis ,kleiner als Bestimmungswert“ (IGP-News 1/03). Wie war das nochmals? 99,4 Prozent unter der Bestimmungsgrenze? Wir nehmen an unter Berufung auf den offiziellen österreichischen Monitoringbericht ?
Im derzeit aktuellen österreichischen Monitoringbericht kann man Folgendes nachlesen: „Das bundesweite Lebensmittelmonitoring 2003 brachte für 99,5 Prozent (78.006) der insgesamt 78.403 Untersuchungen trotz zumeist niedriger Bestimmungsgrenzen das Ergebnis ,kleiner als Bestimmungsgrenze “
99,5 Prozent der Untersuchungen mit dem Ergebnis „keine Pestizide“! Genau das würden Konsumenten sich wünschen. Leider ist dieses Ergebnis das Resultat eines ebenso einfachen wie genialen „Rechentricks“, nämlich: Ich habe einen Apfel. Ich untersuche den Apfel mit einer Methode, die theoretisch 243 Wirkstoffe finden kann. Finde ich im Apfel ein Pestizid, dann sage ich nicht: „Ich habe im Apfel ein Pestizid gefunden“. Nein! Stattdessen sage ich: „Ich habe im Apfel 242 Pestizide nicht gefunden!“
Wird diese phantasievolle Gestaltung auf alle Proben angewendet, kann die Untersuchungsbehörde sagen: 99,5 Prozent der Ergebnisse seien unter der Bestimmungsgrenze. Gleichzeitig werden aus eher bescheidenen 502 Proben, die österreichweit im Rahmen der Lebensmittelüberwachung 2003 untersucht wurden, stolze 78.403 Untersuchungen!
Auf der Homepage des Landwirtschaftsministeriums erfährt man zum Thema Pestizide nicht nur, dass sie „ phytomedizinische Präparate“ seien, die „im Akutfall gegen Pflanzenkrankheiten eingesetzt“ werden. Wir werden auch informiert, dass Österreich zu den am besten kontrollierten Ländern gehöre und mit seiner Analysenkapazität im „europäischen Spitzenfeld“ läge! Ebenfalls nachzulesen ist die erfreuliche Nachricht, der Pestizidverbrauch in Österreich nehme stetig ab. Doch leider zeigen die offiziellen Zahlen — diese werden vom selben Ministerium veröffentlicht —, dass der „Verbrauch an Pflanzenschutzmitteln in einem Bereich von ca. 3.400 t (+/- 200 t) pro Jahr stagniert“ — so der 7. Umweltkontrollbericht im Wortlaut.
Auch weiß kaum jemand, dass im kleinen Bergbauernland und Feinkostladen Österreich seit Februar 2004 mehr Pestizide zugelassen sind als in Holland und Deutschland zusammen. Durch eine Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes aus dem Jahr 2002 haben alle Pestizidzulassungen in Holland oder Deutschland automatisch auch Gültigkeit in Österreich; umgekehrt ist das natürlich nicht der Fall. Holland und Deutschland bestimmen nach wie vor selbst, welche Pestizide sie in ihrem eigenen Land zulassen, so wie auch die übrigen EU-Mitgliedstaaten, mit einer einzigen Ausnahme: Österreich.
Dabei haben österreichische Produkte in Europa immer noch einen hervorragenden Ruf. Sollten wir da nicht danach trachten, am europäischen Markt mit Qualität zu überzeugen? Die Nachfrage besteht, und sie wird wachsen, da die Konsumenten immer kritischer werden. Stattdessen scheint die Landwirtschaftspolitik auf eine Doppelstrategie zu setzen. Auf der einen Seite werden durch eine Gesetzesänderung hunderte Pestizide ungeprüft ins Land geholt. Auf der anderen Seite wird alles getan, um nach außen den Schein vom Feinkostladen Österreich zu wahren. Pestizide werden als phytomedizinische Präparate für den Akutfall dargestellt, deren Verwendung in Österreich unaufhaltsam zurückgehe. So sind Pestizidrückstände auf Lebensmitteln ein Randthema. Bei der Kontrolle von Pestiziden liegt Österreich im EU-Spitzenfeld!
Es ist zu befürchten, dass diese Strategie auf lange Sicht nicht zielführend sein wird und der österreichischen Landwirtschaft dadurch nachhaltiger Schaden entstehen kann. Dabei wollen nicht nur die Konsumenten Sicherheit und Qualität bei Obst und Gemüse. Auch die Bauern sind nicht nur daran interessiert, wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Selbstverständlich wollen gerade auch sie, dass ihre Erzeugnisse qualitativ hochwertig und gesund sind. Eine vernünftige und zukunftsorientierte
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