Schmeckt's noch?
Landwirtschaftspolitik muss versuchen, hierfür entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
Anhand einer harmlosen, unscheinbaren Frucht, den Erdäpfeln, wollen wir sehen, was das im Einzelnen bedeutet.
Bis vor ein paar Jahren wurde der Boden, noch bevor die Saatkartoffeln gelegt wurden, begast, um die Fadenwürmer unter Kontrolle zu bekommen. Das ist nun verboten. Mit diesem Begasungsvorgang ist oft jedes mikrobische Leben auf den Feldern mitvernichtet worden.
Die Saatkartoffeln, die in die Furchen gelegt werden, sind mit einem systemisch wirkenden Insektizid gebeizt, das die Drahtwürmer und noch manches mehr zur Strecke bringt. Die jungen Pflanzen saugen das Gift auf, und für einige Zeit stirbt jedes Insekt, das an der Knolle oder an den Blättern frisst.
Dann kommt die Zeit, ein Herbizid zu spritzen, um das schon langsam wuchernde Unkraut zu vernichten. Wenn die Blätter der Erdäpfel aufeinander treffen, das wird Reihenschluss genannt, muss ein Fungizid gegen die Blattfäule bzw. Knollenfäule ausgebracht werden. Im Sommer wird dann etwa zwei Mal ein Insektizid gegen den Kartoffelkäfer angewandt. Ein Bauer erzählt: Ich betrete dann für fünf Tage meine Felder nicht mehr, nachdem ich dieses Gift gespritzt habe.
Im Frühherbst werden die Lagererdäpfel geerntet. Bei so viel Gifteinsätzen und der richtigen Menge Düngemittel ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Bauer bis zu 60 Tonnen Erdäpfel je Hektar erntet. Die optische Qualität, die Farbe, die Schalenreinheit wird zufrieden stellend sein und uns Konsumenten erfreuen.
Nun werden die Erdäpfel gelagert. Alle, die nicht bis Allerheiligen verkauft worden sind, werden dann mit Chlorpropham behandelt. Chlorpropham ist ein keimhemmendes Mittel. Erdäpfel haben es an sich, nach einer gewissen Zeit Keime auszutreiben. Sie sehen, die industrielle Produktion von Lebensmitteln ist aufwändig, teuer und bedarf einiger Hilfsmittel.
Hans Ackerl , ein Bauer, der neben Getreide und Zwiebeln auch Erdäpfel anbaut, meint zu diesen Vorgängen lakonisch: „Ich dünge keine Pflanzen. Ich trage Sorge für ein gesundes Bodenleben, und ein gesunder Boden bringt gesunde Pflanzen hervor, die auch mit so genannten ,Schädlingen 1 zurande kommen. Es ist wie beim menschlichen Immunsystem. Ist es intakt, gesund, wehrt es die meisten Bedrohungen ab. Was ist abträglich für das Immunsystem? Stress, ungesunde Lebensführung. Also gesunde ich zuerst den Boden.“
In einer Handvoll Erde gibt es mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde. 1 kg Humuserde enthält:
1 bis 100 Milliarden Bakterien und Pilze
10 Millionen bis 1 Milliarde Geißeltiere, Amöben, Wimperntiere
10.000-10 Millionen Rädertiere, Milben, Springschwänze
10-50 Millionen Tausendfüßler, Asseln, Käfer, Regenwürmer
Jedes Einzelne und jeder Einzelvorgang ist Teil eines umfassenden Lebenszusammenhanges. So leisten sie alle zusammen ihren Beitrag zu unserer Ernährung. Nur ein gesunder Boden trägt gesunde Früchte.
Greifen wir die Regenwürmer und ihren Beitrag für das gesunde Bodenleben auf. Regenwürmer sind ein Segen für die Bauern, die kein Gift an ihren Boden lassen. Sie sehen, welches dichte Leben sich im Boden abspielt. Dies zu erhalten, mehr noch, dies zu fördern, ist die Kunst der richtigen Agrokultur.
Auf einen Hektar Ackerboden scheiden zirka 1 Million Regenwürmer im Jahr 115 Tonnen Kot aus. Der Regenwurmkot enthält zehn Mal so viele Nährstoffe wie Kompost. Nun ist verständlich, warum das Angesicht des Bauern bei jedem Regenwurm, den er auf seinem Acker sieht, erfreut aufleuchtet. Ein kluger Landwirt pflegt daher das Bodenleben seiner Äcker mit Kompost, Stallmist, Gründüngung und einer mehrgliedrigen Fruchtfolge. Das stabilisiert den Boden, baut die Humusschicht auf und trägt wesentlich zur Wasserspeicherkraft des Bodens bei.
Böden, die verarmen, sind erosionsgefährdet. Sie können das Wasser nicht halten. Bei heftigem Regen kommt es häufig zu Murenabgängen . Diese Böden laufen auch Gefahr, zu versteppen.
Doch Hans, mein Freund, hat leicht reden, er ist ein Zauberer, ein Pflanzenzauberer. Ihm inmitten seiner Kulturen zu begegnen, seine Verbundenheit, sein Einssein mit den Pflanzen zu erleben, beeindruckt mich immer wieder aufs Neue.
„So wie die Sonne
die ganze Welt erleuchtet,
so erleuchtet der Herr des Feldes
das ganze Feld.“
Bhagavad Gita
Bei meinem letzten Besuch bei Hans lag das Getreide, die Halme der Nachbarsfelder nach den schweren Unwettern
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