Schmeckt's noch?
Langer sie nennt, zu Lebensmittel-Attrappen.
Für jeden halbwegs vernünftigen Menschen ist es augenfällig, dass dieses wirtschaftliche Treiben bald an eine Grenze kommen wird. Die Kühe werden keine Milch mehr geben oder die Menschen werden mit Allergien auf diese Milch reagieren, und das Fleisch von diesen malträtierten Tieren wird eines Tages einfach nicht mehr essbar sein.
Die Grenzen der Rationalisierung werden dann erreicht sein, wenn die Produkte, die Nahrungsmittel, nicht mehr für den Verzehr geeignet sein werden. Trotz aller Spitzfindigkeiten beim Wegretouchieren der Produktionsrealitäten wird der Punkt erreicht werden, bei dem all diese Manöver nicht mehr die Verbrechen am Boden, an den Pflanzen bzw. Tieren und letztlich auch an den Menschen verbergen werden können. Dass sowohl den Milchkühen als auch den Mastrindern zur Produktionssteigerung Hormone verabreicht werden, ist selbstredend. Der Profit ist, was zählt und nicht die Gesundheit der Konsumenten.
Das ist das texanische Zukunftsmodell. Wann wird es bei uns Wirklichkeit? Diese Entwicklung wird nicht mit Posaunen in unsere Landwirtschaft einziehen. Schleichend und leise wird das texanische Modell Stück um Stück hinter den verschlossenen und verriegelten Stalltüren Wirklichkeit werden — auch bei uns!
Kein Kassandraruf ist das! Ich betrachte nur die Dynamik und die Richtung, die die Landwirtschaft in Europa in den letzten Jahren genommen hat.
Denken Sie nur an die 12.000 bis 14.000 kg Milchleistung bei Turbokühen. Die Entkoppelung von Boden und Tierhaltung, das Negieren der notwendigen Verhältnismäßigkeit zwischen Stall- bzw. Weidefläche und Anzahl der Tiere, ist auch bei uns ein immer stärker verbreiteter Usus in einem extrem leistungsbezogenen Teil der Landwirtschaft. Wenn wir die Methoden in der Tierzüchtung, der Tierfütterung und bei den Mitteln, die in der Tierhaltung ausschließlich zum Zweck der Leistungssteigerung eingesetzt werden, betrachten, kann uns angst und bange werden. All das geschieht, um unsere Lebensmittel kostengünstiger zu erzeugen. Und während diese „Ertragsmodelle“ der kapitalisierten Landwirtschaft in unseren Ställen eingeführt werden, werden die Profiteure dieses „Sand-in-die-Augen-des-Konsumenten-Streuens“ uns eine noch dicker aufgetragene bäuerliche Idylle, eine durch und durch verlogene bäuerliche Scheinwelt, verkaufen.
Die Entwicklung der Landwirtschaft ist bei uns längst auf eine schiefe Ebene geraten. Die Europäische Union gibt unvorstellbare Beträge pro Jahr aus (50.460 Millionen Euro im Jahr 2004) und fördert und unterstützt mit diesem Geld die Landwirtschaft. Die Bauern müssen immer mehr arbeiten. Hilfskräfte können sehr oft nur noch schwarz bezahlt werden, denn die Lohnnebenkosten sind auf vielen Höfen nicht mehr zu verdienen. Die Kühe müssen mehr Milch geben, die Masttiere in kurzer Zeit schlachtreif werden, aus dem Boden müssen höhere Erträge erwirtschaftet werden.
Das alles nicht, um den Reichtum der Bauern zu mehren. Davon ist schon längst keine Rede mehr. Der ganze Aufwand dient bestenfalls dazu, den Status quo zu erhalten. Nur noch diejenigen, die die Infrastruktur und Betriebsmittel, ausgefeilte Futtermittel, Medizin oder Pestizide zur Verfügung stellen, verdienen an dieser Art der Landwirtschaft.
In der Landwirtschaft werden keine Schrauben oder Blechdosen erzeugt. Die Landwirtschaft produziert die Rohstoffe für unsere Lebensmittel.
Welchen Wert messen wir unseren Lebensmitteln zu? In wenigen Jahren haben wir die Ausgaben für Lebensmittel auf 13 Prozent unseres Durchschnittseinkommens gesenkt. In Frankreich geben die Menschen noch 28 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus. Kann das bedeuten, dass die Lebensmittelpreise in Bezug auf unsere gesamten Lebenserhaltungskosten nicht wirklich relevant sind?
Der Schluss wäre, dass wir unserer Gesundheit, unserem Wohlbefinden keinen großen Stellenwert einräumen. Es ist wie im Brauchtum, der bodenständigen Musik, bei den unterschiedlichen Dialekten: Sie leben nur so lange, wie wir sie pflegen. Ohne das dazugehörende intakte soziale Umfeld sind Brauchtum, Musik und Dialekte dem Auslöschen anheim gegeben. Genauso ist es in der Landwirtschaft. Die landwirtschaftliche Vielfalt und die landschaftliche Vielgestaltigkeit wird es nur so lange geben, als wir sie benötigen und sie für uns wichtig ist.
Die Reduktion der bäuerlichen Arbeit auf Landschaftspflege in Reservaten sind
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