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Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road

Titel: Schmerz - Piccirilli, T: Schmerz - The Midnight Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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ihm ein paar Tipps, wie er sich verhalten sollte, aber wenn die Journalisten ihm die Mikrofone unter die Nase hielten, versuchte er jedes Mal nur, sich zu rechtfertigen und bei den Fakten zu bleiben. Er wirkte wie benommen. Die Reporter klangen alle so aufrichtig, dass er sofort auf sie reinfiel. Er war selbst schuld.
    Die Zeitungen waren ihm wohler gesinnt, aber die las niemand. Er bekam Morddrohungen per Post und per Telefon. Zumindest eine Stimme erkannte er; die einer Frau, deren Mann sie und ihre elfjährige Tochter geschlagen hatte. Flynn hatte den Fall untersucht und den Mann hinter Schloss und Riegel gebracht. Es war schlimm. Die Frau giftete ihn an, und zwar mit Verwünschungen, die ihm noch nie untergekommen waren. Schließlich gingen ihre bitteren Anschuldigungen in aufgelöstes Schluchzen über. Dann nannte sie ihren Namen und erklärte, wie betrogen sie sich fühlte, dass er dasselbe täte wie damals ihr Mann. Er redete länger als eine Stunde mit ihr, bevor sie wütend auflegte und ihn einen Lügner nannte. Er hatte seit eineinhalb Jahren keinen Alkohol getrunken, aber an diesem Abend konnte er erst schlafen, nachdem er eine halbe Flasche Jack Daniels geleert hatte.

    Trotz allem, was er gesehen und überlebt hatte, sagte Marianne immer, er sei schrecklich naiv. Allmählich verstand er, was sie meinte.
    Er fing wieder an zu arbeiten. Ging zwei Hinweisen nach, bei denen sich herausstellte, dass sie von Schwiegereltern stammten, die der Meinung waren, ihre Enkel würden zu viel fernsehen. Bei einem anderen Fall traf er auf einen Vater, der seinen zehnjährigen Sohn mit einem Gürtel grün und blau schlug, weil er beim Rasenmähen ein paar Grashalme übersehen hatte. Ungefähr acht Sekunden lang blieb Flynn ruhig. Dann ging er auf ihn los und brach dem Kerl den Kiefer. Die Polizei verhörte ihn drei Stunden lang. Sie hatten das Gefühl, dass er die Kontrolle verlor.
    Es dauerte länger als eine Woche, bis er sich bereit fühlte, Mark Shepard gegenüberzutreten. Er war zu spät. Als er im Krankenhaus ankam, lag Shepard seit vier Stunden unterm Messer, in denen die Chirurgen versuchten, die Kugel neben seinem Herz zu entfernen. Flynn beschloss zu warten.
    Er lief durchs Krankenhaus und setzte sich in die Notaufnahme. Am laufenden Band wurden Kranke und Verletzte eingeliefert. Jedes Mal, wenn ein Kind weinte, bohrte er eine Kerbe in seinen Stuhl. Er verdrängte den Gedanken, dass Christina Shepard Recht haben könnte und irgendwo in seinem Kopf schweinische Gedanken herumschwirrten.
    Zero tollte herum und lief verbissen den Pflegern durch die Flure hinterher. Der Geisterhund roch Blut. Er redete über Robert-Mitchum-Filme und darüber, wer die Nacht überleben würde und wer jetzt schon tot war.
Zero nahm einen hustenden Jungen ins Visier. »Der hier wurde von einer Spinne gebissen und reagiert extrem allergisch. Sein Hals schnürt sich ganz schnell zu. Bis er auf dem OP-Tisch liegt, hat er einen anaphylaktischen Schock erlitten. Er ist kurz davor.«
    Eigentlich war es gar nicht so schlimm, zu wissen, dass man entweder verrückt oder von Geistern besessen war. Das Gefühl hatte Flynn sowieso den größten Teil seines Lebens gehabt. Jetzt gab es nur noch ein paar Gründe mehr dafür. Seine Mutter war auf dem Totenbett aus einem Koma erwacht, gerade lang genug, um ihm tief in die Augen zu sehen. Sie hatte ihn am Hemd gepackt, und ihre Hand war bis zum Kragen hochgekrochen. Sie war aufgedunsen und gelb wie Senf. Ihre Nieren hatten ein paar Tage zuvor den Geist aufgegeben. Eine Viertel-Million-Dollar-Maschinerie sah ihr beim Sterben zu und blinkte und jaulte im Takt.
    Ihr Blick war weit weg, aber klar gewesen. Sie hatte seit einer Woche nichts als Eisstücke gegessen und in den letzten achtundvierzig Stunden nicht mal das. Ihre Stimme klang nach Staub und Silberfischen. »Flügel wie glänzende Goldmünzen«, sagte sie und starb mit der Hand an seinem Hemd.
    Danny hatte mit einem wunderschönen Mädchen an seiner Seite den Abgang gemacht. Flynn hatte keine Ahnung, warum es bei ihm eine französische Bulldogge war, aber jeder musste eben das Beste aus seinem Blatt machen.
    Es war gar nicht mal, dass der Geist eines Hundes zu ihm sprach, sondern dass Zero mit Flynns Stimme sprach. Das war schon mehr als komisch.

    Der Husten des Kindes wurde schlimmer. Vielleicht hatte Zero Recht. Flynn beobachtete den Jungen eine Weile, stand dann auf und näherte sich ihm langsam. Die Mutter stand ängstlich am Tresen und füllte

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