Schmerzlos: Thriller (German Edition)
Wüste. Kampfjets schossen über unsere Köpfe hinweg und malten weiße Streifen an den Himmel. Mein Vater versuchte, von unserem Streit abzulenken, indem er das Gespräch in eine andere Richtung steuerte, aber damit konnte er bei mir nicht landen. Ich holte mein Handy aus der Tasche und versuchte erneut, Jesse zu erreichen. Er nahm nicht ab.
Mein Vater sprach weiter. »Aus irgendeinem Grund verlief die Explosion nicht wie geplant, und deine Klasse geriet mit dem Impfstoff in Kontakt. Maureen hat sich geirrt. South Star hat funktioniert.«
Meine Mutter verschränkte die Arme vor der Brust. »Ätzende Treibstoffzusätze, dass ich nicht lache. Ich hab dir damals schon gesagt, dass Swayze lügt wie gedruckt.«
»Angie, das Projekt war geheim.«
»Ich weiß. Deshalb hast du auch gelogen.« Sie starrte ihn wütend an. »Und Swayze lügt immer noch. Sie hat dir gesagt, dass Coyote nicht infiziert sein kann und dass South Star niemanden krank gemacht hat.«
»Vielleicht glaubt sie das ja wirklich.«
»Phil, für wie dumm hältst du mich eigentlich? Die Explosion hat Evans Klasse zu Versuchskaninchen gemacht. Es hat zwanzig Jahre gedauert, aber jetzt werden die Testergebnisse ausgewertet, und irgendjemand hat beschlossen, South Star ein zweites Mal auszuradieren.« Sie fuhr sich durch ihr kurzes Haar. »Es wäre besser gewesen, wenn Coyote sich damals Swayze vorgeknöpft hätte.«
»Das reicht jetzt, Angie.«
»Oh, ich hab ja ganz vergessen, dass sie heute ein weiblicher Albert Schweitzer ist. Nur schade, dass ihr Forschungsprojekt für das Militär ein Monster geschaffen hat, das jetzt Mütter und Kinder umbringt.«
»Coyote bedroht auch Maureen, also pass auf, was du sagst. Sonst wirst du dir Vorwürfe machen, wenn ihr irgendwas passiert.«
Ich hob die Hände. »Jetzt haltet doch endlich den Mund. Beide.«
Erneut warf mir mein Vater einen Blick im Rückspiegel zu. Meine Mutter starrte aus dem Fenster. Draußen zog die Stadt an uns vorbei.
Vor dem Polizeirevier parkte ein Übertragungswagen mit der Kennung eines Fernsehsenders aus Los Angeles. Die Reporterin im Innern frischte gerade ihr Make-up auf. Als wir eintrafen, waren Tommy und McCracken schon hineingegangen. Kaum dass mein Vater geparkt hatte, sprang ich hinaus und marschierte auf die Tür des Polizeireviers zu, ohne noch ein Wort mit meinen Eltern zu wechseln.
»Kit, warte.«
Ich lief weiter. Mein Vater packte mich am Arm, doch ich riss mich los.
»Lass mich in Ruhe!«
Er versperrte mir den Weg.
»Ich weiß, dass du wütend bist.«
»Wütend? Du glaubst also, dass ich einfach bloß wütend bin.« Ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Gestern, als du mich besucht hast, wolltest du mir da sagen, dass ich abtreiben soll?«
»Ja, ich wollte das Thema ansprechen. Aber ich wusste natürlich, wie du reagieren würdest. Und ich wusste auch, dass du es nur verstehen wirst, wenn Jesse mit dir redet. Es war eine taktische Entscheidung.«
»Nein, Dad, das war es nicht. Es war feige.«
Genauso gut hätte ich ihm eine Axt in die Brust dreschen können. Er ließ die Schultern hängen. Ich stieß die Tür auf und betrat das Polizeirevier.
Meine Mutter eilte mir nach. »Warte.«
Sie holte mich ein, als ich durch das Foyer schritt.
»Wir hätten nichts hinter deinem Rücken tun dürfen. Aber wir hatten solche Angst um dich, und deshalb haben wir die Nerven verloren. Es tut mir leid, Evan.«
Ich drehte mich zu ihr um. Ich war so wütend, dass ich am liebsten laut losgebrüllt hätte.
»Hatte Dad eine Affäre mit Maureen Swayze?«
»Wie bitte?«
»Ich rede von Ehebruch. Das ist wie Flirten, nur unmoralischer.«
Sie erstarrte. »Hat das jemand behauptet?«
»Mir braucht niemand was zu sagen. Es genügt, wenn ich dir und Dad beim Streiten zuhöre.«
»Großer Gott, nein, sie hatten keine Affäre miteinander. Es war schon schlimm genug, dass sie befreundet waren. Das hat gereicht, dass mir die Galle hochkam.«
Ich war erleichtert, aber nicht so erleichtert, dass ich vergaß, wütend zu sein. »Es sagt eine ganze Menge, dass du vermutest, jemand hätte mir davon erzählt. China Lake ist wie ein Aquarium mit lauter Piranhas. Lügen gehören zur Tagesordnung, und die Luft hängt voller Gerüchte. Habt ihr beiden hier gelernt, wie man hinter dem Rücken von anderen ein Komplott schmiedet?«
»Evan, bitte.«
»Wie man lügt und manipuliert und Jesse die Daumenschrauben ansetzt, bis er klein beigibt?«
»Können wir uns bitte später darüber
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