Schmerzlos: Thriller (German Edition)
Rinne, über die das Blut abfließen konnte – und zuckte dennoch nicht zusammen, erstarrte nicht, schaltete nicht ab. Sie ließ sich auf den Kampf ein.
In der Legende kämpft der Kojote mit einer Frau, und sie versuchen, sich gegenseitig zu überlisten. War das endlich die Frau?
Er änderte seine Taktik. Sie mechanisch zu unterwerfen, indem er Sehnen oder Nervengruppen durchschnitt, war keine große Herausforderung. Es war weitaus befriedigender, sie durch Schmerzen zu zermürben. Er drückte eine ihrer Hände auf den Boden, bog ihre Finger auseinander und schlitzte die Sehnen an ihrem Handgelenk auf. Sie kreischte.
»Du Mistkerl! Du Wichser!«
Er beugte sich vor, bis sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von dem ihren entfernt war. »Ich brauche neue Informationen. Jetzt. Sofort.«
Sie spuckte ihn an. Er presste ihr die Spitze des Messers an die Wange.
»Neue Informationen.«
Sie wich seinem Blick nicht aus, sondern starrte ihn an. Endlich, endlich ein Tier, das die Dynamik zwischen Jäger und Beute begriff. Das nicht bereit war, sich aufzugeben.
»Ich kann dir die Augen ausstechen und dir die Haut vom Gesicht abziehen. Ich kann dich auch komplett häuten und wie Schweinefutter auf dem Boden zurücklassen. Aber deine Zunge werd ich mir bis zum Schluss aufheben, damit du mir sagen kannst, was du weißt.«
Die Lehrerin hielt seinem Blick stand. Er lag auf ihr wie ein Liebhaber.
Schließlich bewegte sie die Lippen. »Chang und Delaney.«
»Ja?«
Ihr Atem ging keuchend. »Sie wissen von den anderen. Den Schwangerschaften. Evan hat Angst.«
»Angst. Aber natürlich.« Er näherte sich ihrem Mund. »Ist sie schwanger?«
»Ich denke schon.«
»Dann denk schneller.« Er nahm ihre Unterlippe zwischen die Zähne und biss zu.
Sie streckte die Hand aus, packte den Griff der Ofentür und schmetterte sie ihm auf den Schädel.
Der Schlag ließ seinen Kopf auf ihr Gesicht prallen, und sie knallte mit dem Hinterkopf auf den Boden. Automatisch biss er ihre Lippe durch, und endlich besiegte sie der Schmerz. Sie erschlaffte. Er brüllte und fuhr hoch, wobei er ihre Unterlippe zerriss.
Das Messer steckte in ihrer Wange. Er zog es heraus und ritzte ihr seine Klauenspuren ins Gesicht.
In dem Versuch, ihr Gesicht zu schützen, hob sie die noch funktionsfähige Hand. Das war also ihre Schwäche. Sie war Künstlerin, das Äußere war alles. Eitelkeit – die Schwäche einer Frau.
Doch plötzlich packte sie ihn an den Haaren.
Die Perücke war festgesteckt, aber sie krallte sich mit den Fingern hinein und riss daran. Vielleicht hoffte sie, ihm damit wehzutun. Dann zog sie das Knie an und versuchte, es ihm in die Eier zu stoßen. Das würde natürlich nicht funktionieren. Er hielt einfach still und ließ es geschehen.
Die Lehrerin riss entsetzt die Augen auf, als ihr klar wurde, dass ihr Angriff ins Leere gegangen war. Sie war von Kopf bis Fuß mit Blut bedeckt, und der Fußboden wurde immer rutschiger. Es war Zeit, der Sache ein Ende zu machen. Doch vorher wollte er noch herausfinden, wie sie auf die Erkenntnis ihres bevorstehenden Todes reagierte. Ein würdiger Gegner hatte das verdient.
Von der Vorderseite des Hauses drang ein Geräusch herein. Die Haustür wurde geöffnet. »Antonia.«
Die Lehrerin brüllte wie ein Tier. Mit einer letzten gewaltigen Anstrengung holte sie aus und drosch ihm die Hand ins Gesicht. Er blinzelte. Der Schlag hatte die Kontaktlinse verrutschen lassen.
Schritte näherten sich, und ein Mann rief: »Toni?«
Coyote stieß ihr das Messer in die Luftröhre. Er drückte es mit beiden Händen durch ihre Kehle, bis die Klinge auf die Knochen der Wirbelsäule traf. Die Lehrerin bewegte sich nicht mehr.
Sie hatte ihm die Perücke heruntergezogen. Er riss sie ihr aus den toten Fingern.
Jetzt kam das Geräusch von hinten: Schuhe auf Fliesenboden. Er drehte sich um und sah den Mann zur Haustür flüchten. Fliegendes Jackett, kahler Kopf mit dünnen Haarsträhnen, die ihren Platz auf dem Schädel verlassen hatten und schlaff hinter ihm her wehten. Der Arzt.
Coyote zog das Messer aus Toni Cantwells Kehle. Der Arzt war ein Feigling. Er überließ seine Frau den Hunden. Zur Belohnung würde er wie ein Hund sterben.
Fassungslos glotzte ich McCracken an. »Der Killer ist eine Frau?«
Er schien genauso verblüfft wie ich. »Ja. Soll das etwa heißen, dass Klijsters keine Frau ist? Ich dachte, Robin wäre ein Frauenname.«
»Nein, er war ein Mann.« Ich warf Tommy einen verwirrten Blick zu.
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