Schmerzlos: Thriller (German Edition)
stand. Und ihr Lächeln sagte mir, dass es ihr so am liebsten war.
Jax verschränkte die Arme. »Du hast deine Informanten, ich hab meine Informanten. Meine wissen nur, dass Coyote an South Star mitgearbeitet hat. Den Rest musst du selbst rausfinden.«
»Und wie soll ich das anstellen?«
Ihre Stimme wurde leise. »Du musst die Fäden entwirren, um die Fehlerquelle zu lokalisieren.«
Ein statisches Rauschen störte die Verbindung, und das Bild verpixelte. Als es wieder da war, musterten mich ihre dunklen Katzenaugen prüfend.
»Das musst du mir erklären«, sagte ich.
»Wenn was schiefläuft, musst du die Situation analysieren, um zu ermitteln, was der Grund dafür war. So wie eine Katze, die ein Wollknäuel auseinandernimmt. Du musst das Wollknäuel aufdröseln, um die schadhafte Stelle zu finden.«
Ihre Stimme hatte jetzt ein Register, das mich an einen Ferrari erinnerte. Rassig, geschmeidig und souverän, selbst wenn der Motor hochgejagt wurde.
»Es geht darum, Fehler zu korrigieren, damit sie sich nicht wiederholen. Man bewertet Beweise und Hypothesen, bis man den Doppelagenten, die falsche Quelle oder den Analysefehler gefunden hat. Auf diese Weise identifiziert man das echte Problem.«
»Das Problem besteht also nur scheinbar darin, dass dieser Coyote zwei meiner ehemaligen Mitschüler umgebracht hat. Du bist der Meinung, dass es eigentlich ganz woanders liegt.«
»Es heißt, dass das Projekt South Star abgebrochen wurde, weil die Forscher die Ergebnisse nicht mehr kontrollieren konnten. Die Frage ist jetzt: Was ist bei diesem Projekt mit Coyote passiert?«
»Jax, wenn ich graben soll, musst du mir erst mal eine Schaufel an die Hand geben. Erzähl mir mehr über Coyote.«
Tim kam ins Zimmer. »Also gut.«
Er besaß ein Allerweltsgesicht und die Gelassenheit eines Buddhas. Seine wachen Augen und das leicht schiefe englische Lächeln passten zu der rauen Arbeiterstimme, aber soviel ich wusste, war er der Sohn eines Grafen.
»Coyote ist so gut darin, sein Aussehen zu verändern, weil er sich gern verkleidet. Er ist sehr schmal gebaut. Ein kleiner Mann, der sich tagsüber betont maskulin kleidet und abends die Stöckelschuhe und das Stretchkleid aus dem Schrank holt.«
»Er ist Transvestit?«
»Crossdresser, Dragqueen, du kannst es nennen, wie du willst. Seine sexuelle Identität ist gewissen Schwankungen unterworfen, was ihm dabei hilft, unerkannt zu bleiben, indem er eines der beiden Geschlechter spielt.«
»Das sind Informationen, die ich an die Polizei weitergeben kann. Aber wie soll ich es anstellen, mehr über das Projekt South Star in Erfahrung zu bringen? Gebt mir einen Tipp.«
»Lass deine Beziehungen spielen.«
Beziehungen, das hieß China Lake. Das statische Rauschen wurde jetzt immer stärker und legte sich wie Sand über die Audioverbindung.
»Seid bitte ehrlich zu mir. Warum erzählt ihr mir das alles?«
»Ich werd dir sagen, warum«, antwortete Jax. »Aufgrund meiner Ausbildung und meiner Erfahrung weiß ich, dass ich so gut wie jeden liquidieren kann, und ich bin verdammt gut darin. Aber Coyote jagt mir kalte Schauer über den Rücken.«
6. Kapitel
»Sie spielt mit mir. Das Ganze ist ein Spiel«, sagte ich.
Jesse widersprach mir nicht. Er sah zu, wie ich am Rand seiner Terrasse hin und her wanderte. In der Dunkelheit wirkten seine blauen Augen fast schwarz.
»Wenn es ein Spiel ist, gehe ich mal davon aus, dass sie auch gewinnen will«, meinte er. »Die Frage ist, wie stellt sie das an?«
Die Nacht wurde frisch, da vom Meer eine kühle Brise herüberwehte. Durch die Glasfront hinter Jesse drang bernsteinfarbenes Licht aus dem Innern des Hauses.
Ich machte die nächste Kehrtwende. »Jax ist dazu ausgebildet, gezielt Falschinformationen auszustreuen. Woher soll ich wissen, wann sie lügt und wann sie die Wahrheit sagt?«
»Du hast den ersten Schritt getan, indem du Tommy angerufen und ihm die neuen Informationen mitgeteilt hast. Er wird Nachforschungen anstellen.«
Ich nickte. »Was aber immer noch nicht die Frage beantwortet, was Jax von mir will.«
»Glaubst du wirklich, dass Coyote ihr Angst macht?«
Ich wurde langsamer. »Ja.« Und das machte mir Angst. Große Angst.
»In diesem Fall gehe ich davon aus, dass sie dich nicht auf eine sinnlose Unternehmung angesetzt hat. Du sollst tatsächlich deine Beziehungen spielen lassen. Und du weißt genauso gut wie ich, was sie damit meint.«
»China Lake.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber ich hab nur
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