Schmerzlos: Thriller (German Edition)
gehen. Gleich heute Abend. Taylor brachte es wirklich fertig, dass eine Frau sich als was Besonderes fühlte. Alle Achtung.
Sie klopfte mir auf die Schulter. »Na, wie auch immer, jedenfalls weiß ich, dass ich mich voll und ganz auf dich verlassen kann. Schließlich bist du die Einzige, die Korrektur lesen kann.«
Mein heliumgefüllter Kopf spürte einen Nadelstich. »Korrektur lesen?«
»Ja, ich brauche deine Hilfe bei den Adjektiven. Und bei den Schriften. Und bei der Zeichensetzung. Ich wette, dass du wahre Wunder mit Ausrufezeichen vollbringen kannst.«
Mit einem spöttischen Zischen entwich die Luft aus meinem Kopf. »Vergiss die Apostrophe nicht. In meiner Hand eine tödliche Waffe.«
»Oh, Evan, hast du etwa gedacht, ich würde eine Fotostrecke mit dir machen? Wie kommst du denn auf die Idee?«
Ich zählte bis drei. Dann schnappte ich mir Suzie und zog den Stöpsel aus dem Ventil zwischen ihren Schulterblättern. Laut pfeifend strömte die Luft heraus. Taylor kreischte entsetzt und versuchte, mir die Gummipuppe zu entreißen. Ich wandte mich ab und faltete das Ding zusammen.
»Evan, das hat sie gar nicht gern.«
»Pack das Zeug zusammen. Und wenn dein Mann übers Wochenende den heiligen Franziskus zu Besuch hat, es ist mir egal. Die Handwerker kommen morgen früh wieder, und bis dahin ist dein Krempel weg.«
»Aber darüber muss ich unbedingt noch mit dir reden. Ich hab mich mit den Jungs unterhalten und dabei die Sachen gefunden, die du aus deinem Medizinschränkchen geräumt hast.«
»Du hast was? Taylor, du hast doch hier nicht etwa rumgeschnüffelt?«
Sie zeigte auf einen Karton neben dem Fernseher. Als wir ins Wochenende gefahren waren, hatte ich ihn in den Schrank gestellt. Mir wurde übel. Sie griff hinein und holte ein paar Sachen heraus. Make-up, Aspirin und ….
»Oh nein«, flüsterte ich.
… die Packung mit meiner Antibabypille.
Taylor tippte mit den Fingernägeln dagegen. »Weißt du, was mir aufgefallen ist? Diese Packung ist sechs Monate alt, aber du hast sie nicht einmal aufgemacht.« Sie biss sich auf die Lippen und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Evan, du machst doch nicht etwa auf natürliche Verhütung?«
Meine leichte Benommenheit verwandelte sich in ein Gefühl, als wäre ich unterwegs zur Zimmerdecke. Ich riss Taylor die Pillenpackung aus der Hand, kippte den Karton mit den Sachen aus meinem Bad um und fing an, ihn mit Männertangas und Sexspielzeug vollzustopfen. Taylor riet mir, mich zu beruhigen. Ich rammte Suzie in den Karton, deren Unterleib jetzt um ihren Kopf gewickelt war. Taylor hielt das für rücksichtslos, worauf ich antwortete, dass Suzie eher überrascht als beleidigt aussehe, was ja auch kein Wunder sei, schließlich stehe ihr ohnehin die ganze Zeit der Mund offen. Taylor tapste genervt mit dem Fuß auf den Boden und warf mir vor, frustriert zu sein. Vielleicht würde es helfen, wenn Jesse ein paar Artikel aus der Kollektion Wochenendfeuerwerk für mich kaufte. Als wir an diesem Punkt angelangt waren, muss ich Taylor ernsthaft angefaucht haben, denn plötzlich hob sie abwehrend die Arme und wich vor mir zurück. Ich für meinen Teil hatte eine wohl außerkörperliche Erfahrung.
Dann drückte ich ihr den Karton in die Hand, schob sie aus dem Haus und verriegelte hinter ihr die Tür. Sie blieb einfach stehen und unterhielt sich mit mir durch die Glastür weiter. Sie verstand sehr gut, dass ich Bedürfnisse hatte. Sie konnte helfen. Das war ja schließlich Sinn und Zweck ihrer Dessous – sie halfen Menschen mit Bedürfnissen. Ich ließ die Jalousie herunter. Du darfst deine Bedürfnisse nicht ignorieren, brüllte sie. Das ist nicht gesund. Es könnte zu einer psychischen Störung führen.
Ich marschierte ins Schlafzimmer, machte die Tür zu und ließ mich der Länge nach aufs Bett fallen.
Es würde nur ein paar Stunden dauern, bis meine gesamte Familie Bescheid wusste. Einschließlich meiner Tanten, meiner Cousins, Onkel Benny, der Priester war, und meiner Mutter. Ich steckte den Kopf unter ein Kissen.
Dass meine Verwandtschaft mein Sexleben erörterte, hatte mir gerade noch gefehlt. Was zwischen mir und Jesse war, ging niemanden was an. Zugegeben, manchmal war es schon etwas kompliziert. Nein, nicht der Sex – der Sex war großartig. Sex mit Jesse war für mich wie ein Flug zum Mond. Ich brauchte einfach Geduld und Fantasie, und das in rauen Mengen. Doch wenn ein Mann querschnittgelähmt ist, kommt es ohne eine entsprechende Behandlung
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