Schmerzlos: Thriller (German Edition)
selten zu einer Schwangerschaft. Genau genommen – und das beunruhigte mich mehr, als ich zugeben wollte – benötigten wir gar keine Verhütungsmittel. Ich rollte mich auf den Rücken. Wenn ich Taylor mit einem Push-up-BH erdrosselte, würde mich kein Richter dieser Welt schuldig sprechen. Schließlich konnte ich alles auf meine psychische Störung schieben.
Ich stand auf, ging ins Bad, schaltete das Licht ein – und blieb wie angewurzelt stehen. Mr. Martinez und seine Söhne waren schon weg. Und ich hatte keine Dusche, keine Toilette und keinen Waschtisch.
Jesse brach in schallendes Gelächter aus, als ich anrief, und sagte, ich könne gern bei ihm wohnen, solange ich Toby Keith und Patsy Cline zu Hause ließ. Ich packte ein paar Sachen und war schon fast aus der Tür, als das Telefon klingelte. Die Hand auf dem Türknauf wartete ich, bis der Anrufbeantworter ansprang. Jax’ kühle Stimme war zu hören.
»Webcam.« Dann legte sie auf.
Nachdem ich einmal tief durchgeatmet hatte, holte ich die kleine Kamera aus einer Schreibtischschublade und stöpselte das Kabel in meinen Laptop. Unmittelbar darauf piepste das Videoprogramm. Ein Fenster öffnete sich. Auf dem Bildschirm erkannte ich Jax neben einer Schreibtischlampe, die ihr Gesicht in warmes Licht tauchte und ihren Diamantschmuck funkeln ließ.
»Gut gemacht, Evan. Die Gerüchteküche brodelt. Und die Leute nehmen die Sache endlich ernst«, sagte sie.
Im Hintergrund bemerkte ich ein Bett, ein Bild an der Wand, das auf ein Hotel schließen ließ, Vorhänge, einen Balkon. Draußen lehnte ein Mann am Geländer und starrte in die Dämmerung. Eine Zigarette leuchtete rot auf, als er an ihr zog.
»Hallo, Tim«, sagte ich. »Wie ist denn die Aussicht in Lone Pine? Oder seid ihr in Palmdale?«
»Dubai.« Er blies den Rauch seiner Zigarette in den Himmel.
»Jax, die Polizei von China Lake hat das FBI eingeschaltet. Sie sind zwar sauer auf mich, aber die Ermittlungen laufen auf Hochtouren.«
»Gut. Ich hab nämlich noch mehr Informationen für dich.« Sie stellte die Kamera schärfer ein. Das Bild auf dem Monitor verschwamm und wurde wieder klar. »Coyote hatte irgendwas mit einem Projekt namens South Star zu tun. Es wurde aus einer schwarzen Kasse finanziert und in China Lake durchgeführt.«
Mein Herzschlag beschleunigte sich. »War er bei der Navy?«
»Nein. Und South Star hat auch nichts mit der Navy zu tun. Ursprünglich wurde das Projekt von der DARPA finanziert, dann aber für geheim erklärt. Und es wurde in China Lake getestet.«
DARPA, die Defense Advanced Research Projects Agency – eine Abteilung des Verteidigungsministeriums, die für die Forschung zuständig war -, finanzierte Forschungsprojekte von Universitäten und privaten Unternehmen. Allerdings kam es manchmal vor, dass einige davon als geheim eingestuft wurden, weil sie zu brisant wurden.
»Coyote war eine Testperson für das Projekt«, fuhr sie fort.
Ich war etwas verwirrt. »Soll das heißen, das South Star gar kein Waffensystem war?«
»Oh doch. Es war eine Waffe.«
In China Lake drehte sich alles um Waffen: Raketen, Bomben, Raketenabwehrsysteme. Am Tor des Stützpunkts hängt ein Schild, das Fahrer höflich darauf hinweist, telefonisch eine Polizeieskorte zu ordern, wenn sie hochexplosive Stoffe transportieren. Doch Jax meinte etwas ganz anderes.
»Eine menschliche Waffe«, sagte ich.
»Genau.«
»Aber du hast doch gesagt, dass es kein Forschungsprojekt der Navy war. Wer hat es in Auftrag gegeben? Die CIA?«
»DIA oder NSA oder irgendjemand anders mit guten Kontakten zum Militär.«
»Aber wenn der Killer was mit diesem Projekt zu tun hat, muss es doch Unterlagen darüber geben. Dann können sie seinen richtigen Namen rausfinden und ihm so auf die Spur kommen.«
»Hast du mir denn nicht zugehört? Das Projekt wurde aus einer schwarzen Kasse finanziert. Da kann man nicht einfach im Telefonbuch einen Namen nachschlagen. Das FBI wird eine Brechstange benutzen müssen, um an Informationen zu kommen. Wenn es überhaupt Unterlagen dazu gibt.«
»Na und? Du kannst doch in Langley nachfragen.«
Sie lächelte und zeigte dabei blendend weiße Zähne. »Erst willst du mir nicht glauben, dass ich bei der CIA war, und jetzt willst du nicht glauben, dass ich es nicht war.«
Genauso war es. Ich wusste nicht, ob sie mir die Wahrheit erzählt hatte. Ich wusste nicht, für wen sie arbeitete, ob sie auf eigene Rechnung tätig war oder immer noch auf der Gehaltsliste der Regierung
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