SchmerzLust: Mein geheimes Leben als Domina (German Edition)
überlegt: Ich wollte mich in meiner Profession Femdom-Lady Ariana nennen. Warum? Zum einen bezeichnete das »Femdom« meine Gesinnung. Des Weiteren war ich irgendwann einmal beim Googeln darauf gestoßen, dass es sich bei Ariane um die französische Form von Ariadne, der Tochter des Königs Minos von Kreta, handelt und der Name übersetzt so viel wie »Die Liebliche«, manchmal auch »Die Heilige« bedeutet. Das gefiel mir.
Ich folgte der Hausdame durch ein schummrig rot erleuchtetes Foyer, in dem ich gerne eine Weile stehen geblieben wäre, um die Eindrücke aufzusaugen. Da Claudia es offensichtlich eilig hatte, blieb es leider bei Momentaufnahmen: Hier eine brennende Fackel an der Wand, dort ein rotes Sofa in Form eines Mundes, daneben ein fast mannshoher schmiedeeiserner Eisenkäfig. Wow!
Claudia öffnete eine fast unsichtbare Tür in der Wand und führte mich in einen Raum, in dem alles rot war. Sogar die Streckbank mitten im Raum, die, wie ich amüsiert bemerkte, zur Kaffeetafel umfunktioniert worden war. Zumindest standen dort zwei Porzellantassen mit Untertassen, ein Teller mit Gebäck, Milch und Zucker, ein silbernes Zigarettenetui sowie ein Aschenbecher in Form einer geöffneten Handfläche. Rechts und links der Streckbank zwei Stühle: Einer aus rotem Leder mit einer hohen Lehne, der andere aus rotem Holz mit einem bequemen Kissen darauf. Ich setzte mich mal lieber nicht auf den mit der Lehne.
»Sorry, aber das Zofenstudio ist zurzeit der einzige Raum, in dem wir ungestört reden können. Überall sonst sind entweder Gäste oder Frauen, die sich umziehen und laut schwatzen. Bitte setzen Sie sich, ich hole uns eben Kaffee«, sagte Claudia.
Ich lächelte und fand den Raum großartig. Zofenstudio …
Auch hier gab es wieder einen großen Käfig, nein, sogar zwei: einen, in dem man stehen konnte, und einen weiteren, der unter einer Sitzfläche verlief und von potenziellen Insassen ausschließlich liegend oder bestenfalls kniend genutzt werden konnte.
Die gegenüberliegende Wand wurde fast komplett von einem riesigen Spiegel eingenommen, unter dem eine üppige Spielzeugleiste angebracht war: Hier hingen Peitschen aller Art, Paddel, Gerten, Brustwarzenklammern, Gewichte, Teppichklopfer – und fast alles in Rot. Ich fühlte mich wie als Kind, wenn ich zu Weihnachten vor einem Kaufhausschaufenster mit Stofftieren meine Nase platt gedrückt hatte. Davor stand ein hölzerner Pranger, dahinter eine Schaufensterpuppe in Domina-Klamotten. Ich konnte mich gar nicht sattsehen.
»Das ist ein tolles Zimmer, nicht?«, fragte Claudia lächelnd, als sie mit einer Warmhaltekanne zurückkam. »Man meint immer, man müsse etwas anfassen, einfach nur, weil die meisten Sachen so hübsch aussehen.«
Ich musste lachen. Ja, ich hatte Spaß daran, lederne Peitschenschnüre durch die Hände gleiten zu lassen.
Wir zündeten uns zum Kaffee eine Zigarette an, und Claudia wollte von mir wissen, wie lange ich bereits in meiner in der E-Mail erwähnten SM-Beziehung lebte. Ich erzählte ein bisschen von Alexander und mir, aber auch nicht zu viel. Nur so viel, dass sie sich ein Bild von meiner Kompetenz machen konnte, denn darum ging es ja bei dieser Frage. Schließlich war mein Freund meine einzige »Referenz«.
»Sie haben also gar keine Studio-Erfahrung«, fasste die seriöse Hausdame zusammen. »Können Sie sich denn vorstellen, bei uns als Aktiv-Passive zu arbeiten, um Ihre Erfahrungen zu vertiefen?«
Aktiv-Passive werden in der privaten SM-Szene als »Switcher« bezeichnet: Diese Menschen fühlen sich sowohl in der aktiven, also dominanten und/oder sadistischen, als auch in der passiven, also devoten und/oder masochistischen, Welt zuhause. Ich sollte mich also dominieren, demütigen und quälen lassen und dabei auch noch die üblichen sexuellen Praktiken anbieten?!
»Nein, das kommt für mich auf gar keinen Fall infrage!«
»Dann können wir Ihnen einen Workshop anbieten, der Ihnen wichtiges Know-how vermittelt.«
Sie redete wirklich so.
Das mit dem Workshop wusste ich von meiner Internet-Recherche. Kundige Dominas des Hauses coachten unkundige in einem intensiven kostenpflichtigen Workshop und brachten ihnen die Basics des SM bei, bevor man sie auf die Gäste des Hauses losließ.
Ich atmete tief ein.
»Den kann ich mir leider nicht leisten, aber der Partner, mit dem ich seit Monaten zusammenlebe, ist überaus neigungsbetont und nicht einfach nur ein Amateur. Vielleicht besteht ja die Möglichkeit, Ihnen mein Können
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