Schmerzverliebt
mich!«
»Moment mal«, weist mich meine Mutter zurecht, »wir meckern überhaupt nicht dauernd! Papa darf sich doch mal über dein Verhalten ärgern! Wer richtig gemein wird, bist du. Du warst doch damit einverstanden, dass du dich erst mal mit einem preisgünstigen Musikinstrument anfreundest, bevor wir so eine große Anschaffung machen!«
»Ist ja gut!«, rufe ich gereizt, knalle die Gabel auf den Tisch und stütze den Kopf in die Hände.
»Püppi«, sagt meine Mutter sanft, »kein Grund, ausfallend zu werden. Du weißt genau, dass das, was du uns vorwirfst, nicht wahr ist. Erinnere dich nur mal, ich hab dir heute Mittag noch angeboten, dir ein Kleid zu spendieren. Und Papa war ganz begeistert von dem Gedanken und hat mir schon angedeutet, dass er für ein bisschen Schmuck sorgen würde. Er hat überlegt, dich richtig auszustaffieren: neue Schuhe, Ohrringe …«
»Danke«, flüstere ich zerknirscht.
»Obwohl du das überhaupt nicht verdient hättest, so wie du dich aufführst«, fügt meine Mutter streng hinzu. »Ich finde, du solltest dir das mit dem Getränkeausschank noch mal überlegen.«
»Warum machst du das nicht?« Benne schüttelt den Kopf. »Bist du dir zu gut dafür, oder was?«
»Ich mach es ja!«, rufe ich verzweifelt, denn alles, was ich gesagt habe, tut mir schon fürchterlich Leid. »Ich möchte nur erst gefragt werden!«
»Ich hab dich doch gefragt!«, keift Benne.
»Und ich hab ›vielleicht‹ gesagt!«
»Du tickst ja nicht mehr richtig!« Mein Vater rückt mit seinem Stuhl vom Tisch weg, als wolle er möglichst viel Abstand zu mir gewinnen, und verschränkt die Arme vor der Brust. »Anne, verstehst du das?«
»Nein, ehrlich nicht.«
»Meine Schwester, die Prinzessin, glaubt wohl, es wär für mich ’ne Ehre, wenn sie überhaupt kommt!«
»Nein, ich …«
Es ist zwecklos, mich zu verteidigen. Benne ist sauer und meinen Eltern habe ich mal wieder den Abend verdorben.
»Vielleicht möchte ich jetzt gar nicht mehr, dass du kommst«, setzt Benne noch einen drauf, und da meine Eltern nicht widersprechen, bleibt es so stehen. Es sind die Worte, mit denen sie mich entlassen, während ich stumm aufstehe und, ohne einen Bissen gegessen zu haben, die Terrasse verlasse.
10 Sebastian
»Schön, dass es dir gut geht, Sebastian. Ich habe euch die ganze Zeit lachen hören.«
»Du, ich hab wahnsinniges Glück! Pia ist so nett, überhaupt nicht arrogant oder eingebildet, auch nicht langweilig, sie ist einfach klasse!«
»Das freut mich für dich. Aber jetzt mal was anderes, wir sollten noch mal über mein Projekt reden.«
»Ach ja.« Sebastians gute Laune verfliegt schlagartig. Das ist nämlich nicht gerade sein Lieblingsthema. Sein Vater arbeitet als promovierter Biologe bei einem Arzneimittelhersteller. Dort macht er langwierige Versuche mit weißen Mäusen, testet an ihnen neue chemische Stoffe, aus denen mal Medikamente werden sollen. »Hast du dich denn jetzt entschieden, die Leitung des neuen Labors zu übernehmen?«
»Kommt drauf an. Was sagst du denn dazu?« Dr. Kramer steckt sich eine Zigarette an. »Du siehst nicht sehr begeistert aus. Hat dieser anonyme Anrufer sich noch mal gemeldet?«
»Nein, nicht mehr. Und vielleicht war der Streich mit den Zuckermäusen ja auch nur Zufall. Das kann sich auf mein Aussehen bezogen haben.«
»Unwahrscheinlich. Mäuse sind nun mal unsere Hauptversuchstiere im Labor. Sebastian, was ist los? Bedrückt dich das sehr?«
»Ich weiß nicht. In der Schule hab ich Pias Bruder getroffen. Wenn Blicke töten könnten …«
»Der Bruder deiner Pia ist einer von den Tierschützern?«
»Ja, leider, und ich befürchte, er hat was dagegen, dass ich mit ihr zusammen bin.«
»Was sagt denn Pia dazu?«
»Sie weiß nichts von deinem Projekt.«
»Wieso nicht?«
»Ach, ich fand’s nicht so wichtig.«
»Sebastian, du musst dich darauf einrichten, dass ich in den nächsten Tagen ziemlich im Rampenlicht stehen werde. Es ist ein enormes Bauprojekt, das meine Firma plant, und ich, als wissenschaftlicher Leiter und Ansprechpartner für die Presse, muss es in der Öffentlichkeit vertreten. Es geht ja nicht nur darum, dass wegen des Baus ein paar alte Bäume gefällt werden, es sind vor allem die Tierversuchsgegner, die wieder alles hochspielen und mich als schlimmsten Tierschänder abstempeln wollen – und das, obwohl sie selbst jede Woche in die Apotheken rennen und für jeden Schnupfen perfekte Pillen haben möchten, mit deren Herstellung und Testung sie aber
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