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Schmerzverliebt

Schmerzverliebt

Titel: Schmerzverliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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die mitten im Gang steht, mich bereits gesehen und winkt wie verrückt, und drittens hab ich keine Lust, zu laufen; wenn ich jetzt noch zu Fuß gehe, komme ich sicher zu spät zur Französischarbeit.
    »Der Bus ist überfüllt! Die letzten zugestiegenen Fahrgäste bitte wieder aussteigen! Der nächste Bus dieser Linie kommt in zwanzig Minuten!«, höre ich den Fahrer über Lautsprecher.
    Doch ich rühre mich nicht. Warum soll ausgerechnet ich die Einzige sein, die nicht mehr mitgenommen werden kann? Wenn alle noch ein Stückchen rutschen, passe ich problemlos rein. Ich will mit.
    »Raus, Püppi!«, flüstert der Nachbarsjunge mir zu und grinst.
    »Geh doch selber!«, zische ich und merke, wie sich die Augen der umstehenden Schüler auf mich richten.
    »Blöde Kuh«, sagt einer, »wegen der kommen wir noch zu spät!«
    Der Fahrer brüllt jetzt in sein Mikrofon. »Ihr Hornochsen, merkt ihr nicht, dass der Bus überfüllt ist? Die Letzten müssen wieder aussteigen! Los, raus mit euch!«
    Er steigt aus und kommt von draußen auf die offene Tür zugerannt. Sein Kopf ist verdächtig rot, angeblich soll Schulbusfahren der Job mit dem höchsten Herzinfarktrisiko sein.
    »Verdammt, ich muss meinen Fahrplan einhalten!«
    Er packt mich an meinem Rucksack und zerrt mich aus dem Bus. Auch drei jüngere Schüler befördert er nach draußen, den Nachbarsjungen nicht.
    »Blöde Blagen! Immer der gleiche Ärger mit euch!«
    Der Fahrer stapft zum vorderen Eingang zurück, eines der Kinder springt in den Bus zurück und zieht uns anderen eine Fratze, die Türen schließen sich, der Nachbarsjunge winkt mir gönnerhaft zu, und auch Conny macht ein Gesicht, das mehr Schadenfreude als Mitleid zeigt.
    Dann stehe ich da. Der Bus ist weg und die beiden Kleinen sind schon weit vorausgelaufen. Ich verharre immer noch am selben Fleck.
    Plötzlich scheint es mir unmöglich, den heutigen Tag mit seinen Aufgaben zu bewältigen. Es ist einfach zu viel. Ich muss mich beeilen, ich muss mit Sebastian ein ernstes Gespräch führen, ich muss mit Conny und Sandra quatschen, ich muss die Klassenarbeit schreiben, ich muss für das Casting trainieren, ich muss mich wieder mit meinen Eltern vertragen.
    Nein. Ich werde mich nicht mit ihnen vertragen können, denn sie werden sagen, dass es nichts zu vertragen gebe, sie seien mir überhaupt nicht böse, und auch ich hätte keinen Grund, ihnen etwas vorzuwerfen, ich hätte mich doch geweigert, den Partyservice zu übernehmen, völlig grundlos und überzogen wie so oft.
    Wie am Samstagmorgen vor Connys Geburtstagsfeier. Sie waren zu einem Einkaufsbummel in die Stadt gefahren, und ich hatte sie gebeten, mir den bestellten Bildband über New York, den Conny sich zum Geburtstag gewünscht hatte, aus der Buchhandlung mitzubringen.
    »Wenn wir dazu kommen«, hatte meine Mutter gesagt.
    »Es ist wichtig. Sie feiert heute Abend.«
    »Ja, wir bringen ihn dir mit. Versprochen. Dann müssen wir zwar extra in die Buchhandlung, aber gut …«
    Da hätte ich es schon ahnen können: dass sie es vergessen.
    »Toll!«, rief ich. »Gleich macht die Buchhandlung zu und ich stehe ohne Geschenk da!«
    »Komm, dann fahren wir eben noch mal schnell.« Meine Mutter griff nach dem Autoschlüssel.
    »Anne, du wirst doch jetzt nicht noch mal losfahren wollen!«, sagte mein Vater. »Den ganzen Tag erzählst du mir, wie überarbeitet du bist und dass du Kopfschmerzen hast. Du ruhst dich jetzt aus! Und überhaupt: Sind wir für ihre Geburtstagsgeschenke zuständig? Pia ist alt genug, sich selbst darum zu kümmern.«
    »Mama hatte es mir aber versprochen!«
    »Ja, ich weiß!« Meine Mutter stöhnte. »Aber man kann doch mal was vergessen, oder? Dann sagst du deiner Freundin eben, es sei noch nicht geliefert worden! Schreibst ihr einen netten Gutschein und gibst es ihr am Montag. Wo ist das Problem?«
    »Da komme ich mir aber doof vor. Die anderen haben alle richtige Geschenke und ich nur so ’nen blöden Umschlag … Bitte Mama, du hast doch gesagt, du würdest mich noch mal fahren …!«
    Meine Mutter seufzte, griff sich an den Kopf. »Püppi, mir geht’s wirklich nicht besonders …«
    »Schluss jetzt!«, rief mein Vater energisch. »Du hättest vorhin mit uns mitfahren können! Da warst du zu faul, also steh jetzt für die Folgen ein! Hoffentlich bist du nicht auch so faul, wenn’s um die Schule geht! Kollegen haben mir gesagt, du hättest in einigen Fächern nachgelassen. Was hast du den ganzen Tag gemacht? Musik gehört?«
    »Was hat

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