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Schmerzverliebt

Schmerzverliebt

Titel: Schmerzverliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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eine Kopfbewegung zum Handy hin, das immer noch klingelt. Benne tupft mir mit einem Taschentuch im Gesicht herum, und ich lasse es erschöpft zu, habe mich längst von der Trauer wegschwemmen lassen und den Gedanken aufgegeben, mit Sebastian zu reden.
    »Es wäre ja noch etwas anderes«, sagt Benne, »wenn er sich mal kritisch zum Bauprojekt seines Vaters geäußert hätte. Aber er steht zu ihm. Vielleicht hat er auch schon mal für ihn gejobbt, weißt du’s? Dir hat er ja nicht mal erzählt, was sein Vater macht! Püppi, die werden unseren alten Bahnhof abreißen, um dort ein neues Labor aufzubauen, willst du das?«
    »Nein«, sage ich, obwohl ich kaum noch höre, was Benne und Conny reden. Ich habe mich gerade an einen meiner schlimmsten Alpträume erinnert: Ich nehme Pablo auf den Arm, versuche, mit ihm davonzulaufen, und er wird auf meinen Armen erschossen.
    »Na also. Komm, jetzt putz dir die Nase, wasch dir das Gesicht, mach dich schön, wir fahren in die Stadt, ich lad euch ins Kino ein.«
    »Echt?«, fragt Conny und strahlt.
    »Echt«, bestätigt Benne und grinst meine Freundin an.

14 Sebastian
    Er winkt, aber Pia, die mit Benedikt und Conny am Pausenkiosk steht, reagiert nicht. Verflixt, sie sieht ihn doch! »Pia! Pia! Hallo!«
    Er will nicht mit Benedikt zusammentreffen, deshalb geht er nicht zu ihr rüber, sondern hüpft auf und ab und winkt mit den Armen. Pia blickt durch ihn hindurch. Jetzt zündet sie sich eine Zigarette an, wendet sich Benedikt zu und sagt ihm irgendwas. Der nickt und kommt auf ihn zu.
    Mist! Sebastian will nicht mit Benedikt reden. Zwar möchte er liebend gern seinen Ärger über die anonymen Anrufe, die Benne von Pias Handy aus gemacht hat, loswerden, aber er ahnt, dass er dadurch nicht viel gewinnt. Zumindest muss er Pia erst selbst den Beruf seines Vaters beichten. Nie hätte er gedacht, dass der Job seines Vaters mal ein Problem für ihn sein würde.
    Wieder ruft er ihren Namen, aber sie wendet sich ab und tut, als lese sie die Preisliste für Brötchen und Getränke. Er will hinüber zu ihr, da tritt Benne dazwischen. »Hör mal«, sagt er und nimmt Sebastian am Arm, »Pia, will nicht mit dir reden. Also lass sie in Ruhe.«
    »Hey, was willst du? Sie ist meine Freundin!« Sebastian schüttelt Bennes Arm ab, doch der versperrt ihm weiter den Weg.
    »Sie hat mich gebeten, das Problem für sie zu regeln, also tue ich das. Es geht ihr nicht gut, wenn du’s wissen willst. Wenn sie dich sieht, Kramer, kommen jede Menge schlechte Erinnerungen bei ihr hoch. Und du magst sie doch, oder? Dann tu ihr den Gefallen und belästige sie nicht weiter!«
    Sebastian weicht einen Schritt zurück. Nicht weil er Angst vor Benne hat. Benne ist kleiner als er und hat dünne, weiße Ärmchen. Er könnte Sebastian mit körperlichem Einsatz nie ernsthaft daran hindern, zu Pia zu gelangen. Doch mit seinen Worten setzt er ihm zu.
    »Hat sie wirklich gesagt, ich sei ein Problem für sie?«
    Benne verschränkt die Arme vor der Brust, grinst. »Ja, hat sie.«

15 Pia
    »Endlich«, sagt Conny. »Er verzieht sich.«
    »Ich hab ihn vertrieben.« Benne ist stolz.
    »Du bist soo super«, lobt ihn Conny und schleckt ihm fast das Gesicht ab.
    Ich drehe mich weg. So geht das seit gestern Nachmittag ununterbrochen und mir hängt das Geturtel der beiden zum Hals raus. Vielleicht auch deshalb, weil ich nun zum fünften Rad am Wagen geworden bin. Meine »Kramer-Affäre«, wie Benne sie gestern genannt hat, ist ja nun vorbei, oder?
    Ins Gesicht sagen könnte ich es ihm nicht. Schon weil ich eigentlich gar nicht wüsste, was ich sagen sollte. Etwa, dass ich vor vier Wochen mein Bücherregal umgestellt und dabei eine Stoffmaus gefunden habe, mit der Pablo oft gespielt hatte? Dass ich bestimmt eine halbe Stunde mit dem Spielzeug in der Hand auf dem Fußboden gehockt und vor mich hingestarrt habe, so lange, bis ich statt der Spielmaus nur noch Pablo mit zerstochenen Augen und Elektroden im Hirn vor mir sah. Das kann ich Sebastian wohl kaum sagen. Auch nicht, wie quälend es ist, immer noch hin und wieder schwarze und rotbraune Katzenhaare auf einem Kleidungsstück zu finden, oder wie ich mich erschrocken habe, als auf dem endlich entwickelten Film unserer Kamera Fotos von Mohrle auftauchten.
    Andererseits denke ich an Sebastians Fähigkeit, mich zum Lachen zu bringen, seine warmen Hände, seine Nähe, seine Ehrlichkeit. Bei ihm habe ich mich bisher immer sicher und geborgen gefühlt. Warum sollte er so kaltherzig wie sein

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