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Schmerzverliebt

Schmerzverliebt

Titel: Schmerzverliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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Tanz endet längst nicht so flüssig und uniform, wie er beginnt. Anders als in den Interpretationen der anderen Mädchen wechseln sich bei ihr aktionsreiche Sprünge und Drehungen mit stillen, fast bewegungslosen Phasen ab, und zum Ende hin wirken ihre Bewegungen gebrochen, beinahe abgehackt. Jetzt versteht Sebastian: Die Choreographie stellt, passend zum Titel des Songs, die Geschichte von Romeo und Julia dar.
    Er wischt sich über die Augen. Verflixt, die Liebe zu Pia wird ihn noch sentimental machen, oder »sensibel«, wie es sein Vater gestern abfällig genannt hat. Aber wie soll man denn nicht glücklich und traurig zugleich sein, bei so einem süßen Mädchen, das jederzeit zu einer Scherbe oder Rasierklinge greifen und sich verstümmeln kann?

25 Pia
    »Ich habe superviel Beifall bekommen! Ich war gut, hast du’s gesehen, Sebastian?« Ich fliege in seine Arme, lasse mich drücken und küssen.
    »Wir haben’s auch gesehen, Püppi«, höre ich auf einmal die Stimme meiner Mutter und fahre erschrocken herum. Meine Eltern stehen vor uns, sie haben jeder ein Eishörnchen in der Hand und lächeln mich an.
    »Lass dich auch mal beglückwünschen, Tochter«, sagt Mama und breitet die Arme aus. Ich lasse Sebastian los, scheu zuerst, doch dann kommt ihr mein Vater zuvor, er drückt mich als Erster, unbefangen und fest, und sagt: »Ich wusste ja gar nicht, dass du so wunderschön tanzen kannst!«
    »Ich … ich …«, stottere ich, und dann umarme ich auch Mama, und natürlich ist es schön, es ist wie Heimkommen nach langer Zeit.
    »Du bist sicherlich Sebastian. Hallo! Wir haben ja schon viel von dir gehört.« Mein Vater gibt Sebastian die Hand und der drückt sie stumm. »Tja, eigentlich wollten wir uns ja jetzt noch ein bisschen mit dir unterhalten, Püppi. Aber das können wir auch am Wochenende noch tun, nicht wahr?« Er legt mir beruhigend seine Hand auf die Schulter. »Vieles wird ja nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird …«
    »Äh, ja«, sage ich und habe auf einmal wieder ein Kratzen im Hals.
    »Dann wünschen wir euch noch viel Spaß«, sagt meine Mutter. »Aber, Püppi, es wäre schön, wenn du um acht zum Abendessen zu Hause wärst. Benne hat sich heute seinen Lieblingsauflauf gewünscht, den isst du doch auch ganz gern, oder?«
    »Ja, natürlich, ich bin diesmal pünktlich.«
    »Darfst du dir auch ein Lieblingsessen wünschen?«, fragt Sebastian, als meine Eltern sich wieder zu ihren Bekannten an einen Getränkestand gestellt haben und wir beide wieder allein sind.
    Ich lache auf. »Klar, warum nicht?«
    »Weil du nicht bei dieser Demo mitmachst und sozusagen mit der Gegenseite angebändelt hast.«
    »Pah! So kleinlich sind sie nun auch wieder nicht. Hast du eigentlich was von der Demo mitgekriegt? Ich hab mich nur auf mein Casting konzentriert.«
    Sebastian nickt. »Muss ein ziemlicher Schuss in den Ofen gewesen sein. Soweit ich weiß, durften sie nicht quer über die Kirmes gehen, sondern haben ihre Sache außerhalb abziehen müssen. Viele Leute waren wohl auch nicht da.«
    »Armer Benne!«, sage ich, weiß aber selbst nicht, ob ich es ironisch meine oder ernst.
    Sebastian geht nicht darauf ein. »Jetzt haben sie mich ja kennen gelernt. Da kannst du sie heute Abend wegen des Urlaubs fragen. Wenn du länger wartest, wird’s zu kurzfristig.«
    »Erst mal muss es dein Vater erlauben.«
    »Das wird er schon.« Sebastian nimmt meine Hand und wir bummeln durch den Ort in Richtung alter Bahnhof. Er erzählt wieder vom Segeln, von Wenden und Halsen, von Tampen und Leinen, Flauten und Brisen, und da ich mir unter all diesen Begriffen nicht viel vorstellen kann, bleibt er, als wir auf dem Brachgelände ankommen, stehen und zeichnet zur Verdeutlichung mit einem Stock ein Segelboot in den sandigen Grund.
    »Da fehlt noch die Piratenflagge«, sage ich.
    »Stimmt. Die kommt hierhin!« Sebastian zeichnet gar nicht übel. Er hat sich mittlerweile hingehockt, und ich stehe hinter ihm, die Hände auf seine Schultern gestützt.
    »Und in das Meer musst du Haie, Kraken und Ungeheuer malen.«
    »Wird gemacht. Und dazu eine schöne Seejungfrau, das bist du.«
    »Meinst du?« Ich knabbere zärtlich an seinem Ohrläppchen.
    Beide sind wir ganz vertieft in unser Bild, als uns plötzlich jemand von hinten anspricht: »Guck an, meine Schwester mit ihrem Dickerchen!«
    Benne steht vor uns, neben ihm seine Freunde. Sie haben noch ihre Plakate und Transparente dabei und sehen ziemlich gefrustet und zornig aus.
    »Ist eure

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