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Schmetterlinge im Gepaeck

Schmetterlinge im Gepaeck

Titel: Schmetterlinge im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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Cricket zu beobachten. Den ganzen Tag über kann ich ihn für gewöhnlich durch eines der Fenster des Nachbarhauses erhaschen und sehen, wie er mit Abigail spielt. Abby hat strohblondes Haar wie ihr Vater und Großvater, aber ihr Lächeln hat etwas Liebenswürdiges, Unverfälschtes an sich, das mich an ihren Onkel erinnert. Und jeden Tag packt er sie schön warm ein und geht mit ihr spazieren.
    Manchmal schnappe ich mir schnell meinen Mantel und laufe ihnen nach. Ich war schon mit ihnen im Park bei den Schaukeln, in der Bücherei, um Bilderbücher auszuleihen, und bei Spike’s Coffee auf einen Espresso (für Cricket und mich) und einen Bio-Pfefferkuchenmann (für Abby). Ich versuche, nützlich zu sein. Ich will ihn mir verdienen, seiner würdig sein. Er strahlt jedes Mal übers ganze Gesicht, wenn er mich sieht, aber die darauf folgende stumme Musterung ist unverkennbar. Als würde er sich fragen, ob mit mir jetzt wieder alles in Ordnung ist. Ob es heute endlich so weit ist. Und an seinem stets etwas verwirrten und traurigen Gesichtsausdruck erkenne ich jedes Mal, dass er weiß, dass es noch nicht so weit ist.
    Wenn er mich doch nur nicht so ansehen würde. Ich bin wieder sein Gesicht für schwierige Gleichungen geworden.
    Abends, wenn Abby schon schläft, sehe ich ihn in seinem Zimmer herumwerkeln. Ich kann nicht erkennen, woran er arbeitet, es muss etwas ganz Kleines sein, aber auf seinem Schreibtisch liegen verräterische mechanische Kleinteile und auch Gegenstände, die er zerlegt und ausgeschlachtet hat. Das macht mich glücklich.
    Weihnachten vergeht wie Thanksgiving, ganz unspektakulär. Ich gehe zur Arbeit – Kinos sind am ersten Weihnachtstag immer rappelvoll – und Anna und St. Clair sind beide da. Sie versuchen, mich mit einem Spiel aufzuheitern. Immer wenn sich jemand über den Eintrittspreis beschwert oder uns anbrüllt, weil eine Vorstellung ausverkauft ist, bekommt man einen Punkt. Wer am Ende die meisten Punkte hat, kriegt die ungeöffnete Tüte Fruchtgummi mit Litschi-Geschmack, die St. Clair in Saal zwölf gefunden hat. Kein besonders toller Preis. Aber es hilft.
    Die Manager haben Weihnachtsmann-Mützen mitgebracht, die wir bei der Arbeit aufsetzen sollen. Meine ist die einzige, die knallpink ist. Ich weiß es zu schätzen, komme mir damit aber total bescheuert vor.
    Ich werde am meisten angebrüllt. Ich gewinne die Litschi-Fruchtgummis.
    Neujahrstag. Es ist kalt, aber die Sonne scheint, also gehe ich mit Betsy zum Dolores Park. Sie beschnuppert gerade Stellen auf dem Hügel, auf denen sie ihre Duftmarke setzen könnte, als ich ein leises »O-la!« höre.
    Es ist Abby. Ich fühle mich geschmeichelt, dass sie meinen Namen ausgesprochen hat. Mit ihren eineinhalb Jahren hat sie einen sehr beschränkten Wortschatz. Sie trägt ein winziges purpurfarbenes Ballettröckchen und stürmt vom Spielplatz auf mich zu. Cricket geht mit langen Schritten neben ihr her, hat die Hände in die Taschen gesteckt und lächelt.
    Ich knie mich hin, um Abby zu umarmen, und sie lässt sich in meine Arme fallen, so, wie es ganz kleine Kinder tun. »Na, du«, begrüße ich sie. Sie stürzt sich auf die türskifarbene Strass-Spange in meinem Haar. Ich habe vergessen, sie herauszunehmen. Norah – ausgerechnet – hat sie mir beim Frühstück reingemacht. »Es ist Neujahr«, hat sie gesagt. »Ein bisschen Glitzer kann heute nicht schaden.«
    Cricket zieht Abby weg, bevor sie die Spange herausreißen kann. »Schon gut, schon gut. Abigail Bell, das reicht jetzt.« Aber er grinst sie dabei an. Sie grinst zurück.
    Â»Du scheinst ihr neuer bester Freund zu sein«, stelle ich fest.
    Sein Gesicht drückt Bedauern aus. »Kinder haben einen zweifelhaften Geschmack.«
    Ich muss lachen. Ich glaube, es ist das erste Mal, dass ich in dieser Woche lache.
    Â»Obwohl sie einen guten Geschmack bei Haarschmuck beweist«, fährt er fort. Betsy rollt sich vor ihm auf dem Boden und er krault ihr den Bauch. Seine regenbogenfarbenen Arm- und Gummibänder rasseln an ihrem schwarzen Fell. Die gesamte Rückseite seiner linken Hand und auch die Finger sind mit mathematischen Zeichen und Rechnungen vollgemalt. Abby beugt sich zaghaft vor, um meinen Hund zu streicheln. »Es ist schön, dich wieder mit etwas Glitzerndem zu sehen«, fügt Cricket hinzu.
    Ich höre auf zu lachen und laufe

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