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Schmetterlinge im Gepaeck

Schmetterlinge im Gepaeck

Titel: Schmetterlinge im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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gemeinnützigen Secondhandladen. Ich habe sie abgeschnitten und benutze sie jetzt als goldene Glitzer-Stulpen. Ich schnaube verächtlich. »Ja, ich weiß, wie sehr dir mein Kleidungsstil gefällt.«
    Sie hat den Blick weiterhin auf den Fernseher gerichtet, doch ihre Stimme bekommt diesen typischen bissigen Unterton. »Ich selbst würde mich nicht so anziehen, aber das heißt noch lange nicht, dass ich den Stil nicht anerkenne. Und dass ich dich nicht als den Menschen mag, der du bist.«
    Ich schaue auch weiter auf den Fernseher, aber es schnürt mir die Brust zusammen.
    Â»Was macht eigentlich die Wohnung?«, frage ich ein paar Minuten später, als in der Sendung zusammengefasst wird, was wir schon gesehen haben. »Hat Ronnie dir schon einen Einzugstermin gesagt?«
    Â»Yep. Ende der Woche bin ich weg.«
    Â»Oh. Das ist aber … schnell.«
    Sie schnaubt. Ihr Schnauben klingt genau wie meines . »Schnell kann nicht schnell genug sein. Nathan erdrückt mich, seit ich hier angekommen bin.«
    Da ist wieder die undankbare Norah, die ich kenne. Plötzlich ist ihr bevorstehender Auszug erwünscht. Aber ich schüttle nur den Kopf und wir sehen uns den Rest der Folge in unzufriedenem Schweigen an. Dann kommt eine weitere Werbepause.
    Â»Kennst du das Geheimnis des Wahrsagens?«, fragt sie völlig unvermittelt.
    Ich sinke in die Couchkissen. Nicht schon wieder.
    Norah dreht sich zu mir. »Das Geheimnis ist, dass ich gar nicht in den Blättern lese. Handleser lesen nicht in der Hand und Tarot-Leser lesen nicht in den Karten. Wir lesen in den Menschen. Eine gute Wahrsagerin liest in der Person, die ihr gegenübersitzt. Ich sehe mir die Zeichen in ihren Blättern an und benutze sie für eine Deutung dessen, was diese Person meiner Ansicht nach hören will.« Sie beugt sich zu mir herüber. »Die Leute bezahlen lieber, wenn sie das hören, was sie hören wollen.«
    Ich schaudere und bin sicher, dass ich nicht hören will, was auch immer als Nächstes kommen mag.
    Â»Sagen wir, eine Frau kommt zu mir«, fährt sie fort. »Kein Ehering, enges Oberteil, große Oberweite. Fragt nach ihrer Zukunft. Diese Frau will von mir hören, dass sie bald jemanden kennenlernt. Und normalerweise, wenn das Oberteil eng genug und das aus einem netten Vermögen gewonnene Selbstvertrauen groß genug ist, rate, was passiert? Sie wird wahrscheinlich jemanden kennenlernen. Vielleicht wird es nicht der Richtige sein, aber es bedeutet trotzdem, dass sich die Deutung bewahrheitet hat.«
    Meine Miene verfinstert sich immer mehr. Ich starre auf den Fernseher, aber durch die schnell wechselnden Werbespots kann ich mich schlecht konzentrieren. »Das heißt dann wohl … Als ich dir gegenübersaß, hast du jemanden gesehen, der Streit und Verwirrung und Trennung will? Und du wolltest, dass sich das bewahrheitet?«
    Â»Nein.« Norah rückt noch näher. »Bei dir war das anders. Es gibt nicht viele Gelegenheiten, bei denen ich mit dir reden und davon ausgehen kann, dass du mir auch zuhörst. In deinen Blättern zu lesen war so eine Gelegenheit. Ich habe dir nicht erzählt, was du hören wolltest. Sondern was du gebraucht hast.«
    Ich bin verwirrt und verletzt. »Ich hab es gebraucht, Schlechtes zu hören?«
    Sie legt ihre Hand auf meine. Sie ist knochig, aber irgendwie auch warm. Ich drehe mich zu Norah und sie sieht mich mitfühlend an. »Deine Beziehung zu Max war im Abflauen«, sagt sie mit ihrer Wahrsagerstimme. »Und ich habe gesehen, dass eine viel bessere schon auf dich wartet.«
    Â»Die Kirsche. Du wusstest damals schon, was ich für Cricket empfinde.«
    Sie zieht die Hand weg. »Meine Güte, sogar der Milchmann wusste, was du für Cricket empfindest. Und er ist ein guter Junge, Lola. Es war dumm von dir, dich mit ihm im Bett erwischen zu lassen – du weißt doch, dass deine Eltern bei so was megastreng sind –, aber ich weiß, dass er ein guter Mensc h ist. Irgendwann werden sie das auch begreifen. Und ich weiß, dass du ein guter Mensch bist.«
    Ich sage nichts. Sie hält mich für einen guten Menschen.
    Â» Weißt du, was ich am meisten bedaure?«, fragt sie. »Dass du so ein kluger, schöner, faszinierender Mensch geworden bist … und ich mir nichts davon als Verdienst anrechnen lassen kann.«
    Ich habe einen Kloß im Hals.
    Norah verschränkt die Arme und

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